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[ Hochschulausbildung ]

Am besten wie früher, nur anders

Die Umstellung auf das Bachelor-Master-System kommt nicht aus der Diskussion. In einigen Hochschulen regt sich Widerstand.

Acht plus zwei oder sechs plus vier: Viele Hochschulen versuchen über die Verteilung der Semester, das Diplomsystem in die Bachelor-Master-Zeiten hinüberzuretten.

Nils Hille
„Unser Abschluss heißt auch in Zukunft Diplom“, erklärt Professor Ralf Weber, Studiendekan der Universität Dresden, ganz entspannt. Sensation? Revolte? Schlupfloch? Schließlich haben die EU-Bildungsminister 1999 in Bologna beschlossen, alle Studienangebote bis 2010 auf das Bachelor- Master-System umzustellen.

Oder gibt es doch Ausnahmen? „Wir stellen zwar auf das konsekutive, zweiteilige Studium um. Aber nach Bologna muss nicht, wie viele denken, auch der Titel in Master umgewandelt werden. Das ist nach einer Liste frei zu wählen – und darin gibt es auch den Diplomingenieur“, sagt Weber. Und in dessen Zeugnis steht die Erklärung, dass sein Vordiplom mit dem Bachelor und sein Diplom mit dem Master gleichwertig sind. „Wir sind allerdings gezwungen, den ersten Abschluss nach drei statt nach zwei Jahren zu machen. Das werden wir dazu nutzen, um die Studieninhalte grundlegend zu reformieren.“

Alles nur Formalien? Nicht ganz: Vordiplomanden müssen sich anders als Bachelors für den zweiten Teil des -Studiums nicht erneut bewerben. Für Weber gibt es noch einen ganz anderen Grund: „Der Diplomtitel ist ein guter deutscher ‚Exportartikel‘. Da wären wir doch blöd, den -abzuschaffen.“

Widerstand wächst

Auch andere architektonische Fakultäten, die noch mit dem Diplomabschluss ausbilden, denken über dessen Erhalt nach. Aus einer nicht öffentlichen Sitzung der Dekane der architektonischen Fakultäten in Hamburg wurden dem Deutschen Architektenblatt auch die Universitäten von Kaiserslautern, München, Stuttgart und Weimar genannt. Peter Spitzley, stellvertretender Geschäftsführer des Fachbereichs der Universität Kaiserslautern, erklärte auf Nachfrage, dass sich seine Fakultät nicht um eine rasche Umstellung reißt: „Wir warten wahrscheinlich bis zum letztmöglichen Termin für die Einführung des Bachelor-Master-Systems zum Wintersemester 2010/2011.“

Schließlich gebe es viele Bewerber für das dortige Diplomangebot. Zudem findet Spitzley: „Das Bachelor-Master-System ist sehr verschult. Sich darin Freiheiten zu erkämpfen, ist sehr aufwendig. Von anderen Hochschulen hören wir bisher vor allem negative Berichte. Und wir wollen keine ‚Fertiggerichte‘, sondern ein Studium mit Wahlfreiheiten anbieten.“ Die anderen genannten Hochschulen bestätigen offiziell nicht das Festhalten am Diplom – schließlich wollen die Bildungspolitiker aller Länder dies abschaffen. Das Unbehagen in den Hochschulen wird aber daran deutlich, dass sie kein sechssemestriges Bachelorstudium einführen, sondern eines mit acht Semestern – womit dieser Abschluss dem traditionellen Diplom wieder ähnlicher wird. Dies planen die Universitäten von Stuttgart und Weimar, auch aus München gibt es Gerüchte, aber keine offizielle Bestätigung.

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Zahlenspiele

Viele andere Fakultäten haben sich noch nicht festgelegt. Sie sind noch in der Orientierungsphase. Dass dadurch Studenten mit unterschiedlichsten Abschlüssen und Pflichtsemesteranzahl auf den Markt kommen, kann niemand mehr verhindern. Die Unsicherheiten bei Bewerbern und Arbeitgebern steigen damit unvermeidlich an.

