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[ Energetisch bauen ]

Aktiv fürs Passivhaus

Vier Architekten zeigen beispielhaft, wie sie mit Energieprojekten Erfolg haben.

Fred Wagner

„Um nachhaltige und energetisch sinnvolle Architektur erzeugen zu können, muss man diesen Wunsch im Herzen tragen.“

Roland Matzig, r-m-p Architekten

Roland Matzig ist Überzeugungstäter im besten Sinn. „Um nachhaltige und energetisch sinnvolle Architektur ‚erzeugen‘ zu können, muss man diesen Wunsch im Herzen tragen“, sagt der Inhaber von r-m-p Architekten in Mannheim. Er arbeitet bei energetisch optimierten Konzepten ab dem ersten Strich mit Experten zusammen. „Nur so kann gewährleistet werden, dass Passivhäuser auch ihre Zertifizierung erhalten und das Ganze auch noch kostenoptimiert abläuft“, sagt der 51-Jährige. In seinem Büro arbeiten deshalb nur Architekten, die auch die Sprache der Fachingenieure sprechen und denen es Spaß macht, diese interdisziplinäre Auseinandersetzung täglich zu betreiben. Matzig: „Diese Architektur erfordert den technisch orientierten Architekten, der ebenso viel Sorgfalt auf Bauphysik und Haustechnik legt wie auf die Architektur.“

Aus diesem Grund ist für sein Büro der Umgang mit dem Passivhaus-Projektierungspaket (PHPP) ebenso Alltag wie der frühzeitige Dialog mit allen an der Planung beteiligten Fachdisziplinen. Das sei auch der Grund, warum er als Architekt grundsätzlich als Generalplaner agiere. „Nur so können wir rechtzeitig und für den Auftraggeber glaubwürdig alle Planungsdisziplinen vereinen.“Rund 90 Prozent der Neukundenkontakte kommen bei r-m-p Architekten über die Webseite des Büros zustande, der Rest über Messen und Vorträge.

Matzig: „Alle unsere Kunden suchen einen ‚Energiearchitekten‘. Wir müssen niemanden überreden, selten überzeugen. Die meisten Auftraggeber sind bestens informiert und suchen genau unsere Dienstleistung.“

Ostansicht eines Einfamilien-Passivhauses in Alsheim bei Worms, Wohnfläche 261 Quadratmeter (r-m-p Architekten). Teil der Aufgabe war die Einbeziehung bestehender Gebäude in die Gesamtgestaltung.

30 Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes erbringen die Mannheimer mit rund 30 bis 50 Neubauwohneinheiten, die alle den Passivhausstandard erfüllen. Der überwiegende Teil des Umsatzes kommt aus der energetischen Aufwertung von Bestandsgebäuden. Matzig: „Das Planen und Bauen unterscheidet sich grundsätzlich im Bestand und im Neubau.“ Das habe aber nichts mit dem Energiestandard zu tun. Durch die energetische Betrachtung müsse man im Bestand eine noch genauere Bewertung der Bauteile vornehmen.

Die Mischung aus machbar, planbar und realisierbar sei im Bestand ein noch spannenderer Cocktail. Matzig: „Nur durch jahrelange Erfahrung in der Praxis wird aus diesem Mix ein sinnvolles und wohlschmeckendes Getränk.“Auf die Frage, wie das energieeffiziente Planen und Bauen seine Entwürfe verändert hat, antwortet Matzig: „Grundsätzlich erfordern die energetische Sanierung oder energieoptimiertes Bauen keinen besonderen Entwurfsansatz oder gar eine besondere Architektur.“ Es gebe Aspekte – wie die südliche Ausrichtung – die eine energetische Optimierung positiv beeinflussen.

Aber eine Solararchitektur müsse sich nicht unbedingt von „normalen“ Gebäuden unterscheiden. Um Bewusstsein zu schaffen und zu fördern, stelle er die energetisch wirksamen Bauteile jedoch gerne „zur Schau“, sodass man schon sagen könne, dass energetisch optimiertes Bauen eine besondere architektonische Ausprägung erhalten kann. So planen und bauen r-m-p Architekten Neubauten seit einigen Jahren ausschließlich im Passivhausstandard. „Dabei zeigen wir gerne, wie wir das Gebäude energetisch optimieren. Das bedeutet, dass Elemente wie Solaranlagen, kubische Gebäudekörper und der offensive Umgang mit nachwachsenden Rohstoffen zu unseren Entwurfskomponenten geworden sind.“


