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[ Eine Woche in der BAK ]

Fünftagerennen

Was macht eigentlich die Bundesarchitektenkammer? Notizen aus einer Arbeitswoche mit vielen Honorarfragen, wenig entspannenden Reisen und einer leicht japanischen Sitzung.

Roland Stimpel

Montag, 15. Juni: Wirbel um die Honorare

Rein theoretisch könnte die Woche entspannt anfangen. Einen halben Werktag zuvor hat am Freitag der Bundesrat endlich der neuen HOAI zugestimmt. Das ist der vorläufige Abschluss eines Großprojekts, das die Bundesarchitektenkammer (BAK) jahrelang beschäftigt hat. Aber entspannt ist es schon früh um halb neun nicht. Noch bevor Marita Bhattacharya die Kaffeemaschine in der 4-Quadratmeter-Küche der BAK hochgefahren und die Zeitungen für den täglichen Pressespiegel zurechtgelegt hat, kommen die ersten Anrufe auf ihrem zentralen Telefon: Kann man die neue HOAI bereits irgendwo nachlesen? Ab wann gilt sie eigentlich? Und was wird jetzt aus bestehenden Verträgen?

Entree: D.A.V.I.D. ist die BAK-Firma für Medien und Veranstaltungen.

Einige Anrufer kann Bhattacharya zu den beiden Rechtsexperten durchstellen, die sich gerade mit den gleichen Fragen beschäftigen: Justiziar Thomas Maibaum und seine Assistentin Ulrike Schulz. Sie sind zwar nicht zum individuellen Beraten der 121 000 Kammermitglieder in Deutschland da, aber sie interessiert, was die Anrufer besonders interessiert. Das wird später Grundlage für einen Artikel im Architektenblatt mit dem Titel „Häufige Fragen zur HOAI“. Andere Frager verweist Bhattacharya auf die BAK-Internetseite, die am Schreibtisch gegenüber Alexandra Ripa pflegt und aktualisiert. Oder Bhattacharya empfiehlt den Fragern die Kammer, in der sie Mitglieder sind. Denn kein Architekt oder Planer ist unmittelbar in der BAK; diese arbeitet als Zusammenschluss der Kammern in den 16 Bundesländern. Sie leistet für sie bundesweite Arbeit gegenüber Politik, Medien, der Öffentlichkeit und anderen Organisationen und sorgt für Informationsaustausch und den länderübergreifenden Teil von Projekten wie den Tag der Architektur.

Oder die Arbeit an Normen: Barbara Schlesinger, Referentin für Architektur und Bautechnik, koordiniert den Sachverstand und die Interessen des Berufsstands zur neuen DIN-Norm für Barrierefreies Bauen (siehe Seite 20). Dazu schaltet sie eine Telefonkonferenz mit drei kundigen Architekten in Mannheim, Oberhausen und Rosenheim. Drei Stunden lang geht das telefonische Quartett Punkt für Punkt den Normentwurf eines DIN-Ausschusses durch und erarbeitet Kommentare – auch auf der Basis von Länderkammer-Stellungnahmen, die bei Schlesinger zusammengelaufen sind. Das Ergebnis kann sie mit dem Gewicht der ganzen Architektenschaft in die weitere Normarbeit geben.

Viele Kommunikationsstränge laufen im zentralen Sekretariat von Steffi Schober und Petra Schroer zusammen. Heute fragen Journalisten nach HOAI-Statements, die dann Thomas Maibaum gibt. Vom „Anstieg der Honorare um zehn Prozent“ wird die „Welt“ am nächsten Tag einerseits schreiben, andererseits Maibaums Hinweis auf die Bonus-Malus-Regelung mitgeben: „Für Bauherren muss der Hausbau dennoch nicht teurer werden.“ Im nächsten Zimmer legt Ute Kluge letzte Hand an die aktuellste Pressemitteilung zur HOAI. Eine wichtige Aussage: Nach der Novelle ist vor der Novelle – da auch die neue Schwächen hat, muss gleich nach der Bundestagswahl die nächste Reform angepackt werden. Kluge betreibt gerade das Öffentlichkeitsreferat allein; die neue Sprecherin Corinna Seide fängt erst einen Monat später an. Kluge gegenüber sitzt Robert Jöst und arbeitet Anfragen ab. Der Assistent im Referat Architektur und Bautechnik beantwortet in seinen Mails Fragen über Fragen: Wieviele Architekturstudenten gibt es eigentlich in Deutschland? Wer darf Kammermitglied werden? Welche Fortbildungspflichten haben Architekten? Jöst antwortet mit Fakten, Zahlen, Quellen. Oft aber verweist auch er auf die Kammern der Länder, ihre Kenntnis der 16 Architektengesetze sowie die regionale Bau- und Ausbildungsszene.

