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[ Landschafts-TV ]

Die Paradies-Vermarkter

Gärten für den Sofortgebrauch, fürs Fernsehen und für Prominente: Die ungewöhnlichen Wege dreier Kölner Landschaftsarchitekten.

Im rheinischen Andernach schwimmen Kois und Gartenbesitzer – allerdings in getrennten Teichen, die zwei Wasserläufe optisch mit­einander verbinden.

Michael Sudahl
Miriam und Gregor liegen sich in den Armen. Freudentränen rinnen der attraktiven Mitdreißigerin über Wangen und Kinn. Mit einem Abba-Song und in Zeitlupe sorgt RTL mit „Mein Garten“ für viiiiiiel Gefüüüühl. Überraschung! Das Pärchen setzt seine blickdichte Sonnenbrillen ab und freut sich über ein grünes Paradies. Schick und passend zum Reihen-häuschen im 50er-Jahre-Stil. Mit der Einrichtungsshow für draußen lockt der Kölner Privatsender sonntagnachmittags bis zu 20 Prozent der werberelevanten Zielgruppe vors Gerät. Und das seit mehr als vier Jahren. Wer mag, kann sich Inspirationen holen. Wer das nicht mag, geht besser eine Stunde Unkraut jäten.

So fragwürdig das Fernsehformat ist, für Bernd Franzen ist es ein Glücksgriff. Der 33-Jährige war vier Jahre lang Gärtner der Sendung. Was wenige Zuschauer wissen: Der smarte Moderator hat in Essen Landschaftsarchitektur studiert.

Die Skizze zum Teich in Andernach

Vor einem Jahr gründete er auf der Grundlage seines Fernseherfolgs mit seinen ehemaligen Kommilitonen Simon Leuffen und Sebastian Spittka ein Büro für Freiraumplanung. „gartenplus“ gestaltet Gärten, unter anderem von Promis wie Erika Berger, der langjährigen Fernsehsexberaterin Nummer eins. Für diedrei lohnt sich der Weg über die Marketing-Maschine von RTL. In zwei Jahren entwarfen sie fast 200 Privat-Paradiese, Parkanlagen, ein grünes Klassenzimmer der Michael-Ende-Schule in Neuss und beeindruckten auf der Lifestyle-Messe Giardina 2008 in Karlsruhe.

Franzen, Leuffen und Spittka lernten sich in den 90er-Jahren beim Studium in Essen kennen und merkten schnell, dass sie etwas verbindet. „Bei Projekten arbeiteten wir effektiver zusammen und lieferten bessere Ergebnisse als Kommilitonen“, sagt Simon Leuffen. Der 34-Jährige mit dem kritischen Blick gilt als kreativer Kopf des Teams. Schon bei RTL ist er der Mann im Hintergrund. Nach seinen Entwürfen verschönert der Sender Gärten. Zum Abschluss des Studiums beschließen die Freunde, ein Dreivierteljahr in Australien zu leben – als Belohnung.

Das gartenplus-Team Sebastian Spittka, Bernd Franzen und Simon Leuffen (v.l.), zu ihren Füßen Hund Eddy.

Eine Exkursion mit Folgen: DieMänner mit den grünen Daumen mähen Rasen wohlhabender Kunstsammler und einflussreicher Manager, säubern Pools, fegen Tennisplätze, dekorieren Blumengestecke und betrachten voller Staunen eine mobile Hundewaschanlage. Eindrücke sammeln lautet das Motto. Ihr Chef, Landscape-Contractor Ray Pickford, nimmt sie mit, Außenanlagen von Reichen und Schönen zu pflegen. „Unvergessen bleiben Nächte in Rays Wohnzimmer“, sagt Spittka. Ein Hotel war zu teuer, so diente das Wohnzimmer des Chefs den Absolventen als Schlafplatz.

„Abgeschaut haben wir in Down Under die Idee, auf solvente Kunden zu setzen“, sagt Franzen. Und im Zeitalter von Globalisierung, Internet und immer schneller taktender Geschäfte lernen sie ein neues Konzept kennen: „Gärten zu entwerfen, die vom ersten Tag an Freude bereiten“, wie Leuffen erklärt. Rollrasen, Laufende-Meter-Hecken und Bodendeckermatten bieten technische Voraussetzungen für diese „Instant-Gärten“. „Sie können auch in Deutschland innerhalb weniger Tage blühen“, meint Spittka.