Claus Steffan, PSA

„Nach den Aussagen des Club of Rome über die Grenzen des Wachstums in den Siebzigerjahren war mir klar, dass man als Architekt Alternativen zum ressourcen verschwendenden Bauen entwickeln muss.“

Auch die Entwürfe von Claus Steffan von PSA Architekten + Ingenieure in München leiten sich konsequent aus den klimatischen Bedingungen des Ortes ab. „Wir bauen immer mehr Gebäude im Passivhausstandard. Für Bürogebäude sind komplexere Lösungen erforderlich“, sagt der 50-jährige Architekt. PSA ist hauptsächlich für öffentliche Auftraggeber tätig. Diese entscheiden sich für das Münchner Büro laut Steffan vor allem wegen der Erfahrung im energieeffizienten ­Bauen. Eine wichtige Rolle spielen auch Wettbe­werbserfolge. Darüber hinaus gibt es private Auftraggeber, die das Thema Betriebskosten interessiert und die sich deshalb für energiesparende Gebäude entscheiden. „Im Prinzip“, sagt Steffan, „verändern die ener­getischen Anforderungen die Architektur nicht.“ Es könne jedoch Situationen geben, bei denen ein Teil des Gebäudes zunächst nicht optimal alle Anforderungen erfüllt.

Erweiterung im Passivhausstandard: Sport- und Mehrzweckhalle in Unterschleißheim (PSA Architekten). Die Verwendung ökologischer, langlebiger und recycelbarer Materialien bestimmt die Planung.

Dazu nennt Steffan ein Beispiel: PSA hatte eine Sporthalle geplant, die auch auf Wunsch des Bauherrn den Passivhausstandard erfüllen sollte. „Aus städtebaulichen Gründen bevorzugten wir eine transparente Fassade zum Vorplatz und nach hinten zum Park, sodass man durch das Gebäude hindurchsehen kann“, erklärt der Architekt. Hätte man sich für ein Gebäude entschieden, das allein die energetischen Anforderungen erfüllt, wäre es eine geschlossene Kiste geworden. So aber musste man beide Ziele vereinen. Über entsprechende Computerberechnungen gelang es PSA, eine Lösung mit einer entsprechend guten Dreifachverglasung zu finden, die beide Anforderungen erfüllt. Das war zwar mit gewissen Mehrkosten verbunden, aber am Ende wurde der Passivhausstandard erreicht. Steffans Meinung nach ist es falsch, wenn man ein Gebäude nur unter dem Gesichtspunkt der Energieeffizienz plant oder optimiert und die Faktoren Psychologie, Wohlbefinden, Städtebau etc. außer Acht lässt. Steffan: „Wenn man sich als Architekt Mühe gibt, kann man alle Dinge unter einen Hut bekommen.“


Martin Haas, Behnisch Architekten

„Ich glaube, dass wir erst am Anfang einer grundlegend neuen architektonischen Entwicklung stehen.“

Wer die Arbeiten von Martin Haas von Behnisch Architekten kennt, weiß, dass für ihn und seine Kollegen der Mensch und dessen Bedürfnisse, der Umgang mit Tageslicht und ausgewählten Materialien, das Offene und möglichst Natürliche immer im Zentrum der Architektur stehen. „Nachhaltigkeit, auch als gesellschaftliches Thema, ist daher auch eine logische Konsequenz unserer Architekturauffassung“, sagt der 40-Jährige, der im vergangenen Jahr an der Gründung der „Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen“ beteiligt war. Zusammen mit Ingenieuren, Wissenschaftlern, Industrieunternehmen, Beratern und Investoren hat er das Ziel, die neu gegründete Gesellschaft zur führenden Organisation in Deutschland auf dem Gebiet des nachhaltigen Bauens zu machen. „Wir wollen Wege aufzeigen, die die Ziele des nachhaltigen Bauens unterstützen, und das für alle Arbeitsphasen im Lebensweg eines Gebäudes – von der Planung über die Ausführung und Nutzung bis hin zu Rückbau und Entsorgung“, sagt Haas. Er ist davon überzeugt, dass wir erst am Anfang einer grundlegenden neuen architektonischen Entwicklung stehen. „Das ‚nachhaltige Haus‘ ist wahrscheinlich bis heute nicht entworfen.“

Die neue Therme in Bad Aibling mit ihren Kuppeln, die nicht nur die Gestaltung prägen, sondern auch zur Energieeffizienz beitragen (Behnisch Architekten).

