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[ Angsträume ]

Unterirdisch

Wie Angst machende Tunnel, Passagen und Parkgaragen umgestaltet werden.

Gang ins Ungewisse: U-Bahn-Zugänge gelten als sogenannte Angsträume.

Cordula Rau
Unterirdische Passagen wirken meist nach ein paar Jahrzehnten heruntergekommen und morbid. Dabei können sie noch so sauber abwaschbar verkachelt oder schillernd postmodern verglast sein. Sobald sie mit dem veränderten Zeitgeist nicht mehr mithalten, verwandeln sie sich in unangenehm schmuddelige Durchgänge. Das Stigma des Gefahrenraumes haftet ihnen an.

Neben gestalterischen Problemen weisen die Passagen auch soziale auf. Sie bieten den Randgruppen der Bevölkerung wie Alkohol- und Drogensüchtigen, Wohnungslosen und psychisch Kranken wettergeschützte Aufenthaltsorte; andere sehen dadurch in ihnen noch eher einen Unort und lassen sie schnell hinter sich. Sie erscheinen dunkel, muffig und bedrohlich. Zum visuellen Eindruck kommt der Geruch von Raummarkierungen durch Mensch und Tier. Wenn solche Gefahrenräume häufig menschenleer sind, dann sind sie in der Regel erst recht frauenleer.Das gilt auch für Parkgaragen.

Wie Umfragen belegen, empfindet es die Hälfte aller Frauen als unangenehm, allein mit dem Auto hineinzufahren. Vor allem nachts ist das Begehen von Tiefgaragen mit subjektivem Angstgefühl belegt. Abhilfe schaffen eine ausreichende Beleuchtung aller Parkplätze, der Eingangsbereiche, Gänge und Aufzüge sowie die  Einsehbarkeit und Übersichtlichkeit der Zugänge. Zur allgemeinen Sicherheit trägt auch die Überwachung größerer Anlagen durch Personal oder Sicherheitsdienste bei. In Sicht- und Rufkontakt zu ihnen und in unmittelbarer Nähe zum Treppenhaus sind Frauenparkplätze am besten angeordnet.

Modernisiert: Niki-de-Saint-Phalle-Promenade in Hannover zwischen Kröpcke und Hauptbahnhof

Oben offen

Einige Städte haben sich ihrer tristen Unterführungen angenommen, wie Hannover seiner einst berüchtigten Passerelle, die schlitzförmig unter dem Hauptbahnhof hindurch in die Fußgängerzone führt. Bei der Modernisierung entledigte die Stadt sich auch gleich des verrufenen Namens und benannte sie in „Niki-de-Saint-Phalle-Promenade“ um. Die Hauptbahnhöfe von Frankfurt, Hamburg, Leipzig und Nürnberg sind seit einigen Jahren für Fußgänger aus der City wieder ebenerdig erreichbar. Auch am Berliner Alexanderplatz bewegt man sich unter freiem Himmel, ebenso am Straßenring um Kassels Innenstadt – die Stadt war einst stolz darauf gewesen, dass sie als erste in Deutschland für Fußgänger nur durch Unterführungen erreichbar war.

Österreichs berüchtigtste Passage war lange die am Karlsplatz in Wien. Einer der neuralgischen Punkte der dortigen Gegend ist der Übergang Resselpark zur Opernpassage. Am Eingang zur U-Bahn-Station wurde 2006 eine Station für die Polizei und das „Help-U-Team“ geschaffen. Fast unsichtbar ist der Entwurf der Wiener Architekten Arquitectos keilförmig unter der Straße in den Eingang der Passage geschoben. Die Fassade folgt dem Prinzip einer umzäunenden Begrenzung, entlang der man in die oder aus der Passage geleitet wird.

Gefiltert hinter einer Verkleidung aus geschuppten Metallpaneelen befindet sich kaum merklich das „wachende Auge“. Diese bietet Schutz vor Sonneneinstrahlung und Vandalismus und gewährt doch optimale Belichtung und Aussicht für die dahinterliegen-den Räumlichkeiten. Ein Brüstungsband aus LED-Modulen schwebt auf dem Straßenniveau darüber und schafft Licht-atmosphären mit mehr Attraktivität und Sicherheit. ­Aktuell läuft ein EU-weiter Wettbewerb.

Taghell in der Nacht

Kunst statt Angst: In der Münchner Fußgängerunterführung an der Maximilianstraße gliedern variable Glastore den Raum.

Auch die Passage unterm Stachus in München (amtlich: Karlsplatz) wird neu gestaltet. Die Verbindung zwischen Verkehrsknotenpunkt, Parkierungsbauwerk und Einkaufszentrum, 1970 in Betrieb genommen, ist stark modernisierungsbedürftig und soll bis 2009 umgebaut werden. Im Mittelpunkt des prämierten Wettbewerbsentwurfes von Allmann Sattler Wappner steht eine Kreisform, die einzelne Ladeninseln im Untergeschoss zu einer Figur zusammenfasst und die dringend nötige Orientierung gibt. Natürlich spielt die Beleuchtung eine große Rolle. Die Seitenwände der Eingangsbereiche falten sich im Stachus-Rondell nach oben und strahlen nachts in hellem Licht. Neben technischen Erneuerungen wertet ein attraktives Erscheinungsbild mit optimierten Zugängen, Wegeleit- und Orientierungssystem, Beleuchtung und Oberflächengestaltung das in die Jahre gekommene Bauwerk auf.

Eine besondere Umnutzung erlebte die Fußgängerunterführung an der Kreuzung Maximilianstraße/Altstadtring in München. Vier stillgelegte Rolltreppen und Steintreppen führen in die Unterführung, deren wasserblaue Kacheln und diffuse Lichtverhältnisse nur noch sterile, verlassene „Unterwelt“-Atmosphäre verströmten. Die Stadt München entschied sich, die Unterführung zu sanieren und sie für Kunst im öffentlichen Raum zu nutzen. Auf das Gestaltungskonzept des Münchner Architekten Peter Haimerl weisen schon an der Oberfläche auffallend gelb hinterleuchtete, auf der Brüstung installierte Glaskästen hin. Freundlich begrünte Rolltreppen leiten den Besucher treppab in den sanierten Untergrund. Dort sieht Haimerls Entwurf ein variables Gefüge mit beweglichen Glastoren und drei unterschiedlichen Raumlösungen für Kunstaktionen vor.

Dipl. Ing. Cordula Rau ist Architektin und freie Journalistin in München.

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