Zurück in Deutschland trennten sich zunächst die Wege der drei. Spittka arbeitete bei Kipar Landschaftsarchitekten in Mailand und Duisburg sowie als Abteilungsleiter bei Jakob Leonhards Söhne in Wuppertal. Leuffen begleitete Projekte beim Landschafts- und Golfplatzarchitekten Volker Püschel in Mettmann. Franzen wollte ebenfalls als Landschaftsarchitekt eine Stelle antreten. „Doch daraus wurde nichts.“ Statt des Jobs in einer Privatgartenabteilung macht er sich als Planer selbstständig und bewirbt sich bei RTL als Gärtner für ein neues Serviceformat. Im zweiten Casting wählt ihn Hans Meisers Produktionsfirma „creaTV“ aus 40 Kandidaten aus und startet die Pilotsendung von „Mein Garten“. Weil das Publikum applaudiert, entscheiden sich die Macher, eine zwölfteilige Staffel zu drehen. Auch die findet Zuspruch. Eloquent steht Franzen schließlich vier Jahre lang bei insgesamt 120 Produktionen vor der Kamera. Seinen Kollegen Simon Leuffen nimmt er mit. Er scribbelt die Pläne für dieNachmittagssendung.

Ruhig gestalteter Showgarten in der Halle der Karlsruher „Giardina“- Messe.

Durch die Präsenz im Fernsehen steigt die Bekanntheit des kleinen Planungsbüros. Franzen betritt sogar den Promihimmel: Im Skiurlaub sprechen ihn Zuschauer an. Autogramm- statt Visitenkarten gehören zum Erfolg.Die Auftragslage verbessert sich. Und „Mein Garten“ entwickelt sich zu einer Art Spielwiese. „Wir konnten Gärten in allen Varianten gestalten“, sagt Franzen. Egal welches Thema, sie setzen es um: Strand mit Kaimauer und Sand statt Kiesbelag für ein Liebespärchen. Einen Teich in Nierenform für den Rock’n’Roll-Fan, Reiki-Harmonie mit Wasserspiel für eine Japanliebhaberin und eine Harley-Davidson-Kreation im Stil der Route 66 mit integriertem Tresen. Doch irgendwann ist es genug. Das Format entwickelt sich zunehmend in Richtung Hilfsprogramm für Bedürftige. Da wollen Franzen und Leuffen nicht mehr mitmachen. Im Herbst 2007 drehen sie die letzte Folge. Der Kölner Sender strahlt sie im Juni aus und sucht neue Gärtner.

Mittlerweile wieder zu dritt, sitzt das Büro in einer renovierten Wassermühle in Grevenbroich zwischen Köln, Düsseldorf und Mönchengladbach. Gepusht durch die Strahlkraft der Sendung, fragen Kunden aus den unterschiedlichsten Regionen an: Von Sylt bis Augsburg, sogar aus Mallorca und der Türkei flattern Aufträge ins Postfach.

Doch irgendwie fehlt nach dem medialen Erfolg ein Konzept. Welche Marketingstrategie passt zu dem Büro? „Auf der Suche nach unserem eigenen Profil sind wir auf eine Geschichte im Deutschen Architektenblatt gestoßen“, sagt Franzen. In der Augustausgabe finden sie einen Artikel zur Spezialisierung von Architekturbüros. Franzen, Leuffen und Spittka erkennen, dass sie dieselben Fragen zu beantworten haben wie die im Text porträtierten Büros. Welche Kunden wollen wir ansprechen? Wie können wir unsere Bekanntheit gezielt einsetzen und was sind dieSchwerpunkte unserer Arbeit? Hilfe holt sich gartenplus beim Architektenberater Andreas Preißing. In dessen Stuttgarter Büro entstehen jetzt Ideen für die Zeit nach RTL.

Michael Sudahl ist freier Wirtschaftsjournalist in Stuttgart.

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