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[ Ziele und Strategien I ]

Ziellos

Viele Büros wissen nicht, wo sie hinwollen – und schaden sich damit selbst.

Gunnar Gombert

Welche strategischen Ziele verfolgen Architekturbüros? Scheinbar ist die Antwort banal. Ihre Inhaber und Beschäftigten wollen gut bauen und davon leben. Doch viele belassen es bei dieser allgemeinen Antwort – und das kann den wirtschaftlichen Erfolg gefährden. Denn Büros, die sich zu wenig um ihre strategischen Ziele kümmern, geht es wirtschaftlich oft schlechter als anderen. Das zeigen die Ergebnisse einer Befragung von 478 Architekturbüros im vergangenen Jahr. Realisiert wurden sie am Lehrstuhl Planungs- und Bauökonomie der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus. Die Bundesarchitektenkammer und competitionline haben sie ideell unterstützt.

Wie die Studie zeigt, fixiert nur jedes vierte Büro in Deutschland seine Ziele. Die anderen agieren natürlich nicht völlig ziellos, sind sich aber über ihre strategische Büroausrichtung nicht ausdrücklich bewusst. Zudem verzichten fast 60 Prozent der befragten Architekturbüros auf die Kontrolle und Steuerung ihrer Zielerreichung mit entsprechenden Kennzahlen. Für diese Mehrheit ist es kaum möglich, Aussagen zum Erfolg und zur Wirtschaftlichkeit ihrer Büros zu treffen.

Erst der Kunde, dann das Geld

Grundsätzlich unterscheidet sich die strategische Ausrichtung in Architekturbüros stark von der in anderen Branchen. Dort stehen meist Finanzziele an oberster Stelle, bei Architekten vor allem Kundenziele. Kundenzufriedenheit gilt als wichtigstes Ziel, wohingegen etwa Liquidität, Umsatz und Wirtschaftlichkeit meist im Hintergrund stehen. Obwohl die wirtschaftliche Situation oft prekär ist, sind Planungsinnovationen oder die Erschließung neuer Geschäftsfelder nachrangig. Ökologische Verantwortung beispielsweise ist bei Landschaftsplanern vergleichsweise stark ausgeprägt.

Erstaunlich niedrig ist ihre Bedeutung für Hochbau- und Innenarchitekten. Abweichend von den meisten anderen Branchen belegt das Gewinnziel in Architekturbüros nur einen hinteren Rang bei den Präferenzen. Es liegt an vorletzter Stelle von insgesamt 20 betrachteten Zielen. Dies mag ethisch und kulturell erfreulich klingen. In Anbetracht der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise ist es aber ein erschreckendes Ergebnis: Was nutzen hohe Architekturqualität, Prestige und Ansehen, wenn man davon nicht leben kann?

Als Ergebnis der Studie lassen sich drei Bürotypen identifizieren: Die erste Gruppe der Büros ist die große, teils internationale, kennzahlen­orientierte Kapitalgesellschaft. Sie ist vergleichsweise prestige- und finanzorientiert, stuft aber auch nahezu alle anderen Ziele als relevant ein. Auffällig ist: Büros, die ihre Finanzziele als besonders wichtig erachten, schätzen ihre zukünftige Geschäftsentwicklung positiv ein und erwirtschaften meist hohe Umsätze. Die Studie belegt, dass formalisierte Planung zu größerem Geschäftserfolg führt. Die zweite Gruppe der Büros ist die der mittelgroßen, projektbezogenen Allrounder.

Sie übernimmt gesellschaftliche Verantwortung und fokussiert sich am stärksten auf Architekturqualität. Die Büros dieser Gruppe messen wiederum Finanzzielen nur wenig Bedeutung bei. Die dritte Gruppe sind die oft jungen, kleinen Privatkundenbüros mit bis zu drei Beschäftigten und meist weniger als 100 000 Euro Umsatz im Jahr. Sie agieren häufig als Idealisten mit unklarer Strategie, was auf Kosten von Umsatz und Gewinn geht.

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die Bedeutung verschiedener strategischer Ziele hängt stark vom Alter der Büros ab. Alteingesessene Kapitalgesellschaften messen Finanzzielen, wie Gewinn oder Liquidität, hohe Bedeutung bei. Besonders junge Architekturbüros verfolgen verstärkt ökologiebezogene Nachhaltigkeitsziele. Hinsichtlich gesellschaftlicher Ziele stellen sie gemeinsam mit auf den Entwurf fokussierten „Künstler­architekten“ ein Vorbild für die großen Kapitalgesellschaften dar. Diese sollten mehr ökologische und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, um nicht nur der Gesellschaft, sondern auch dem Berufsbild und den freien Berufen insgesamt gerecht zu werden.

Mit der Krise kommt das Nachdenken

Während sich Markt und Tätigkeitsbilder von Architekturbüros im Umbruch befinden, besteht bei ihnen ein auffälliger Mangel an betriebswirtschaftlichem Wissen. Architekturbüros nutzen kaum betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente. Im Büroalltag ist die strategische Führung eine weitgehend unbeliebte Beschäftigung. Oft wird sie zugunsten der kreativen oder planerischen Arbeit zurückgestellt. Das Thema kommt häufig erst auf die Tagesordnung, wenn Krisenzeichen erkennbar sind.

Die Situation ist verständlich, da die wenigsten Architekten Managementkenntnisse vorzuweisen haben. Nach wie vor werden diese Aspekte in der Architektenausbildung weitgehend ignoriert, obwohl sie in anderen Branchen essenzielle Erfolgsfaktoren darstellen. In dieser Situation können sich Büroeigentümer Wettbewerbsvorteile verschaffen, wenn sie ihre betriebswirtschaftlichen Kenntnisse ausbauen und beginnen, ihr Unternehmen „Architekturbüro“ strategisch zu führen.

Diese Unternehmensführung beginnt mit der Festlegung strategischer Ziele. Strategisches Denken und Handeln macht vieles explizit bewusst und rationalisiert. Es dient dazu, den Zufall durch den Irrtum (oder Besseres) zu ersetzen und Lernprozesse zu initiieren. Dennoch ist Vorsicht geboten: Die bloße Vorstellung, dass es eine Art Heiligen Gral der Strategie gibt, ist gefährlich. Es geht also nicht um Perfektion einer strategischen Unternehmensführung. Architekturbüros sollten sich aber im Klaren darüber sein, für was sie einstehen, was sie einzigartig macht und welche Ziele sie konkret verfolgen. Was also möchte ein Architekturbüro durch seine Existenz erreichen, was würde es zur Erreichung seiner Ziele tun und was gerade nicht?

Gunnar Gombert, Dipl.-Ing., MBA, Architekt, arbeitet in einer Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft in München.


Weitere Informationen:

Auszüge der Umfrageergebnisse unter www.competitionline.de.
Die vollständige Studie erscheint 2010.

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