Einige Fakultäten sind bereits in der Reform der Reform. Die Universität Wuppertal zum Beispiel stellte ihre Bachelor-Master-Ausbildung von acht plus zwei Semestern auf sechs plus vier um. Von ihrem Modell eines bei den Kammern eintragungsfähigen achtsemestrigen Bachelors hat sich die Fakultät damit verabschiedet.

Ihr fehlten schlichtweg die Bewerber für den zweisemestrigen Master. Professor Frank Werner, Dekan des Fachbereichs Architektur, Design und Kunst, sieht nun die Probleme, die durch die Entscheidungsfreiheiten der Bundesländer und Hochschulen entstehen: „Ich finde es total deprimierend. Das was erzielt werden sollte, hat nicht geklappt. Jeder wählt sein Modell. Es wird nie eine Vereinheitlichung geben.“ Bei der Hochschule für Technik in Stuttgart steht eine erneute Veränderung nicht an, trotz mancher Fragezeichen. Rektor Rainer Franke: „Wir verfolgen das Sechs-plus-vier-Modell weiter und diskutieren ein betreutes praktisches Studienprojekt, das das damalige Praxissemester ersetzt. Das ist zumindest europaweit akzeptiert. Die Frage ist, ob es trotzdem als Theoriesemester eingestuft werden darf oder nicht.“

Ohne Individualität

Seit der Umstellung konnten immer mehr Hochschulen vor allem Erfahrungen mit dem Bachelor sammeln. Rainer Franke: „Sechs Semester sind kurz. Eine intensive Arbeit ist notwendig, da hier alles sehr straff organisiert ist.“ Frank Werner aus Wuppertal bestätigt das: „In den sechs Semestern haben die Studenten bei uns keinerlei Wahlmöglichkeiten.“ Die Hochschule Wismar, die als erste schon im Jahr 2000 umstellte, hat seitdem mehrfach reformiert. Jährlich wurde die Studienordnung verändert, wie Professor Martin Wollensak erklärt: „Zunächst wollte jeder Lehrende Pflichtleistungen von den Studenten verlangen.

Das geht nicht mehr. Durch die Modulform gibt es ein eher projektbasiertes Lernen, bei dem mehrere Lehrleistungen zusammengefasst werden.“ Wollensak hat mit seinen Kollegen das fünfte Semester von Pflichtleistungen befreit, damit die Studenten im Ausland Erfahrungen sammeln können.

Unverändert bleibt, dass sich Absolventen eines sechssemestrigen Bachelor-Studiengangs in keiner Kammer leicht als Architekt eintragen können. Nur wenige bieten Möglichkeiten über sogenannte „Ausgleichsmaßnahmen“ und/oder längere Praxiszeiten. Joachim Brenncke, Architekt in Schwerin und Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer:  „Ich habe selber in meinem Büro die Erfahrung gemacht, dass sie aufgrund fehlender Studienzeit zu wenig lernen konnten und keine Architektentätigkeit ausüben können.“

Was diese Gruppe mit ihrem Abschluss anfangen kann und sollte, wird von den Hochschuldozenten unterschiedlich bewertet. Professor Werner aus Wuppertal: „Keiner, der klar bei Sinnen ist, geht mit diesem Abschluss ins Arbeitsleben. Mit denen können höchstens die Büros etwas anfangen, die eh schon 20 Praktikanten zu Hungerlöhnen beschäftigen.“ Wollensak sieht dagegen auch positive Zeichen: „Es ist zwar schwierig, etwas zu finden, aber wer einmal im Büro ist, kommt dort ganz gut an.“

