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Schutz für 70 Jahre

Wer ein eigenes Bauwerk auch nach seinem Tod sichern will, kann die Urheberrechte an seine Nachkommen, einen Testamentsvollstrecker, eine Stiftung oder einen Verein vererben

Text: Susanne Sachs

Zur Rettung prominenter Bauten machten in jüngster Zeit Nachkommen des jeweiligen Architekten Urheberrechte geltend: beim Stuttgarter Bahnhof Paul Bonatz’ Enkel Peter Dübbers, bei der Frankfurter Großmarkthalle zwei Enkel des Architekten Martin Elsaesser, beim Schauspielhaus Köln gleich vier Erben. Sie alle beriefen sich darauf, dass das Urheberrecht nicht mit dem Tod des Architekten erlischt, sondern erst siebzig Jahre danach – und dass sie sich als Erben auf den Urheberschutz berufen könnten. Die drei Fälle endeten allerdings unterschiedlich: Das Kölner Schauspielhaus ist gerettet; Elsaessers Erben erhielten Geld für eine Stiftung; Paul Bonatz’ Enkel scheiterte vor Gericht.

Voraussetzung für das Bestehen eines Urheberpersönlichkeitsrechts ist zunächst, dass das Bauwerk schöpferische Individualität, künstlerische Qualität und damit hinreichende „Schöpfungshöhe“ aufweist. Der urheberrechtliche Schutz erlischt nicht mit dem Tod des Architekten, sondern erst siebzig Jahre danach. Allerdings ist ein Recht ohne einen Träger wertlos, der es ausüben und, wenn nötig, durchsetzen kann. Daher sieht das Gesetz die Übertragung des Urheberpersönlichkeitsrechts im Todesfall vor. Regelt der Architekt dies zu Lebzeiten nicht, sind später seine gesetzlichen Erben auch Träger des Urheberrechts. Doch der Architekt kann in seinem Testament bestimmen, wer sein Urheberpersönlichkeitsrecht nach seinem Tod ausüben soll. Und er kann maßgeblichen Einfluss darauf nehmen, wie dieses Recht im Einzelnen ausgeübt wird.

Nicht jeder Architekt wird dieses Recht gesetzlichen Erben überlassen wollen. Oft interessieren sie sich nur mäßig für den schöpferischen Kern der Arbeit des Erblassers und nutzen das Urheberpersönlichkeitsrecht nur als Druckmittel, um sich vom heutigen Eigentümer das Recht auf Veränderung teuer abkaufen zu lassen. Ist dies bei Erben zu befürchten, sollte der Architekt mit einer letztwilligen Verfügung sein „geistiges Kind“ auch nach seinem Tod vor Veränderungen und Entstellungen effektiv schützen. Dies gilt nicht zuletzt für Architekten, die in Planungsgesellschaften tätig sind. In ihren Gesellschaftsverträgen werden häufig Regelungen zum Urheberpersönlichkeitsrecht beim Ausscheiden von Gesellschaftern vergessen. Später können jedoch gerade ehemalige Partner des Verstorbenen ein Interesse haben, Veränderungen an einem Werk ihres Büros zu verhindern.

Erste Möglichkeit des Architekten ist, sein Recht den Erben zu überlassen, aber dabei sicherzustellen, dass sie dauerhaft seinem Willen gemäß handeln. Dazu können entsprechende Strafklauseln in sein Testament aufgenommen werden. Beispielsweise könnte für den Fall, dass die Erben Veränderungen an einem bestimmten Bauwerk zulassen, Zahlungen an einen Dritten angeordnet werden, etwa eine Stiftung oder einen Verein. Diese Zahlungen können der Summe entsprechen, die die Erben dafür erhalten, dass sie dieser Veränderung zustimmen. Sie können aber auch höher sein. Auch kann geregelt werden, dass Erben, die Veränderungen zustimmen, das Urheberpersönlichkeitsrecht gänzlich entzogen wird.

Der Architekt kann aber auch das Urheberpersönlichkeitsrecht einem Dritten vermachen. Dies ist selbst dann möglich, wenn er sein gesamtes sonstiges Vermögen den gesetzlichen Erben zukommen lässt. Der neue Inhaber des Urheberrechts wird dadurch nicht Teil der Erbengemeinschaft, kann also nicht über die Verwendung des sonstigen Nachlasses mitentscheiden. Er kann von den Erben verlangen, ihm das zugewandte Recht aus dem Nachlass zu übertragen, und so Inhaber des Urheberpersönlichkeitsrechts werden.

Möglichkeit drei ist der Einsatz eines Testamentsvollstreckers. Dieser kann entweder überwachen, ob die Erben das Recht dem Willen des Erblassers gemäß ausüben und, wenn nötig, eingreifen. Oder er kann die Aufgabe übertragen bekommen, das Recht selbst auszuüben. Für anderes Erbgut beträgt die Höchstfrist einer Testamentsvollstreckung 30 Jahre. Das Urhebergesetz ermöglicht sie jedoch bezüglich der Urheberpersönlichkeitsrechte für bis zu 70 Jahre nach dem Tod des Architekten.

Sowohl ein Vermächtnisnehmer als auch ein Testamentsvollstrecker können ihrerseits krank werden oder sterben. Daher ist es ratsam, wenigstens ersatzweise eine Stiftung oder einen Verein einzusetzen, die dann die Urheberpersönlichkeitsrechte ausüben. Denkbar ist auch, eigens zu diesem Zweck eine Stiftung zu gründen oder ihre Gründung testamentarisch anzuordnen.

Dr. Susanne Sachs ist Fachanwältin für Erbrecht in der Kanzlei Hecker Werner Himmelreich in Köln.

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