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[ Urheberstreit ]

Ein Hebel für Urheber?

Sieg, Niederlage, Einigung, Rückzug: Praxisfälle zeigen, wie das Urheberrecht wirkt – und wann nicht

Foto: Fotolia, Wikipedia Commons

Von Roland Stimpel

Verglichen: Hauptbahnhof Berlin

Der spektakulärste Urheberstreit der jüngeren Zeit endete mit einem Vergleich: Meinhard von Gerkan hatte gegen die Deckenkonstruktion im Tiefgeschoss des Berliner Hauptbahnhofs geklagt und in erster Instanz gewonnen. Doch dann einigte er sich mit dem damaligen Bahnchef Hartmut Mehdorn: Der durfte die Decke drinlassen; dafür ging Gerkans ebenfalls noch umstrittenes Resthonorar von der Bahn an die Stiftung „Academy for Architectural Culture“ – ins Leben gerufen von Gerkans Büro gmp.

Vernichtet: Astra-Turm Hamburg

Horst von Bassewitz wurde mit einer besonderen Tücke des Urheberrechts konfrontiert: Es gilt nur bei „Entstellungen“ weiterexistierender Bauwerke, aber nicht bei geplanten Abrissen. Deshalb verlor er vor dem Hamburger Landgericht den Prozess, den er zur Rettung seines 1970 gebauten Astra-Turms in St. Pauli geführt hatte. Der Fall zeigt eine Gefahr: Wenn ein Architekt einen Umbau verhindert, reißt der Eigentümer den Bau womöglich ab, auch wenn er das erst nicht wollte.

Verhindert: Gemeindezentrum Münster

1963 baute Hans Hoffmann aus Düsseldorf ein evangelisches Gemeindezentrum in Münster. Im Jahr 2000 sollte ein anderer Architekt das Ensemble erweitern. Dessen Pläne billigte Hoffmann nicht. Im folgenden Prozess besorgte das Landgericht Bielefeld ein architektonisches Fachgutachten und maß dann dem Bau „eigenschöpferische Gestaltungshöhe“ zu. Wäge man die Interessen ab, dann sei Hoffmanns Urheberrecht höher einzustufen als der Veränderungsanspruch der Kirchengemeinde.

Verändert: Stadthalle Bremen

Noch im Alter von 92 Jahren zog Roland Rainer vor Gericht, weil seine 1964 gebaute Bremer Stadthalle umgebaut werden sollte – vor allem durch Aufstockung ihres Dachs. Doch erfolglos: Erst verkündete das Bremer Landgericht, das „Änderungsinteresse“ des Bauherrn habe Vorrang vor Rainers „Bestandsschutzinteresse“. Dann scheiterte Rainer auch vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Versuch eines Baustopps. Nach dem Umbau hieß die Stadthalle „AWD-Dome“ und so sieht sie auch aus.

Verkauft: Großmarkthalle Frankfurt

Die Europäische Zentralbank will mit ihrem Frankfurter Neubau stark in die 1920er-Jahre-Großmarkthalle von Martin Elsaesser eingreifen. Dagegen klagte sein Enkel: Elsaesser ist 1957 gestorben, Erben können Ansprüche bis zu 70 Jahre nach dem Tod geltend machen. Dann jedoch fürchtete der Enkel angesichts des Streitwerts das Risiko einer Niederlage vor Gericht. Er zog die Klage zurück; die Europäische Zentralbank gab 100 000 Euro für eine Elsaesser-Stiftung und ein Archiv.

Verstanden: Kolumba-Kapelle Köln

Hier wäre es fast zum Streit zwischen sehr prominenten Architekten gekommen. Gottfried Böhm hatte 1950 die Kapelle „Madonna in den Trümmern“ errichtet; Peter Zumthor wollte sie nun in sein Kolumba-Museum integrieren und dabei aus dem Straßenbild verschwinden lassen. Böhm verwies auf sein Urheberrecht, redete aber mit Zumthor – und beide einigten sich. Zumthor sagte später: „Er hat an einigen Punkten Kritik geäußert. Heute bin ich froh über seine Anregungen.“

Vertagt: Hauptbahnhof Stuttgart

Die Deutsche Bahn will die Seitenflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs von Paul Bonatz abreißen. Dessen Enkel Peter Dübbers klagt dagegen. Bis es zum Prozess kommt, könnte aber der Abriss geschehen sein. Dübbers ist es zu riskant, ihn bis dahin durch eine einstweilige Verfügung zu blockieren. Denn wenn er am Ende verliert, könnte die Bahn ihm immense Kosten für die Verzögerung des Großprojekts aufhalsen. Wenn Dübbers aber nach einem Abriss gewinnt, muss die Bahn ihn entschädigen.

Vertragen? Paulinum Leipzig

Während des Baus wurde das Büro des niederländischen Architekten Erick von Egeraat insolvent. Der staatliche Bauherr beauftragte ein anderes, und statt Naturstein sollte jetzt Aluminium aufs Dach. Der Architekt klagte und gewann vor dem Landgericht. Die Behörde ging vor das Oberlandesgericht, das die Streitenden zunächst zu einem Workshop über mittlerweile fünf strittige Fragen drängte. Dieser scheiterte – aber jetzt bewegt sich die Behörde: Es wird wohl Naturstein geben.

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