Befragt, ob die neuen Herausforderungen die Entwürfe von Behnisch Architekten verändert haben, sagt Haas, dass die Planung komplexer geworden sei. Der Standort, die Klimabedingungen, mögliche technische Konzepte werden zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt diskutiert und sind neben den räumlichen und architektonischen Aspekten wichtige Entwurfskriterien. Sein Büro sucht bei jeder neuen Aufgabe in ganz unterschiedlichen Bereichen nach Wegen, den Horizont zu erweitern. Sei es in der Grundrissgestaltung, der Materialwahl oder bei den technischen Lösungen. „Das Gute daran ist, dass es sich um inhaltliche Aspekte handelt. Einen ‚Stil‘ gibt es nicht oder vielleicht noch nicht.“

Die Zusammenarbeit mit den Fachplanern beginnt bei Behnisch Architekten sehr früh, meistens schon in der Wettbewerbsphase. Im Idealfall entwickelt sich aus den gemeinsamen Überlegungen zum Standort und zur Bauaufgabe ein gedankliches Konzept, bevor der erste Strich zu Papier gebracht wird. Haas nennt dafür ein Beispiel: Die Grundidee für die Therme Bad Aibling entwickelte sich aus den energetischen Überlegungen heraus – die Optimierung des Raumvolumens stark beheizter Bereiche durch Kuppeln. Tageslichtsimulationen hatten darüber hinaus großen Einfluss bei der Planung der Kuppeln, dem Anteil verglaster und unverglaster Flächen und bei der Orientierung der Öffnungen.

Haas empfiehlt deshalb, schon frühzeitig einen Experten, etwa einen Klimaingenieur, in den Entwurfsprozess einzubinden. „Dieser hat die richtigen Werkzeuge und das Wissen, um aus einer Standortanalyse, Sonnenstandsdiagrammen und geologischen Angaben gemeinsam mit dem Architekten ein tragfähiges Energiekonzept für die jeweilige Bauaufgabe zu entwickeln.“


Thomas Winkelbauer, GAP

„Ich bin der festen Überzeugung, dass die Auseinandersetzung mit Energieeffi­zienz der Architektur neue Inhal­te und neue Impulse geben wird.“

Für den Berliner Architekten Thomas Winkelbauer von GAP gibt die Arbeit im Spannungsfeld zwischen steigenden Komfortansprüchen und knapper werdenden Ressourcen sowie die Notwendigkeit, die CO2-Emissionen zu reduzieren, der Architektur eine neue Komponente. „Auf diese Thematik bin ich im Rahmen einer Wettbewerbsbearbeitung gestoßen“, sagt der 47-Jährige.Nachhaltige Architektur setze die ganzheitliche Betrachtung der sozialen, ökologischen und ökonomischen Aspekte einer architektonischen Aufgabenstellung voraus. Dadurch wachse die Anzahl der an der Planung Beteiligten. Winkelbauer: „Für den Architekten, der sinnvollerweise als Generalplaner auftritt, erwächst daraus die besondere Aufgabe des integralen Prozessmanagements. Die Qualität von Gebäude- und Energiekonzepten wird nicht automatisch durch innovative Technologien oder Produkte erreicht.“ Die Zusammenführung und zielgerichtete Anwendung von Spezialwissen gilt es zu steuern. Entstehende Zielkonflikte, wie sie beispielsweise im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökologie entstehen können, müssen früh erkannt und konstruktiv gelöst werden.

In Eberswalde entstand nach Plänen von GAP in zweijähriger Bauzeit das Paul-Wunderlich-Haus – eines der modernsten ökologischen Verwaltungs­gebäude Deutschlands.

Energieeffizienz bei Gebäuden ist für den Ber­liner Architekten kein dekoratives Element, das sich irgendwann in dem Planungsprozess implantieren lässt. Sie kann nur durch ein intelligentes Zusammenspiel aus Gebäudeform, Hülle und technischen Komponenten erreicht werden. Sein Rat an Kollegen: Wer sich an Wettbewerben beteiligt, sollte sich mit entsprechenden Fachberatern zusammentun. Für die Arbeit an konkreten Projekten gilt dasselbe: Die frühzeitige Zusammenstellung eines Planungsteams ist Voraussetzung für ein gutes Projekt.

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