DABonline | Deutsches Architektenblatt
Menü schließen

Rubriken

Services

Menü schließen

Rubriken

Services

Zurück
[ Solare Energie ]

Mit der Sonne kühlen

Die Techniken werden zunehmend ausgereifter – sowohl Solarthermie als auch Fotovoltaik eignen sich. Bestandsaufnahme und Perspektiven.

Seit rund zehn Jahren wird in Europa die Nutzung von Solarenergie für Gebäudeklimatisierung und Kälteerzeugung verstärkt untersucht und entwickelt. Sowohl Forschungseinrichtungen als auch Firmen arbeiten an Techniken, die Solarenergie ganzjährig nutzbar zu machen – zur Unterstützung bei der Bereitstellung von Heizwärme im Winter, zur Klimatisierung im Sommer und ganzjährig zur Brauchwassererwärmung. Die Entwicklungen konzentrierten sich dabei auf die thermische Nutzung der Solar­energie. Der starke Fortschritt der Fotovoltaik – besonders die reduzierten Herstellkosten – lässt heute aber auch fotovoltaische Verfahren als mögliche Alternative zu.

Grundsätzlich gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, Solarenergie in Nutzkälte oder konditionierte Luft (Kühlung und Entfeuchtung) umzuwandeln (Abb. 1, Seite 50). Bei den thermisch angetriebenen Verfahren wird immer zwischen geschlossenen thermodynamischen Maschinen, die Kälte erzeugen – für die Komfortklimatisierung in der Regel in Form von Kaltwasser – und offenen Verfahren zur Konditionierung von Frischluft (Abbildung 2, Seite 50) unterschieden. Geschlossene Anlagen im Leistungsbereich oberhalb von rund 100 kW bieten bereits etliche Hersteller an.

In den vergangenen Jahren wurde insbesondere in Europa und stimuliert durch das Thema solare Kühlung die Entwicklung kleiner, thermisch angetriebener Kaltwassererzeuger vorangetrieben. Mittlerweile sind viele neue Systeme mit einer Nennkälteleistung zwischen 4,5 kW und 20 kW verfügbar oder befinden sich in der Phase von Feldtests. Eine Übersicht – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – gibt die Tabelle auf Seite 50. Einige Gerätehersteller haben sich mittlerweile mit Solarfirmen zusammengetan. Ziel der Zusammenarbeit ist es, standardisierte Systeme zum solaren Heizen und Kühlen zu ent­wickeln und in den Markt einzuführen. Es ist zu erwarten, dass in den kommenden Jahren eine zunehmende Zahl von Anlagen installiert wird, wobei der Markteintritt vor allem in den Mittelmeerländern, insbesondere in Spanien, stattfinden wird.

Vorteile solarthermischer Verfahren

Solarthermische Kollektoren erreichen bei sinnvoller ­Auslegung höhere energetische Wirkungsgrade als Fotovoltaikanlagen. Typische Anlagenauslegungen führen zu Jahreswirkungsgraden von rund 40 bis 50 Prozent. Solarthermische Anlagen können unmittelbar auch für eine wärmetechnische Anwendung – Heizung, Brauchwasser­erwärmung, Prozesswärme – verwendet werden. Bei solarelektrischen Systemen ist dies nur mit einem weiteren thermodynamischen Prozess, zum Beispiel dem Betrieb einer Wärmepumpe, möglich. Eine Speicherung ist vergleichsweise „einfach“ an verschiedenen Stellen in der Umwandlungskette möglich.

Vorteile solarelektrischer Verfahren/Fotovoltaik

Thermische Verluste treten erst auf der Nutzseite auf (Nutzkälte), nicht aber schon – wie bei den thermischen Verfahren – in der gesamten Energiewandlungskette. Die Umwandlungseffizienz von elektrischer oder mechanischer Energie bei mechanischen Verdichtern ist deutlich höher als diejenige von thermisch angetriebenen Kälteverfahren. Dies kompensiert den niedrigeren energetischen Wirkungsgrad von Fotovoltaikanlagen. Letztlich ist im konkreten Fall die Entscheidung für eine der Varianten unter einer Reihe von Gesichtspunkten zu treffen.

Hierzu gehören Fragen der baulichen Integration der Solaranlagen, der Anlagentechnik sowie wirtschaftliche Fragestellungen. Für die Kosten spielen eine Vielzahl von Randbedingungen eine Rolle wie Art und Auslegung eines Back-up-Systems, die Laststruktur, und hier insbesondere das Verhältnis aus benötigter Nutzwärme (Heizen, Brauchwasser, Prozesswärme) und Kälte, sowie nicht zuletzt gegebene Tarife für konventionelle Energie (Strom/Arbeit, Strom/Leistung, Brennstoffe).

