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Vom Wurmb gepackt

Früher hatten Bauherren noch Niveau, heute müssen wir sie erziehen.

Roland Stimpel

Dieser Bauherr ist bekanntlich die Pest der Gegenwart: der „anonyme Auftraggeber, in Wahrheit überhaupt kein ‚Herr‘ mehr“. Früher war es besser, nicht wahr? Man nehme nur Adolf Arndts legendären Lobpreis der „Demokratie als Bauherr“ von 1961. Man lese dort aber nicht bis Seite vier, denn da erhob er vor 48 Jahren die ach so heutige, oben zitierte Klage über den anonymen Unherrn. Einen besonders fiesen prangerte 1993 Manfred Sack im ähnlich legendären Pamphlet „Wie entsteht gute Architektur?“ an: „Feige, inkompetent, dreist“ nannte er den Bauherrn Bundestag. Wie die Inkompetenzlinge aber zu Behnischs Plenarsaal, Fosters Kuppel und Braunfels’ Spreesprung kamen, untersuchte Sack nicht.

Baulich fühlten sich Arndt und Sack der sozialen Moderne verpflichtet, in ihrem Traum vom idealen Bauherrn nur beinahe. Und ihr Traum lebt bei vielen fort. Arndt sann über den „Fürsten oder bürgerlichen Mäzen“ nach. Sacks Prototyp für „Kultiviertheit, Anspruch, Großzügigkeit, Wahl des Architekten“ war der bekannte Frühdemokrat Lothar Franz von Schönborn, geboren 1655, Bischof von Bamberg und laut Selbstdiagnose „vom Bauwurmb gepackt“.

Idealbauherren von heute wären dann individuelle wurmbige Reiche. Die gibt es, aber immer stimmt was nicht. Zum Beispiel bei der Firma Trumpf in Ditzingen: Sie reiht ein kühnes Tordach an die nächste Avantgardekantine, doch familienfremde Architekten bekommen kaum Jobs, da die Chefin Nicola Leibinger-Kammüller eine im Metier höchst fähige Schwester hat. Oder bei Alexander Otto in Hamburg. Der hat zwar fast 300 Architekten in Lohn und nicht ganz dünnem Brot, aber die müssen seine ECE-Center planen, die uns so sehr wurmben.

Bleibt als idealer Bauherr wieder nur ein bay­erischer Bischof – natürlich der von Eichstätt. Zwar hatte es selbst da Karlheinz ­Schattner anfangs schwer mit seinen Moderne-Ambitionen, so Manfred Sack: „Der Bauherr wusste von Architektur nicht mehr als jeder Durchschnittsmensch, also nichts.“ Doch sein Diözesanverwalter erwies sich als Idealbauherr: Er hatte viel Zeit und kindlichen Lernwillen. „Der Architekt nahm ihn dann und wann mit auf Reisen, führte ihm geglückte zeitgenössische Architektur vor Augen, erläuterte sie. Er hat ihm allmählich das Sensorium geschärft.“ Es geht! Erziehen auch Sie dumpfbackige Bauherren in Ronchamp, Wolfsburg und Brasilia. Charterjets sind im Moment günstig.

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