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[ Massivbau ]

Mut zum neuen Klinker

Auch weniger spektakuläre Bauten können durch eine außergewöhnliche Klinkerfassade überzeugen

Lang und schlank: Das Klinkerformat betont die Fassade dieses Berliner Künstlerateliers in ihrer horizontalen Wirkung.

Marion Goldmann

Durch die technisch immer ausgereifteren Glas- und Stahlkonstruktionen sowie den Trend zum Sichtbeton sind bei der Gestaltung von Fassaden traditionelle Materialien aus dem Blickfeld geraten. So auch Klinker – geschätzt als ein solider Baustoff, dessen Ästhetik auch nach Jahrzehnten kaum verblasst. Aber genügt das, um den gestalterischen Ansprüchen der modernen Architektur gerecht zu werden? Neue Profilklinker können Elemente historischer Backsteinbauten in die Architektur des 21. Jahrhunderts transportieren. Zum Beispiel stand für den Wellenklinker das Korb bogengeflecht alter ägyptischer Gebäude Pate. Seine schwungvolle Formgebung ermöglicht je nach Arrangement – übereinander gestapelt, versetzt gemauert – unterschiedlichste Erscheinungsbilder. Rillen- und schuppenartig ausgebildete Klinker gehören ebenfalls zu diesem Programm. Die optischen Effekte werden allein über eine zusätzliche Strukturierung der Oberfläche erzielt. Das Sichtmauerwerk wird technisch genauso erstellt wie bei herkömmlichen Klinkern.

Subtile Details: Vor die verglasten Giebel und ausgewählten Fassadenöffnungen wurden bei dem Dorfgemeinschaftshaus Diepensee in Königs Wusterhausen bei Berlin mit Klinkern verkleidete Fertigteile gesetzt.

Ornamente neu interpretiert

Solche innovativen Produkte kommen auch bei Architekten gut an, etwa bei Grant Kelly, Projektleiter bei Numrich Albrecht Klumpp Architekten aus Berlin. Aber es gibt doch ein Problem: „Leider gibt es zu wenige Bauherren, die bereit sind, auch mal etwas anderes zu probieren.“ Mut hatte diesbezüglich die Stadt Königs Wusterhausen beim Dorfgemeinschaftshaus Diepensee bewiesen. Das 2004 fertiggestellte Projekt steht für einen sensiblen gestalterischen Umgang mit Klinkerfassaden, der Traditionelles und Zeitgemäßes verbindet. Für die Erweiterung des Flughafens Schönefeld bei Berlin wurden die Bewohner des Dorfes Diepensee nach Königs Wusterhausen umgesiedelt. Bei der Planung des Dorfgemeinschaftshauses als neues Zentrum legte der Bauherr auf die Identifikation und den Bezug zum alten Dorf besonders viel Wert. Mit ihrem Entwurf einer eingeschossigen Bauweise mit Satteldach, bestehend aus zwei mit einander verbundenen Gebäuden mit Klinkerfassaden, hatten damals Numrich Albrecht Klumpp Architekten den Wettbewerb gewonnen. Genutzt wird die „neue Mitte“ sowohl von der Gemeindeverwaltung als auch von den Dorfver einen. Der große Versammlungsraum ist von außen ablesbar und wird durch die beiden Giebelverglasungen optisch betont.

Die Giebel hat man nicht einfach nur verglast, sondern außen vor die Verglasung eine rautenförmige Struktur aus mit Klinkern ummantelten Fertigteilen gesetzt. Die Idee der Architekten war, den Gemeinde- und Veranstaltungssaal von innen wie außen besonders zu betonen. Timo Klumpp: „Das ist unsere zeitgemäße Interpretation einer Giebelverzierung, wie sie in dem alten Dorf typisch war.“ Wie ein Gitternetz wirken die feingliedrigen Elemente, an denen sich auch das Licht auf ansprechende Weise bricht und die Räumlichkeiten in eine angenehme Atmosphäre taucht. Das Prinzip solcher vorgesetzten Elemente hat man an der Fassade wiederholt: Statt eines herkömmlichen Fensters wurde die Öffnung verglast und horizontal verlaufende Klinkerbänder wurden davorgesetzt. Neben dem gestalterischen Effekt löst diese Ausführung zugleich das Problem der Verschattung. Einblicke von außen werden ebenfalls abgewehrt.

Fugenbild mit Schattenwirkung

Die bei diesem Objekt eingesetzten Produkte des Klinkerwerks Hagemeister sind in Farbe und Oberflächenstruktur bis heute ein Unikat geblieben. Es war eine Sortierung gewünscht, die die charakteristischen Merkmale der alten Diepenseer Steine in die neue Heimat transportiert. Überhaupt sind die Klinker, die das Werk im nordrhein-westfälischen Nottuln verlassen, größtenteils objektbezogene Fertigungen – was in der Branche selten geworden ist. Aus dem Standardprogramm dagegen stammt mit 29 Zentimetern Länge und vier Zentimetern Breite ein äußerst schmales Format, das die Architekten für das Ende 2009 fertiggestellte Atelierhaus eines renommierten Bildhauers einsetzten. Der Künstler arbeitet mit großformatigen Holzstämmen; daher lag die Verbindung zu einem robusten Mauerwerksbau nahe. Die Belichtung des Gebäudes erfolgt durch ein Sheddach; dadurch werden die Außenwände nur von wenigen Öffnungen unterbrochen. Auf diesen weitestgehend ungestörten Flächen unterstützt das extrem lange und schmale Format die horizontale Linienführung der rot-schwarz geflammten Verblender.

Außergewöhnlich stellt sich zudem das Fugenbild dar. Alle senkrechten Stoßfugen sind mit den Klinkern bündig vermörtelt. Die horizontalen Fugen sind dagegen leicht zurückversetzt angeordnet, was ein subtiles Licht- und Schattenspiel erzeugt. Projektleiter Grant Kelly hatte diese Ausführungsart auf einer Dänemarkreise an einem Theaterneubau entdeckt.

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