Auch Europapolitik macht die BAK. Heute ist Joachim Jobi zu Besuch, der in Brüssel das gemeinsame Büro der deutschen und österreichischen Architekten- und Ingenieurkammern leitet. Er spricht bei der BAK mit Bundesgeschäftsführer Tillman Prinz über den Wust der Studienabschlüsse, die trotz oder auch wegen der Bachelor-Master-Reform immer schwerer vergleichbar sind. Eine Zentralstelle soll diesen Vergleich leisten, braucht aber Input der Hochschulen (mehr dazu am Donnerstag).
Prinz’ nächster Gesprächspartner ist Arno Metzler, Geschäftsführer beim Bundesverband der freien Berufe. In ihm sind neben Architekten unter anderem Anwälte, Ärzte, Steuerberater und Künstler organisiert. Gemeinsam sind sie millionenstark und agieren gegen den steten Trend zur Bürokratisierung oder das Begehren von Finanzpolitikern, die von Freiberuflern Gewerbesteuer erheben wollen.

Sullivans Ei: Kunst auf dem Flur

Dienstag, 16. Juni: Telefonmarathon und Trockeneis

Die Juristin Ulrike Schulz kommt voran mit ihrer HOAI-Synopse. Die Verordnung ist völlig neu gegliedert; aus 103 Paragrafen wurden 55 plus 14 Anhänge. Wo ist welches Thema im Detail geregelt? Schulz stellt zur Orientierung in einer Tabelle alte und neue Vorschriften zum gleichen Thema nebeneinander. Am Ende wird die Tabelle 269 Seiten umfassen; Architektenblatt-Leser können das 2,3-Megabyte-Monster unter www.DABonline/hoai herunterladen.Zugleich zieht Gabriele Seitz geografisch große Kreise: Sie bereitet einen Workshop zur nachhaltigen Stadtentwicklung in Shenyang vor, einer chinesischen Stadt von der Größe Londons. Organisiert ist er vom Bundesforschungsministerium und vom Netzwerk Architekturexport NAX der BAK, für das Seitz arbeitet. Gerade recherchiert sie für einen Referenten Netzwerkinformationen aus China. Die meisten kommen von NAX-„Paten“: rund 40 international agierenden Architekturbüros, die über das Netzwerk einander und dritten Kollegen auf dem Weg in andere Länder helfen. Wertvolle Vor-Ort-Arbeit für die Veranstaltung in Shenyang hat zum Beispiel Johannes Dell geleistet, Niederlassungsleiter von Albert Speer + Partner in Shanghai.

Auch Seitz’ NAX-Kollegin Cathrin Urbanek bahnt gerade Wege in die weite Welt – nach Taiwan, Marokko und Südkorea zum Beispiel. Dorthin führen Markterkundungsreisen von Germany Trade and Invest, der Exportförderungs-Organisation des Wirtschaftsministeriums. Die Reisen sind in vielen Branchen begehrt; über den Zugang für Architekten telefoniert Urbanek mehrfach mit einem Beamten aus dem Freiberuflerreferat des Ministeriums, kümmert sich daneben um die NAX-Website und bereitet eine Präsentation für den BAK-Vorstand am nächsten Tag vor.

