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[ Querstreber ]

Der Blob im Hammeldarm

In der Renaissance war alles besser: Verträge, Honorare, Genies und Kammerknäste.

Roland Stimpel

Wir brauchen eine Renaissance der Renaissance. Wegender schönen Häuser natürlich, aber noch mehr wegen der damals viel höheren Baukultur. Erstens die Honorare: Michelangelo bekam vom Papst für seinen Job am Petersdom alle Einnahmen aus der Po-Fähre in Piacenza zugesprochen. So was muss in die HOAI! Zweitens die Leistungsphasen: Er war außer Chefarchitekt auch Chefmaler und Chefbildhauer – für den Petersdom alles aus einer Hand. Drittens derVertrag: Dombau bis ans Lebensende. Michelangelo wurde 88.

Die berufspolitisch wertvollen Hinweise stehen in Ursula Muschelers hübschem Buch „Die Nutzlosigkeit des Eiffelturms – eine etwas andere Architekturgeschichte“. Das ehrliche Werk zitiert auch einen der Unzufriedenen, deren Klagen von der Epoche unabhängig sind: „Oft muss sich der Architekt dem Willen derer, die bezahlen, mehr unterordnen als den Regeln.“ Stöhnte der offensichtlich geknickte Andrea Palladio.

Dagegen blühte das Kammerwesen. Über Filippo Brunelleschi streuten Eifersüchtige in Florenz den Verdacht, er habe bei den Pflichtzahlungen an die Steinmetz- und Zimmermannszunft geschlunzt. Das reichte für zwei Wochen Knast. Ein Modell zum Nacheifern: Schon wird der erste Kammerkeller zur Arrestzelle für säumige Zahler ausgebaut.

Nun aber zum Größten seiner Zeit. Warum Leonardo da Vinci gern faustklein zusammengefaltete Hammeldärme zu zimmergroßen Blobs aufpusten ließ, erklärt uns sein Biograf Vasari: „Indem er demonstrierte, wie dieses Gebilde, allmählich durchsichtiger werdend, sich immer mehr ausbreitete, verglich er es mit dem menschlichen Genie.“ Das Genie liegt im Hammeldarm – auch da war Leonardo klüger als heutige Blobber, die behaupten, es liege in ihnen selbst.

Womit wir in der tristen Gegenwart sind – so trist, dass ein Architekt nicht mal mit der Ausstattung eines neuzeitlichen Renaissancefürsten entspannt lebt. Siehe Massimiliano Fuksas, der neulich in Mainz ein Projekt präsentieren wollte. Er musste aber vorzeitig zurück nach Rom; sein Privatjet hatte am Frankfurter Flughafen nur einen frühen Abflug-Slot bekommen. Das wäre Michelangelo nie passiert.

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