Die Hochschule für Technik in Stuttgart hat seit einem Jahr die ersten Bachelor-Absolventen. „Wir haben bisher nicht von Problemen gehört. Sich nach drei Jahren in die ‚freie Wildbahn‘ zu begeben, also seinen Arbeitsbereich noch finden zu müssen, ist auch in anderen Studiengängen üblich“, sagt Franke. Er fordert eine Chance auf Eintragung: „Es muss zumindest einen zweiten Bildungsweg geben – für die, die sich den Master aus finanziellen oder familiären Gründen nicht leisten können. Das sollte nicht der Regelfall sein, aber eine Option. Die Kammern müssen lernen, mit dem Sechs-Semester-Bachelor zu leben. Sonst organisiert sich diese Absolventengruppe irgendwann unter einem anderen Titel selber.“

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Die Kammern wollen jedoch, dass sich auch künftig nur ausreichend qualifizierte Absolventen Architekt nennen dürfen. Nach einem Beschluss des BAK-Vorstands ist eine mindestens vierjährige, noch besser fünfjährige Ausbildung der einzig gangbare Weg. „Zehn Semester Studienzeit sind internationaler Standard und sollten auch in Deutschland die zukünftige Grundlage für eine Architektentätigkeit sein. Das Bachelor-Master-Modell mit acht plus vier Semestern ist dabei ein Ansatz für ein Mehr an qualifizierter Ausbildung“, so Brenncke.

Die Architektenkammern der Länder haben zwar unterschiedliche Eintragungsvoraussetzungen. Gemeinsam wollen sie sich aber für eine bestmögliche Qualität der Lehre einsetzen, wie Brenncke erläutert: „Wir von den Architektenkammern haben uns darauf geeinigt, was die erforderlichen Lehrinhalte zur Eintragungsfähigkeit sind, anstelle ewig über Modelle zu diskutieren.“. Auch der gute Ruf im Ausland soll nicht durch solche Strukturkonflikte gefährdet werden: „Der deutsche Diplomingenieur im Bereich Architektur hat in anderen Ländern gute Chancen. Mit den heutigen Masterabschlüssen müssen wir auf internationalem Niveau bleiben.“

Mehr Möglichkeiten

Dieses Ziel verfolgen auch die Hochschulen mit dem Mas-ter. Und sehen die Chancen des neuen Systems. In Wismar hat sich die Hälfte der Bachelor-Absolventen um das weiterführende Studium vor Ort beworben. Ein Viertel sucht den Einstieg in ein Büro und ein Viertel geht an andere Hochschulen. „Der Austausch der Studenten ist für deren Profilbildung und unsere Hochschule sinnvoll“, so Wollensak. Auch eine Spezialisierung und Umorientierung ist nun leichter möglich. „Nicht alle sind die begnadeten Architekten.

Diese Studenten können sich nach ihrem Bachelor zum Beispiel für einen Master in Facilitymanagement oder Städteplanung  bewerben“, sagt Franke. „Durch mehr Spezialisierungen wächst das Aufgabenspektrum wieder. So können wir Tätigkeitsfelder nach und nach zurückerobern. Es kann nicht nur um den Ruf gehen, sondern wir müssen die Beschäftigungsmöglichkeiten beachten“, meint Wollensak. „Wichtig ist, dass, egal welchen Schwerpunkt die Studenten wählen, immer auch entworfen wird, damit die Möglichkeit der Kammereintragung gegeben ist“, rät Werner. Brenncke wägt ab: „Es ist ein Problem und eine Chance, wenn jede Hochschule ihr Ding macht. Wenn marktorientierte, berufsinhaltlich qualifizierte Ideen hinter speziellen Angeboten stehen, dann kann dies sehr positiv sein.“

Zu viel des Guten

Die Master-Absolventen aus Wismar haben nach Angabe der Hochschule alle eine Beschäftigung gefunden – leider eine Ausnahme in Deutschland. Insgesamt passt die hohe Anzahl der Absolventen weiterhin nicht mit der Anzahl der offenen Stellen beziehungsweise der in den Ruhestand gehenden Architekten zusammen. Viele Hochschuldozenten sehen dies mittlerweile ein, auch wenn es um ihren eigenen Arbeitsplatz gehen könnte. Einiges ist zum Beispiel an den Fachhochschulen in Bayern passiert.