Wirtschaftsreferent Thomas Welter ist zur Jahreskonferenz der Regierungsinitiative „Kultur- und Kreativwirtschaft“ geladen. Die Konferenz in einem historischen Elektrizitätswerk fällt mit Trockeneis- und Showeinlagen zwar relativ kurzweilig für die 500 Teilnehmer aus. Aber Welter hat im dicht gedrängten Programm nur wenig Gelegenheit, zwischendurch mit anderen im Saal Themen der Architektenschaft zu besprechen. Auf der Konferenz muss am Nachmittag auch Bundesgeschäftsführer Tillman Prinz Gesicht zeigen. Er geht weiter ins Wirtschaftsministerium, wo er gemeinsam mit dem Brüsseler BAK-Bürochef Joachim Jobi die Abteilungsleiterin für Europapolitik besucht: Es geht um die Exportförderung, besonders um internationale Messen, und wiederum um das Bachelor-Master-Thema.

Ausblick: Überbleibsel des Anhalter Bahnhofs

Mittwoch, 17. Juni: Gipfeltreffen im Erdgeschoss

Heute hält auf der Büroetage der BAK Marita Bhattacharya fast allein die Stellung. Die meisten anderen gehen aber an dem sonnigen Tag nicht in den Park, sondern in den Konferenzraum im Erdgeschoss eines nahen Hotels. Dort tagt der Vorstand der BAK. Er besteht aus dem vierköpfigen Bundespräsidium, den 16 Präsidenten der Länderarchitektenkammern und vier gewählten Vertretern von Fachrichtungen und Mitgliedergruppen – allesamt Architekten und Planer, die ehrenamtlich arbeiten. Da sie für die Arbeit der hauptberuflichen Kammerleute Richtungen weisen, Rahmen setzen und von ihnen Informationen abfragen, sitzen auch Ländergeschäftsführer und die meisten Angestellten der Bundeskammer dabei.

Für die Angereisten ist das alles andere als Spaßtourismus. Sehr früh am Morgen starten sie am Bahnhof von Hannover oder Erfurt, am Flughafen von Saarbrücken oder Stuttgart oder auf irgendeiner Lkw-dominierten Autobahn. Nach sechs Stunden am Konferenztisch geht es den gleichen Weg zurück – um Beschlüsse, Willensbekundungen und Informationen reicher, die dann vor Ort weiter diskutiert, ausgearbeitet und umgesetzt werden. Von den BAK-Mitarbeitern tragen vor allem Steffi Schober und Petra Schroer rund um das Vorstandstreffen Spitzenlasten. Einladungen, Anträge und Vorlagen wollen erarbeitet, geordnet und verschickt sein; Reisen müssen organisiert und eine 50-Personen-Tagung muss gestemmt sein, vom Beamer bis zum Pausenbrötchen.

Heute stehen 15 Punkte und Unterpunkte auf der Tagesordnung. Die HOAI natürlich und der immense Informations- und Fortbildungsbedarf, den Kammermitglieder hier jetzt haben. Auch das Gütesiegel für Nachhaltiges Bauen berührt die Interessen vieler Architekten: Wer darf es ausstellen und dafür die Prüfer (Auditoren) ausbilden? Wie wird es inhaltlich weiterentwickelt? Dann geht es um die laufende Reform der Vergabeordnung VOF. Hier haben sich Ministerialbeamte ein paar architektenunfreundliche Dinge ausgedacht, gegen die die Kammern jetzt gemeinsam politisch Flagge zeigen wollen. Es folgt eine lange Reihe kleinerer Punkte: Initiativen zu „Architektur und Schule“ auf Europaebene, die Mitarbeit im internationalen Architektendachverband ACE, die europaweite Berufsanerkennung, Messeauftritte, Delegationsreisen, Konferenzen.

Nicht alles sehen die Präsidenten aus Magdeburg und München, aus Bremen und Baden-Württemberg gleich; bei einigen Punkten herrscht föderale Meinungsvielfalt. BAK-Präsident Arno Sighart Schmid führt dann die Verhandlung in leicht japanischem Stil: Jeder kommt zu Wort; Widersprüche bleiben erst einmal stehen, aber irgendwann erinnert Schmid an das gemeinsame Ziel – und zwar so, dass dies kaum einer bestreiten mag. Und so, dass bisherige Kontrahenten jetzt Zeichen konstruktiver Größe setzen können: hier kleine Brücken schlagen und da ein bisschen nachgeben, ohne das Gesicht zu verlieren. Am Ende kann fast jeder ein Stück Verhandlungserfolg mit heimnehmen; vor allem aber ist das gemeinsame Konsensniveau weit höher als zuvor.

