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[ Auslandsmarketing ]

Werben in der großen Welt

Auslandsmarketing will gerade in der Krise systematisch betrieben sein.

Michael Sudahl

David Cook ist Engländer und Partner bei Behnisch Architekten. Wenn er über Geschäfte im Ausland spricht, hört sich das so an: „Wir haben vor zehn Jahren ein Büro in Los Angeles gegründet, weil Stefan es wollte. Er lebte als 18-Jähriger kurze Zeit in Los Angeles. Das war der Grund, warum wir in den USA anfingen.“ Cooks Geschichte klingt verwegen und lustig. Ein bisschen wie in einer britischen Sitcom, was auch an seinem Akzent und Humor liegen mag. Mit „Stefan“ meint er seinen Geschäftspartner, den Sohn von Günter Behnisch.

„Also schickten wir einen Mitarbeiter an die Westküste der USA und bauten ein Büro um ihn herum auf. Dumm nur, dass unser erster Auftrag an der Ostküste war“, schüttelt Cook ungläubig den Kopf. Als ob er selbst nicht glauben kann, wie alles anlief. Aber man nimmt es ihm ab. Selbst wenn er grinsend noch eine Schippe drauflegt: „Bearbeitet haben wir das Projekt dann von Stuttgart aus.“ Sagt es, knistert mit seiner schwarzen Lederjacke und ist ganz der coole Brite, dessen Büro es geschafft hat: den Sprung in einen fremden Markt.

System ist besser als Gefühl

Im Rückblick sieht mancher Architekt den Aufbau des Auslandsgeschäftes ähnlich amüsiert. Oft sind es Zufälle, die die Büros in fremde Länder treiben. Beispielsweise wenn ein deutsches Unternehmen im Ausland baut und dazu seinen Architekten mitnimmt. Oder es menschelt einfach.

„In 80 Prozent der Fälle sind persönliche Neigung und Vorlieben des Chefs der Anlass, warum Büros in einem bestimmten Land aktiv werden“, bestätigt Thomas Welter vom Netzwerk Architekturexport NAX der Bundesarchitektenkammer, das in Stuttgart Experten zum Informationsaustausch über das Auslandsmarketing von Architekten lud.Eine wichtige Erkenntnis: Mit System geht es besser als per Zufall oder nach Gefühl. Herbert Neuland – nomen est omen – von bw international, einer Fördergesellschaft des Landes Baden-Württemberg, begleitet Industriebetriebe genauso wie Dienstleister auf ihrem Weg in die weite Welt. Der Nahostexperte empfiehlt, grundsätzlich zuerst den Markt zu analysieren. Und hierfür genügend Zeit einzuplanen.

„Mit eineinhalb Jahren müsste man schon rechnen“, sagt er, „um herauszufinden, welches Land interessant, sprich lukrativ sein könnte.“ Wo viel gebaut wird und die Budgets trotz Finanzkrise gesichert sind. Allerdings sieht die Realität anders aus: „Die meisten Büros haben keine Vorstellung, was sie international erwartet“, ist Neulands nüchterne Bilanz. Fremde Kulturen, andere Sprachen und mitunter politisch instabile Lagen seien die größten Herausforderungen.

Exportgut: Huolinguole Hotel in Neimongl, China, von kab Architekten (2007)

Milliardenprojekte trotz Krise

Um zu erfahren, wie Uhren und Menschen in Shanghai oder Mumbai ticken, empfiehlt Frank Berner, an einer Delegationsreise teilzunehmen. Der Inhaber von kab Architekten in Fellbach bei Stuttgart brach Ende vergangenen Jahres in Richtung arabische Welt auf. Organisiert vom Bundeswirtschaftsministerium, besuchte der Architekt in Katar Kontaktbörsen und traf sich mit Unternehmern und Investoren. Obwohl Berner rund hundert Visitenkarten tauschte, ist seine Euphorie verhalten.

„Die zwei Tage waren sehr intensiv“, erzählt er, „doch wer meint, dass nach einem Gespräch die Geschäfte von selbst laufen, täuscht sich.“ Um im Ausland Fuß zu fassen, sei eine Kontaktperson im Zielland oder besser noch ein eigenes Büro unumgänglich. Marketing am Persischen Golf und ebenso in Asien bestehe zum Großteil aus der Pflege von Beziehungen und Kontakten, beobachtet Berner, der bereits eine Niederlassung in Shanghai unterhält.