Die unabhängige Mittelstraß-Kommission stellte fest, dass in Bayern Studienplätze der Architektur drastisch abgebaut werden müssen. Der Empfehlung wurde gefolgt, 40 Prozent der Plätze an den Fachhochschulen sind gestrichen worden. Als ein „Verfechter des Abbaus“ bezeichnet sich Professor Ulrich Holzscheiter, Dekan an der Hochschule (FH) München: „Es gibt keine einleuchtenden Rechtfertigungen, warum Deutschland die zwei- oder dreifache Architektendichte, wie sie vergleichbare Länder aufweisen, dauerhaft beibehalten sollte. Die Studierendenzahlen gehen am nationalen Bedarf weit vorbei und die verbreitete Verweigerungshaltung der Absolventen, eine Berufstätigkeit im Ausland aufzunehmen, verschärft die Problematik zusätzlich.“

Holzscheiters Fakultät hat die Studienanfängerzahlen durch einen Eignungstest reduziert. „Es ist eine Fehlentwicklung, dass dies nicht auch in den anderen Bundesländern passiert. Ich plädiere nachdrücklich für die Einsetzung einer unabhängigen Kommission, die für die Architektenausbildung in Deutschland Empfehlungen erarbeitet“, sagt der Münchner Professor.

In Rheinland-Pfalz sieht der Koblenzer Architekt Professor Peter Lammert Abbaubedarf auch wegen der Reform der Studiengänge: Es sei fraglich, ob so mancher Minifachbereich in der Lage ist, über den Bachelor hinaus ein Mas-ter-Programm zu leisten. Oder ob nicht die Fachbereiche -größer abgesteckt werden müssten: also lieber zwei neue, optimal dimensionierte Architekturfachbereiche aus drei bisherigen. Lammert fordert „die kritische Betrachtung und Korrektur der Hochschulstandorte und Fachbereichsgrößen“ und hofft: „Die Master-Programme könnten der Auslöser sein zu einer Neusortierung der Hochschullandschaft.“

In anderen Bundesländern geschieht der Abbau eher indirekt. In Nordrhein-Westfalen wird das breite Angebot bisher aufrechterhalten. Doch Frank Werner stellt fest: „Gleichzeitig werden hintenherum Professorenstellen abgebaut. Mit elf oder 13 Dozenten können Sie aber nicht die geforderte Bandbreite der Lehre leisten.“ Das bestätigt der Stuttgarter Rektor Rainer Franke für Baden-Württemberg: „Wir gehen den Weg der Reduzierung. In Stuttgart und Karlsruhe wurde ein Drittel der Studienplätze gestrichen, da wir nicht mehr Professoren für ein intensiveres Programm bekommen haben.“ Bundesarchitektenkammer-Vizepräsident Brenncke setzt auf andere Regulatoren: „Wenn die Studiendauer durch den Qualitätsanspruch länger wird, reduziert sich die Zahl der Studiengänge und Studentenzahlen automatisch.“

„Durch die Umstellung auf das Bachelor-Master-System bleibt den Studenten leider keine Zeit für praktische Erfahrungen.“

Praxisorientiert, breit aufgestellt und flexibel

Jürgen Lehnhoff, Vertreter der Landschaftsarchitekten im Vorstand der Bundesarchitektenkammer.

Es gibt erfreulicherweise mehr Angebote auf dem Arbeitsmarkt als noch vor einigen Jahren. Die Hochschulen -suchen nach neuen Aufgabenfeldern für ihre Absolventen und reagieren auf die Nachfrage des Arbeitsmarktes mit entsprechenden Seminarangeboten. Ein großes Thema ist zum Beispiel die -Vielfalt bei den umweltverträglichen Planungen nach dem Umweltgesetzbuch. Nach wie vor werden die Lehrinhalte dabei sehr theoretisch behandelt. Ich wünsche mir einen höheren Praxisbezug. Die Absolventen haben zwar alle ‚digitalen Fähigkeiten‘, ihnen fehlen aber Kenntnisse zur Werksplanung, Ausschreibung und zu Abläufen auf Baustellen. Gerade Letzteres wird auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt. Gute Bauleiter werden immer gesucht und verdienen schon von Anfang an 15 bis 25 Prozent mehr als die rein zeichnenden Kollegen.