Nach Sitzungsende gegen 16 Uhr füllt sich die BAK-Büroetage wieder. Barbara Schlesinger bereitet zwei Termine der BAK-Arbeitsgruppe zum Deutschen Gütesiegel Nachhaltiges Bauen und ein Treffen mit deren Initiatoren vor; Thomas Welter verhandelt mit Verlagen über eine HOAI-Broschüre; andere klicken sich vor Feierabend durch Bhattacharyas elektronischen Pressespiegel. Schon zehn Tage vor dem Tag der Architektur gibt es die ersten Vorberichte in Lokal- und Regionalblättern.

Bleibt Tillman Prinz’ Vorabendgespräch: An diesem Tag trifft er Bernd Blaufelder, den Geschäftsführer des Bundes Deutscher Architekten. Kammern und Verbände bündeln immer wieder ihre Kräfte und stimmen Aktionen ab – heute natürlich zur HOAI, außerdem zu den neuen Wettbewerbsrichtlinien aus dem Bauministerium, die nicht alle Bundesländer begeistert umsetzen, und zur Bundesstiftung Baukultur.

Donnerstag, 18. Juni: Protokolle, Politik und Kultur

Heute wird nach- und vorbereitet. Thomas Welter schreibt das Vorstandsprotokoll und präpariert sich für eine Journalistenrundfahrt, die die Brandenburger Kammer mit ihm vor dem Tag der Architektur veranstaltet. Alexandra Ripa und Robert Jöst arbeiten an Inter- und Intranet-inhalten. Ute Kluge stellt für den geplanten Baukulturschwerpunkt der Zeitschrift „Politik und Kultur“ eine Vorschlagsliste für Autoren zusammen. Barbara Schlesinger arbeitet an einem Protokoll und Anträgen für die Arbeitsgruppe „Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten“, die sie im Auftrag des Ausschusses für Arbeitsstätten im Bundesministerium für Arbeit und Soziales leitet. Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe werden künftig Bestandteil der Arbeitsstättenregeln sein.

Einblick: Papiere für eine große Sitzung

Freitag, 19. Juni: Reisen und reisen lassen

Tag der Reisen, der fremden und der eigenen. Steffi Schober, Petra Schroer und der Verwaltungs- und Personalexperte José Hundertmarck buchen und rechnen ab. Thomas Welter fährt nach Weimar zu den „Ettersburger Baugesprächen“: Architekten treffen Baumanager und Investoren, reden über baukulturelle Ziele und über eine fruchtbare Arbeitsteilung.

Thomas Maibaum hat in Paris zu tun, aber nicht an einem gepflegten Boulevard, sondern im unwirtlichen Vorort Saint-Denis. Hier ist er deutscher Delegationsleiter beim CEN, dem „Comité Européen de Normalisation“. Es geht aber diesmal nicht um bestimmte Normen, sondern um die babylonische Begriffsvielfalt und die Gefahr, Europäisches nur scheinbar gemeinsam, aber tatsächlich aneinander vorbei zu regeln. Tillman Prinz fährt nach Schleswig auf das „Forum zum öffentlichen Recht“, auf dem sich Richter, Professoren, Verwaltungsbeamte und Anwälte versammeln.

Dort referiert er über das Architektenurheberrecht und versucht erst einmal, Verständnis dafür zu wecken, dass Architekten bei einer Veränderung ihrer Werke mitreden wollen. Dann zeigt er Wege, auf denen Eigentümer sie beim Umbauen einbeziehen und sich mit ihnen einigen können. In Berlin schweifen Ute Kluges Gedanken zugleich nach Venedig: zur Architekturbiennale 2010, für die ein deutscher Generalkommissar zu finden ist. Brotarbeit daheim – nur die Gedanken kommen bis an den Canale Grande.

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