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[ Architekturvermittlung ]

Raumlehrer

Architektur wird an Schulen zunehmend breiter und professioneller vermittelt.

Roland Stimpel

Als der Weimarer Architekt Hannes Hubrich vor gut zehn Jahren im Thüringer Kultusministerium Raumthemen als Lehrstoff empfehlen wollte, empfingen ihn erst mal zwei Beamte der Bauabteilung. Architekten in Schulen – die könnten nichts anderes wollen als Aufträge, hatte man sich im Ministerium gedacht. Längst weiß man es dort besser: Heute kooperiert das landeseigene Institut für Lehrerfortbildung mit der Kammer; die Regierung unterstützte ein internationales Symposium zu Architektur und Schule; künftige Thüringer Kunstlehrer werden auch in Architektur ausgebildet. Hannes Hubrich resümiert: „An immer mehr Stellen haben wir mit dem Thema den Fuß in der Tür.“ Aus Liebhaberinitiativen Einzelner ist längst eine breite Bewegung geworden – die immer besseren Zugang zu Schülern und Lehrern hat und immer professioneller agiert.

Hubrich steht selbst für diesen Weg. Der Dozent an der Bauhaus-Universität Weimar kam nach eigenen Worten 1999 „eher zufällig“ zur Schularbeit und sah sie „anfangs noch als Nebenthema für Architekten“. Aber rasch entflammte er und stecxkte bald auch andere an. Zum Beispiel seinen Hochschulrektor, den er ermunterte, sein Fach auch künftigen Kunsterziehern zu vermitteln. „Machen Sie es doch gleich selbst“, habe der Rektor gesagt. Seitdem widmet Hubrich die Hälfte seiner Dienstzeit der pädagogischen Architekturvermittlung.

Deren Erfolgsgeschichten spielen in ganz Deutschland – angestoßen und koordiniert vor allem von den Kammern. Viele Hundert Architekten haben bei ihnen Interesse an Schularbeit angemeldet, allein 260 in Baden-Württemberg und Bayern. Im zweiten Land sind kleine „Klimadetektive“ durch bisher dreißig Schulen gestreift, beim jüngsten Tag der Architektur gab es in Bayern zehn Spezialangebote unter dem Motto „kinderArchitektouren“. Mehrere Bundesländer erkennen aufgrund von Kammerinitiativen Architekturkurse als Lehrerfortbildung an.

Den Hof gemacht: Im Rahmen der Kammeraktion „kids“ bauten Realschüler in Halver ein Modell für die Erneuerung ihres Atriums und setzten es teils selbst um – betreut vom Landschaftsarchitekten Roland Pfeiffer und vom Architekten Kai-Uwe Sachs.

In Hessen hat die Kammer an drei Schulbüchern und einem Kinderbuch mitgearbeitet. Auf einer Brandenburger Fachkonferenz kamen 400 Leute zusammen; die TU in Cottbus ist ähnlich aktiv wie die Bauhaus-Universität in Weimar. Das nordrhein-westfälische Projekt „kids“ steht nicht direkt für „Kinder,“ sondern für „Kammer in der Schule“.

In bisher zehn Schulen haben Architekten, Kinder und Lehrer gemeinsam geplant und die Schüler so Projekterfahrung im eigenen Haus gemacht. Und da nicht jeder Bau Änderungspotenzial hat, läuft parallel das Programm „Architekten gestalten Unterricht“. In Niedersachsen hat die Kammer Leitfäden für Architekten und Lehrer entwickelt. In diesem Land nehmen sich Architekten wie Gunter Henn Zeit, mit Realschülern über Projekte wie seine Wolfsburger Autostadt zu sprechen. In Rheinland-Pfalz trug die jüngste Woche der Baukultur das Motto „Das macht Schule“; in Hamburg waren nach über hundert Kooperationen von Architekten und Schulen gemeinsame Werke im Museum für Arbeit ausgestellt. Im Saarland gibt es Schülerwettbewerbe und Veranstaltungen wie „Neue Schulen für neues Denken“. Die unter dem Text genannte Website gibt einen Überblick über die Aktivitäten aller Kammern.

Aber nicht nur diese initiieren, organisieren und öffnen Türen. Es gibt zahlreiche Einzelinitiativen von Architekten, etwa die „Denkmalschule“ des Augsburgers Wolfgang Weise, in der schon Drittklässler an erhaltenswerte Bauten herangeführt werden, oder die Beton- und Raumklangexperimente von Silke Bausenwein aus Hagelstadt bei Regensburg. In Berlin initiierte ­Astrid Lohss die Aktion „Tulpen für Tische“: Immer am Valentinstag verkaufen Schulkinder Blumen; der Erlös geht in die Ausstattung ihrer Gebäude.

Auch andere Institutionen machen längst mit. Die Bonner Montag Stiftung betreibt das Projekt „Lebens- und Lernraum Schule – pädagogische Architektur“. Im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt und beim Gelsenkirchener Verein „Jugend Architektur Stadt“ gibt es Ferienkurse und Nachmittags-AGs. Das „Siemens Art Program“ fördert Begegnungen zwischen Lehramtsstudenten und Architekten. Und die Bundesstiftung Baukultur hat mit ihrem Förderverein, der Bundesarchitektenkammer und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz die Netzwerkkampagne „bauTraum“ als bundesweite Plattform für Aktionen und Informationen gestartet.

Ein wenig leiser ist es allerdings um die Forderung geworden, Architektur als eigenes Schulfach zu etablieren. Die Lehrpläne sind überladen und eher kürzungsbedürftig als erweiterbar. Halb so schlimm: Für Nordrhein-Westfalens Kammerpräsidenten Hartmut Miksch sind „Architektur, Wohnen und Stadtentwicklung klassische Schnittstellenthemen, die in verschiedensten Fächern behandelt werden können – in Gesellschaftswissenschaften, Kunst, Mathematik, Geschichte oder Sozialkunde“.

Derzeit wird aus Quantität und Engagement eine höhere Qualität. Riklef Rambow, der in Karlsruhe Architekturkommunikation lehrt, propagiert eine noch stärkere Vernetzung sowie mehr Hilfen bei Unterrichtsmaterial und Lehrerfortbildung. „Architektur in die Schulen zu bringen, ist originäre berufsständische Arbeit“, meint Rambow. Hannes Hubrich betreibt sie längst weltweit. Im Architektenweltverband UIA bereitet er den Preis „architecture and children“ vor, der 2011 in Tokio verliehen werden soll. Und daheim in Weimar betreut er Jungakademiker, die sich nach dem Abschluss für Aufbaukurse als Kunstlehrer entscheiden. Auch Architekturabsolventen sind dabei. Schon unterrichten die ersten an Thüringer Schulen.

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