Wirtschaftlichkeit

Keine der Solartechnologien ist heute ohne Förderung in der Breite wirtschaftlich. Wir haben deshalb in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Studien zur Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit solarer Kühlung und Klimatisierung durchgeführt. Daraus lassen sich folgende Schlussfolgerungen ableiten:

Bei kleinen solarthermischen Anlagen (<20 kW) liegen unter heutigen Bedingungen die Kosten für die eingesparte Primärenergie im ­Bereich von 0,20 Euro/kWh bis 0,40 Euro/kWh. Die niedrigeren ­Werte gelten für südeuropäische Klimabedingungen und dort an Standorten, an denen sowohl Heizen als auch Kühlen benötigt wird. Al­lerdings gibt es bei den kleinen Anlagen noch ein großes Kostenreduktionspotenzial.

Bei großen Anlagen (>100 kW) lieferten an günstigen Standorten (Südeuropa, Bedarf an Heizung und Kühlung) solarthermische Varianten Ergebnisse mit Kosten für eingesparte Primärenergie im Bereich von 0,05 Euro/kWh bis 0,10 Euro/kWh. Hier machen sich niedrigere spezifische Kosten sowohl bei der Solartechnik als auch bei den thermisch angetriebenen Kühlverfahren bemerkbar.

Für fotovoltaisch betriebene Kühlung gibt es heute keine umfassenden Erfahrungen mit Gesamtsystemen, da – wegen der gesicherten, hohen Einspeisevergütung – Fotovoltaik nahezu ausschließlich netzgekoppelt betrieben wird. ­Eine adäquate Systembetrachtung müsste hier wie bei den solarthermischen Verfahren alle Umwandlungskomponenten ­berücksichtigen und auf Basis einer Jahresbetrachtung ­erfolgen.

Insgesamt wird das Potenzial für solarthermische ­Verfahren mit Standardkollektoren wie Flachkollektoren oder Vakuum-Röhren-Kollektoren perspektivisch eher dort liegen, wo neben dem Kühlbedarf auch ein nennenswerter Bedarf an Nutzwärme (Heizung, Brauchwasser, Prozesswärme) besteht. In Anwendungen, wo ausschließlich Kälte benötigt wird, werden – zumindest an Standorten mit einem hohen Direktstrahlungsanteil – solarthermische Verfahren, die Wärme bei hohen Temperaturen bereitstellen und somit effiziente, mehrstufige Kälteverfahren bedienen können, überlegen sein. Hier spielt die Entwicklung standardisierter, kostengünstiger Kollektortechniken für diesen Temperaturbereich von 150 °C bis 200 °C eine entscheidende Rolle.

Zusammenfassung und Ausblick

Aktuell sind in Europa weit über 100 Anlagen der solaren Kühlung mit einer installierten ­Kälteleistung von über 20 kW in Betrieb; dazu kommt eine nicht erfasste Zahl an Kleinanlagen mit einer Nennkälteleistung von weniger als 20 kW. In rund 70 Prozent der Anlagen wird Absorptions­kältetechnik verwendet, in rund zehn Prozent geschlossene Adsorptionstechnik und in etwa 20 Prozent sind es offene Sorptions­verfahren.

Im Oktober 2007 fand die zweite internationale Konferenz „Solar Air-Conditioning“, ausgerichtet von Otti (Regensburg), statt. Mit über 100 Konferenzbeiträgen und über 250 Teilnehmern aus aller Welt war es vermutlich die weltweit größte wissenschaftlich-technische Tagung, die je speziell zur Thematik der solaren Kühlung durch­geführt wurde. Als genereller Trend lassen sich folgende Punkte ablesen:

In den kommenden zwei bis drei Jahren werden eine Reihe von Firmen – in der Regel Solar- oder Heizungstechnikfirmen – mit kleinen solarthermischen Anlagen auf den Markt kommen, die zur Heizung, Brauchwassererwärmung und – im Verbund mit einem kleinen, thermisch angetriebenen Kaltwassererzeuger – zur Kühlung genutzt werden.

Generell werden die kommenden Jahre für die Technik der solaren Kühlung und Klimatisierung entscheidend werden.
Die Anlagen müssen sich in ihrer technischen Zuverlässigkeit und Betriebssicherheit behaupten und ­effizienter werden. ­Forschung und Entwicklung werden einen Schwerpunkt auf Maßnahmen legen müssen, die eine Qualitätssicherung bewirken.

Dr. Hans-Martin Henning ist Abteilungsleiter Thermische Anlagen und Gebäudetechnik am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE.

Sie wollen schon gehen?

Bleiben Sie informiert mit dem DABnewsletter und lesen Sie alle zwei Wochen das Wichtigste aus Architektur, Bautechnik und Baurecht.

Wir nutzen die von Ihnen angegebenen Daten sowie Ihre E-Mail Adresse, um Ihnen die von Ihnen ausgewählten Newsletter zuzusenden. Dies setzt Ihre Einwilligung voraus, die wir über eine Bestätigungs-E-Mail noch einmal abfragen. Sie können den Bezug des Newsletters jederzeit unter dem Abmeldelink im Newsletter kostenfrei abbestellen. Nähere Angaben zum Umgang mit Ihren personenbezogenen Daten und zu Ihren Rechten finden Sie hier.
Anzeige