Durch die Umstellung auf das Bachelor-Master-System bleibt den Studenten leider keine Zeit für praktische Erfahrungen -außerhalb der Praxissemester. Die Inhalte sind komprimiert und die Anforderungen hoch, alles in dieser Zeit zu begreifen. Der Bachelorabschluss führt auch weiterhin zu großen Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt. Die Absolventen sind irgend-wo zwischen technischen Zeichnern und Diplomingenieuren einzuordnen, im Prinzip ersetzen sie den Gartenbautechniker, doch sie finden mit dieser Position nur schlecht eine Stelle. Wahrscheinlich muss es erst eine ganze „Generation Bachelor“ geben, damit sie sich auf dem Arbeitsmarkt positionieren können.

Ich warne vor speziellen Masterangeboten, die den Studenten vorgaukeln, dass sie einen sicheren Platz in einer Nische finden und den für immer besetzen können. Eine Spezifizierung kann auch sehr einschränken. So empfehle ich grundständige Stu-diengänge. Später können sich die Landschaftsarchitekten über das Angebot der Kammern speziell fortbilden – individuelle Schwerpunkte muss man sich eh in der Praxis erarbeiten.

Die Masterstudiengänge werden mittlerweile hauptsächlich in Englisch unterrichtet. Das ist eine sehr vernünftige Entwicklung und wichtig, um später auch einen Job im Ausland annehmen zu können. Dabei zieht es die meisten jungen Absolventen gar nicht weit weg. Vor allem die Schweiz und skandinavische Länder sind bei ihnen gefragt und sie bieten auch attraktive -Arbeitsplätze, wenn man flexibel ist.“

Martin Müller: „Ich wünsche mir eine Änderung in ein mindestens 8-Semester-plus-x-System.“

Auf die Kernkompetenzen besinnen

Martin Müller, Vertreter der Innenarchitekten im Vorstand der Bundesarchitektenkammer.

„Design und Produktdesign – immer mehr Studienangebote bewegen sich in diesen Bereichen. Natürlich gehören sie auch zur Innenarchitektur, sind aber nur selten unsere Hauptaufgaben. Eine Affinität zum Baugeschehen scheint dagegen zunehmend weniger wichtig zu sein, die ingenieurmäßigen Facetten der Studiengänge werden geringer.

Das bedauere ich sehr in heutigen Zeiten, in denen aktuell der Bereich Bauen im Bestand in aller Munde ist. Gerade hier können wir Erfolge feiern. Ein wichtiger Zukunftsbereich kann hierbei beispielsweise – unter anderem – die gesellschaftlich wichtige Aufgabe der Schulsanierung sein. Und auch wenn Innen-architekten sich um das Thema Energie(einsparung) kümmern, was ebenfalls noch viel zu wenige tun, muss -dies Gestaltung und Design nicht ausschließen. Ganz im Gegenteil! In allen diesen Themenbereichen sollte ver-stärkt ausgebildet werden. Auch klassische Felder wie Bau-betrieb und Baurecht kommen in der Ausbildung immer seltener vor. Dies bedeutet einen erhöhten Weiterbildungsbedarf der Absolventen.

Durch das verschulte, kompakte System können sich viele Studenten nur noch mit Scheuklappen durch den Stundenplan arbeiten. Wenn sie individueller handeln und nicht alle Prüfungen wie nach Plan machen, kann dies einen sys-tembedingten Zeitverlust von bis zu einem Jahr bedeuten. Durch die Verkürzung von Studien- und Praktikumszeiten und die damit einhergehende geringere Eigenverantwortung wird der persönliche Reifeprozess verzögert.

