DABonline | Deutsches Architektenblatt
Menü schließen

Rubriken

Services

Menü schließen

Rubriken

Services

Zurück
[ Glosse ]

Die Gehryfizierung der Welt

Wo Berlin wie Hongkong aussieht, Japan wie Barcelona und Los Angeles außen wie Bilbao und innen wie Berlin

Illustration, Ernst Merheim
Illustration, Ernst Merheim

Text: Roland Stimpel

In China wächst ein Wohnhochhaus mit dem bescheidenen Namen „Opus Hong Kong“. Das hat Frank Gehry „als Antwort auf das einzigartige Bild der Stadt entworfen“. Auf zwölf Etagen gehen vom Kern sternförmig die Wohnbereiche ab; außen haben sie je zwei bis drei quadratische Fenster. Und weil es ein Gehry ist, sind die meisten Vertikalen etwa zehn Grad nach rechts geneigt, sodass das Ganze leicht verdreht wirkt.

„Man würde das nirgendwo sonst bauen“, sagt Gehry. Springen wir zu seinem frischen Projekt für den Berliner Alexanderplatz. Auch da ist ein Teil der Vertikalen um etwa zehn Grad geneigt, allerdings nach links. Ansonsten bekommt jetzt auch Berlin von ihm eine „Antwort auf das einzigartige Bild“ von Hongkong. Aber das ist eine kleinliche Sichtweise. Gehry selbst kommentierte den Vorwurf der Selbst-Abkupferung einmal so: „Die Leute behaupten, ich würde Marken-Architektur machen. Aber das ist nicht wahr. Ich wiederhole mich nicht.“ Der Eindruck von Wiederholung kommt nur Schlichtäugigen, für die das Fassadenbild des Gehry-Paares in Prag dem des Gehry-Trios in Düsseldorf gleicht oder sein Freilicht-Fisch in Kobe (Japan) seinem Freilicht-Fisch in Barcelona. Und nicht zuletzt sein Museum in Bilbao seiner Konzerthalle in Los Angeles.

Die sei aber wahrhaft einmalig, sagt Gehry. Nicht nur draußen, sondern auch drinnen im Saal: „Ich habe versucht, die Hierarchien aufzuheben. Alle Zuschauer können sich gegenseitig wahrnehmen und beobachten, sie sitzen wie auf einem Weinberg um das Orchester herum.“ Hierarchien aufheben? Jeder sieht jeden? Weinberg? Wortgleichheiten mit Hans Scharoun sind zufällig und nicht beabsichtigt. Der Saal sieht auch aus wie eine gehryfizierte Philharmonie, ist es aber natürlich nicht: In Los Angeles sind die Sitzbezüge bunt. Gehry sieht sich hoch über Scharoun und der übrigen Masse: „Ich unterwerfe meine Bauten nicht dem kleinkarierten Denken, das in der Architektenschaft so verbreitet ist.“ Wer aber die Originalität seiner Bauten nicht recht würdigenmag, bekommt Trost vom Meister selbst: „Die Leute bauen doch weiterhin ihren Architekturmüll. Meine paar Bauten werden daran nichts ändern.“

Weitere Artikel zu:

Schreibe einen Kommentar

Sie wollen schon gehen?

Bleiben Sie informiert mit dem DABnewsletter und lesen Sie alle zwei Wochen das Wichtigste aus Architektur, Bautechnik und Baurecht.

Wir nutzen die von Ihnen angegebenen Daten sowie Ihre E-Mail Adresse, um Ihnen die von Ihnen ausgewählten Newsletter zuzusenden. Dies setzt Ihre Einwilligung voraus, die wir über eine Bestätigungs-E-Mail noch einmal abfragen. Sie können den Bezug des Newsletters jederzeit unter dem Abmeldelink im Newsletter kostenfrei abbestellen. Nähere Angaben zum Umgang mit Ihren personenbezogenen Daten und zu Ihren Rechten finden Sie hier.
Anzeige