Trotz der Krise investieren Asiaten noch: 1 000 Milliarden US-Dollar will etwa der Staat Saudi-Arabien in den kommenden Jahren allein für Medizinzentren, Museen, Straßen und Bürokomplexe ausgeben. Ähnlich hohe Summen kursieren in den Nachbarstaaten; die Prognosen sinken jedoch in der aktuellen Krise. Um nur einen kleinen Teil davon ­abzugreifen, lohnt es sich, die örtlichen Spielregeln zu beachten. Für den Trip mit der Delegation bedeutet das: Visitenkarten, Flyer und Prospekte mindestens ins Englische übersetzen lassen. Denn eine erklärungsbedürftige Dienstleistung wie die des Planers und Projektsteurers will störungsfrei an den Empfänger gesendet werden. Und die Geschäftssprache ist nun einmal Englisch.

Peter Bonfert, Gesellschafter der Stuttgarter HWP Planungsgesellschaft, rät: „Am anschaulichsten zeigen nicht Texte, sondern Bilder von Bauten, wie ein Büro arbeitet.“ Die verstehe jeder, egal welche Sprache er spricht. Nachgeschaut auf der Homepage von HWP, sind dort zahlreiche Bauprojekte mit Datenblättern und ästhetisch anspruchsvollen Fotos hinterlegt. Das Peking Medical College Hospital etwa. Und obwohl die Stuttgarter Planer laut Bonfert bisher nicht einen einzigen Auftrag nur durch den Internetauftritt akquiriert haben, hält der HWP-Gesellschafter eine mehrsprachige Website für unabdingbar, um international Akzente zu setzen. Bei HWP lesen User deshalb neben deutschen auch englische Seiten. Zudem ist dort jeweils ein kurzes Firmenporträt in chinesischen und arabischen Schriftzeichen sowie auf Türkisch zu finden.

Professionelle Architekturfotografie statt Schnappschüsse mit einer Digicam oder vom Handy aufgenommene Filmchen erzählen viel über ein Büro, bestätigt Katja Domschky. Die studierte Architektin hat sich auf Öffentlichkeitsarbeit für Planer spezialisiert und weiß, dass vor allem Araber auf bewegte Bilder, sprich Animationen, stehen. Mit Skizzen könne man da nicht landen, sagt sie. Je öfter es blinkt und je mehr sich bewegt, umso besser, ist ihr Tipp. Auch sie meint, dass fast 90 Prozent der Aufträge im Ausland über persönliche Kontakte zustande kommen.

Domschky schiebt allerdings hinterher: „Allein eine zweisprachige Visitenkarte abzugeben, reicht nicht aus.“ Nach dem persönlichen Gespräch surfen potenzielle Kunden auf Homepages deutscher Architekturbüros. Bestätigt sich virtuell nicht, was real versprochen wurde, nämlich innovativ zu sein, „klicken sich Interessenten schnell weg und man ist vergessen“, mutmaßt die Bonnerin.

Vielfalt aus München: Gunter Henn bietet die Texte seiner Website nicht nur in Deutsch und Englisch an, sondern auch auf Chinesisch.

Kleine Büros können mehrsprachige Werbematerialien online im Netz oder klassisch gedruckt gerade noch finanziell stemmen. Eine eigene Niederlassung im Ausland ist den meisten zu teuer. Wie für sie gestrickt ist hingegen das Konzept von bw-engineers, einem Zusammenschluss von 24 Ingenieurbüros aus Baden-Württemberg. Josef Linder, Geschäftsführer des Konsortiums, erklärt, wie die Büros grenzüberschreitend ins Geschäft kommen: „Investoren im Zielmarkt Saudi-Arabien bieten wir ein umfassendes Paket an.“

Neben Bauingenieuren aus den Bereichen Projektmanagement, Tragwerksplanung, Vermessung, Geo- und Wassertechnik sitzen auch Architekten mit im Flugzeug, wenn es auf eine Delegationsreise in den Nahen Osten geht. Linder weiß, dass hier „Engineering made in Germany“ ein hohes Ansehen genießt. Mit diesem Pfund wuchert er. Sein Verbund öffnet Türen, an die einzelne Büros nicht einmal klopfen dürfen. Beispielsweise an die des Wasserministeriums, „mit dem wir aktuell über Projekte verhandeln“.

Doch nicht nur wer den Sprung über Ozeane oder in die Wüste wagt, muss sich auf andere Sitten einstellen. Steffen Szeidl leitet die Schweizer Dependance des Stuttgarter Projektsteurers Drees & Sommer. Der junge Architekt hat amüsante Anekdoten auf Lager, die anschaulich zeigen, welche Feinheiten schon im nächsten Nachbarland über die Akzeptanz entscheiden können.

„In Angeboten schreiben die Schweizer statt des Tausenderpunktes einen Accent, und in E-Mails verabschieden sie sich mit besten Grüßen, statt mit freundlichen“, erzählt der Geschäftsführer und rät, sich auf diese Angewohnheiten einzulassen. Zumal beim Schritt in die Schweiz die Sprache nur bedingt ein Hindernis darstellt. Sehr wohl aber der falsche Ton.

Michael Sudahl ist freier Wirtschaftsjournalist in Stuttgart.

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