Die Nachfrage nach den Studienangeboten ist ungebrochen groß, sodass die Kapazitäten von den Hochschulen derzeit auf gleichbleibendem Niveau gehalten werden. Doch unser Berufszweig hat weiterhin mit einem Überangebot an Absolventen zu kämpfen. Nach der Umstellung auf Bachelor und Master stehen die „Feldversuche“ mit den neuen Absolventen noch bevor. Ich bin mir sicher, dass der sechssemestrige Bachelorabschluss allein den Studenten nicht viel bringt. Nach verschiedenen Länder-Architektengesetzen sind sie damit bereits jetzt nicht mehr eintragungsfähig. Ich wünsche mir eine Änderung in ein mindestens 8-Semester-plus-x-System, mit dem den Studenten beim Start und fürs spätere Berufs-leben möglichst viele Türen offenstehen.“

Professor Rolf Westerheide: „In sechs Semestern kann kein erster berufsqualifizierender Abschluss erreicht werden.“

Ständig abwägen, was zukunftsträchtig ist

Professor Rolf Westerheide, stellvertretender Vorsitzender des Stadtplanerausschusses der Bundesarchitektenkammer und im Vorstand der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.>

„Wir standen schon immer vor der Herausforderung einer heterogenen Ausbildungslandschaft, da zu den klassischen Stadtplanern zum Beispiel Städtebauer wie auch Raumplaner gehören. Durch den Bachelor und Master hat sich diese Differenzierung  noch weiter verfeinert und die Wahlmöglichkeiten im Master sind weiter gespreizt.

Stadt, das heißt steter Wandel, Dynamik in der Entwicklung, also gibt es Anpassungserfordernisse an eine veränderte Stadtstruktur und veränderte Lebensverhältnisse. Neue Themen werden neben den klassischen Bereichen zu einem zukünftigen Schwergewicht stadt-planerischer Tätigkeit. Die klassischen Planungsinstrumente sind nach wie vor Kernbereiche der Berufstätigkeit, aber neue kreative Formen der Stadtplanung und des Städtebaus, wie etwa die -Masterplanung, Moderation und Verfahrensbegleitung von Prozessen, Stadtmanagement und -marketing sowie städtebauliche Beratungsleistungen, werden als Felder in Ausbildung und Berufsalltag zunehmen. Ein weiterer Arbeitsbereich ist die facettenreiche Stadtentwicklung für öffentliche Auftraggeber.

Die Bürger sprechen mit und sind hier ein ganz wesentlicher Teil der Zielfindung und -Akzeptanz von Planung. Die Hochschulen sind permanent gefordert, neue Arbeitsmethoden und Inhalte in der Lehre anzubieten. Die Gesellschaft hat einen Anspruch auf eine adäquate und kompetente Erfüllung der im Berufsbild der Stadtplanung angelegten Leistungen.

Das Diplomstudium gibt es faktisch nur noch in Restlaufzeiten. Klar ist, dass in sechs Semestern kein erster berufsqualifizierender  Abschluss erreicht werden kann. Bachelorabsolventen sollen zwar eine gute Grundlagenkompetenz haben, aber das ist keinesfalls genug für die Anforderungen des Arbeitsmarkts. Sie werden in ein nicht vorhandenes Berufsfeld entlassen, was ein großes Problem ist, da zahlenmäßig nicht alle einen Master im Anschluss machen können. Vier Jahre sind aber mindestens für einen ersten berufsqualifizierten Abschluss erforderlich. Für sinnvoll halte ich eine Ausbildungszeit von insgesamt fünf Jahren.

Ausbildungs- und Arbeitsmarktbedarf passen für die Stadtplanung erfreulicherweise zusammen. Es gibt ein hohes Maß an Angeboten, auch aus dem Ausland. Bei uns geht jeder Student mindestens ein halbes Jahr in ein anderes Land und allein sechs der Absolventen des letzten Jahrgangs arbeiten nun in Dubai. Anfragen nach Jobs kann ich oft kaum bedienen. Das spricht für eine starke Nachfrage und zurzeit noch gute Qualität der Ausbildung.“

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