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[ Querstreber ]

Verdrehte Metallbahn

Architekturkritik im DB-Magazin: erst verfrüht, dann leicht verspätet!

Roland Stimpel

Der Zug ließ auf sich warten, doch ich war schon auf der „Reise zu Orten voller Fantasie“ – im Bahnmagazin „mobil“. Es ging um „neue Bauwerke, die begeistern“. Nein, nicht um Stuttgarts künftigen Keller voller Fantasie. Auch nicht um den oben fantastisch dachlosen, unten fantasmorgisch deckenverkleideten Zentralknoten von Berlin oder die fantasiefrei erneuerte 0815-Station im Kultur-Essen. „Mobil“ pries stattdessen Hochhäuser ohne DB-Anschluss in Paris, Bangkok, Mailand, Peking und Malaysia. Aber alle nur als Renderings, denn real gibt es sie noch nicht. Das war wie bei mir: Laut Anzeigetafel war der Zug längst da, nur am Bahnsteig stand keiner. Das hatte noch Hartmut Mehdorn eingefädelt, in dessen Fantasie man Züge nicht zu warten brauchte, denn warten können die Kunden selbst. Die Renderings in „mobil“ waren aber nicht von H. M. aus Berlin, sondern von H. und de M. aus Basel, von Hadid, Koolhaas, Graft, Libeskind, Isozaki, Hadid und nochmal Hadid. Erst dann kam etwas fast Fertiges von Volkwin Marg, nur mein Zug noch nicht.

„Nie zuvor ist so spektakulär gebaut worden wie heute“, jubelt der Text über Häuser, die vielleicht morgen gebaut werden. Ganz wie die Ansage um 16 Uhr 11: „Zug hat jetzt Einfahrt; die Ankunft war 15 Uhr 43“. Das Blatt zitierte da immerhin einen kritischen Satz Wilfried Nerdingers über „individuelle Skulpturen, die nur auf sich selbst verweisen“. Selbstreflexiv wie die Erklärung, die jetzt aus dem Lautsprecher schallte: „Grund für die Verspätung sind Verzögerungen im Betriebsablauf.“

Im Blatt kam dann die leicht verspätete Erkenntnis: „Die Zukunft der Architektur begann im Jahr 1997, als in Bilbao das Guggenheim-Museum von Frank Gehry eröffnet wurde.“ So zukunftsträchtig wie der damals eingeschlagene Weg der Bahn zum Börsenblob. Sieht deshalb ihr Blatt das Museum von Bilbao als gebautes Zugunglück, als „Masse aus verdrehten, verschachtelten Metallbahnen“? Egal – am Ende zitiert es die New Yorker Architektin Lise Couture, der ihr Nachname Programm ist: „Unsere Welt verändert sich stetig. Wir wollen Gebäude, die das sichtbar machen.“ Nur meine Welt stand schon wieder still. Ich hatte einen Zug, der das sichtbar machte.

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