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Zilles Millionärs-Milieu

Luxuswohnen heute: keine Sonne, kein Schlafraum und zum Klo eine Weltreise.

Text: Roland Stimpel

Wann immer mich der Sozialneid packt, studiere ich zum Abregen die Grundrisse von Wohnpalästen der Premium-Highend-Residenz-Exzellenz-Exquisit-Extraordinär-Klasse. Extra ordinär, das trifft es. Im Preissegment ab 5.000 Euro pro Quadratmeter findet sich bei teuerster Ausstattung und gigantischem Flächenkonsum oft die Alltagsqualität eines ordinären Edelslums, Zille sein Milljonöh. Also der Berliner Hinterhof: In ein schlauchförmiges Grundstück mitten im Straßenblock werden gerade die Fehrbelliner Höfe gequetscht, ein „Ensemble aus historischen Wohnhäusern, loftartigen Fabrikgebäuden und hochwertig ausgebauten Neubauflächen“. Man genießt den Luxus, dem Edel-Nachbarn gegenüber aus gut sechs Metern Entfernung aufs goldene Tellerchen zu starren. In den unteren Wohnungen grüßt die Sonne nachmittags zwischen vier und halb fünf, jedenfalls im Juni.

Auch lange Wege zum Außenklo waren einst ein Privileg der Armen. Heute müssen die Reichen marschieren: Im „Yoo Berlin“ ist in einer lang gestreckten 306-Quadratmeter- Klause direkt hinterm „Entree“, vulgo Wohnungstür, die „Bibliothek“. Schlägt dem Lesenden die Zugluft auf die Blase, dann führt sein Weg in der sehr offenen Wohnlandschaft durch die Esszone, die Wohnzone und die Kochzone und am Abstellraum vorbei durch „Flur 2“. Ist an dessen Ende das Gästeklo besetzt, biegt man um die Ecke auf „Flur 3“, passiert später die Ankleide und erreicht schließlich am Ende des Raums „Schlafen 1“ das rettende „Bad 1“.

Noch ein Arme-Reiche-Leute-Phänomen ist die Stube-Küche-Wohnung. Im Berliner Sony- Center hat sie 150 Quadratmeter, davon sind 90 Prozent ein sehr repräsentativer Wohn- Koch-Ess-Schlafsaal, der Rest ein Bad und rätselhafterweise noch ein Gästebad. Für welchen Übernachtungsbesuch? Das kann nur der Engel vom Escort-Service sein.

So ordinär ist natürlich nur Berlin, wo auch das Millionärsleben arm, aber sexy ist. Hamburger residieren viel edler. Die laut Makler „wohl exklusivste Wohnimmobilie der Hansestadt“ namens „Kristall Holzhafen“ liegt weit überm Einraumstandard: „Die Wohnungen sind in einen Tages- und einen Nachtbereich gegliedert.“

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