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[ Sicherung ]

Vor dem Fall

Jährlich stürzen Hunderte von Handwerkern bei ihrer Arbeit an Gebäuden ab. Deshalb müssen Absturzschutzsysteme frühzeitig in die Planung einbezogen werden

Text: Leila Haidar

Ein Großteil aller Arbeitsunfälle sind Abstürze von unzureichend gesicherten Gebäuden. Jährlich 300 Todesfälle von Handwerkern sind auf einen Sturz von Dächern, durch Lichtkuppeln und Wellplatten zurückzuführen, ermittelte die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) „Der Großteil der deutschen Betriebe aus der Metall- und Holzbranche beschäftigt keine Sicherheitsfachkräfte“, sagt Tobias Jenner von der BGHM. „Viele wissen nicht, dass schon ab zwei Metern Höhe eine Absturzsicherung nötig ist.“ Besser sei es dort, wo bei Renovierungen und Neubauten Architekten oder externe Dienstleister frühzeitig darauf hinweisen.

Abhilfe kann eine Vielzahl von Kollektivsicherungen, Systemen und Ausrüstungen schaffen. Zum Beispiel horizontale und vertikale Anschlagsysteme, mit denen sich Wartungspersonal auf Flachdächern und an fest stehenden Leitern sichert, oder frei stehende Eigengewicht-Anker, die auf flachen Dächern oder Bauteilen montiert werden. Nur Fachleute wissen, wann etwa Schienen- und wann Seilsysteme oder andere Ausrüstungen vorteilhafter sind.

Aber nicht nur auf Baustellen, sondern auch für den Dauerbetrieb von Gebäuden sind Absturzsicherungen oft nötig. Das gilt vor allem, wenn Lüftungsgeräte oder Solar-Anlagen auf Dächern vorhanden sind. Arbeiter warten solche Geräte mindestens einmal im Jahr. „Dann ist genau auszuloten, ob wir zum Beispiel Geländer auf dem Dach benötigen oder Vorrichtungen für persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz“, sagt der Architekt Lars Reichart vom Heidelberger Büro ap88. Handwerker, meist im Umgang mit Auffanggurten geschult, setzen eher die preisgünstigere persönliche Schutzausrüstung ein.

Auch normale Gebäudenutzer brauchen Sicherungen – zum Beispiel die von Deutschlands ältester Universitätsbibliothek in der Heidelberger Altstadt. Hier trifft Moderne auf Renaissance- und Jugendstil-Architektur. Beim Umbau musste das Heidelberger Büro ap88 unter anderem eine Fluchttreppe funktional und ästhetisch integrieren, die über sechs Geschosse zwischen Kopfbau und Magazinen verläuft. Denn dieses Treppenhaus erschließt vertikal und horizontal das Bibliotheksgebäude. Es aus beiden Richtungen zugänglich zu machen, bedeutete, zwei verschiedene Funktionen in einen Raum zu integrieren. Zum einen rauchen die Studenten hier und der Qualm muss deshalb gut abziehen. Zum anderen durfte kein Einfallstor für Bücher-Diebe entstehen. Immerhin befinden sich die wertvollen Bände direkt hinter den Treppenhausabgängen. Eine Glasverkleidung schied also aus. Die funktionale und gleichzeitig ästhetischste Lösung zur Absturzsicherung stellte für ap88 deshalb ein filigranes Stahlnetz des Herstellers Carl Stahl dar, einer Unternehmensgruppe für Seil-, Hebe- und Sicherheitstechnik.

Dass notwendige Schutzvorrichtungen gut aussehen können, sieht man in Heidelberg: Die offenen Maschen bilden eine transparente Haut. Die dominierende Struktur der Treppe wird aber nicht geschwächt. Architekt Lars Reichart von ap88: „Die Kombination aus Glas, Stahl, Metall und Sichtbeton der Treppenläufe wirkt interessant und grazil. Klar und reduziert, wie das Jugendstil-Gebäude, nur auf andere Art. Mit Stahl- und Sichtbeton bestimmt der Kontrast die Ästhetik.“ Das Netz muss auch dem Notfall standhalten, in dem Menschen aus dem Gebäude flüchten.

Leila Haidar ist freie Journalistin in Stuttgart

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