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[ Schwerpunkt: Grün ]

Ins rechte Licht setzen

Mit einem einfachen Verfahren können der maximal mögliche Fensterflächenanteil und die erforderliche Glas- und Sonnenschutzkombination für eine optimale Tageslichtlenkung abgeschätzt werden

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Text: Manuel Demel, Jürgen Benitz-Wildenburg

Der sommerliche Wärmeschutz sowie die Tageslichtqualität werden für die Planung immer wichtiger: Komfortansprüche sind gestiegen, es gibt mehr Hitzeperioden; Klimatisierung und Beleuchtung sollen möglichst wenig kosten. Mit automatischen Steuerungssystemen lässt sich der Klimatisierungsbedarf zwar reduzieren. Doch in der Praxis greifen die Systeme oft nicht wie gewünscht, weil eine zentrale Steuerung gerade bei zusammenhängenden Büroflächen die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter nicht aus­reichend erfüllt. Vorteilhafter ist eine Ansteuerung für jedes einzelne Sonnenschutz-element, die eine arbeitsplatzbezogene Regelung ermöglicht. Da Sonnen- und Blendschutz und Tageslichtlenkung teilweise gegensätzliche Anforderungen haben, sollte dies in der Planung von Beginn an berücksichtigt werden.

Fehlbewertung korrigiert

Die Mindestanforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz von ≥ 19 Grad nach EnEV sind nach DIN 4108-2 nachzuweisen. Sie gelten für alle beheizten Räume in Hochbauten und offen miteinander verbundene Räume, für neue Gebäude sowie für Erweiterungsbauten oder neue Gebäudeteile im Sinne der EnEV. Die DIN 4108-2 bietet ein vereinfachtes Verfahren (Sonneneintragskennwert-Verfahren oder Sx-Verfahren) und eine dynamische Gebäudesimulation an, die mit festgelegten Parametern und Randbedingungen zu rechnen ist. Durch die Überarbeitung der DIN 4108-2 kann nun auch eine passive Kühlung und Nachtlüftung mit unterschiedlich hohen Luftwechseln berücksichtigt werden. Das vereinfachte Verfahren bewertete früher bei einem fassadenflächenbezogenen Fensterflächenanteil von unter 50 Prozent zu „scharf“ und bei größeren Fensterflächenanteilen zu „weich“. Diese Fehlbewertung wurde nun korrigiert, so dass das vereinfachte Verfahren und die Simulation zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Bei größeren Fensterflächen ergibt sich nun eine „strengere“ Bewertung, so dass effektivere Sonnenschutzmaßnahmen als bisher erforderlich sind. Teilweise ist nun ein Sonnenschutzglas plus außen liegendem Sonnenschutz erforderlich, mitunter sogar kombiniert mit einer erhöhten Nachtlüftung und/oder einer passiven Kühlung, um die Anforderungen zu erfüllen. Die in unten stehender Tabelle 1 dargestellte Beispielrechnung für einen typischen einfachen Nichtwohnungsbau (Bild 1) zeigt, dass trotz eines Sonnenschutzglases mit einem g-Wert von 31 Prozent und einem zusätzlichen, außen liegenden Sonnenschutz die Anforderungen der DIN 4108-2:2013 für das Gebäude nur knapp erfüllt werden. Im Nichtwohnungsbau wird daher eine thermische Gebäudesimulation das übliche Verfahren sein.

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Bild 2: Fc-Wert im Zusammenspiel von Sonnenschutz und Verglasung. Der gtot-Wert (gtot = g x Fc) beschreibt den Gesamtenergiedurchlassgrad g der Verglasung unter Berücksichtigung der Sonnenschutzeinrichtung mit dem Fc-Wert.

Die Anhaltswerte für die Abminderungsfaktoren Fc von Sonnenschutzeinrichtungen in Tabelle 7 der Norm unterscheiden nun zwar zwischen Zwei- und Dreifach-Wärmeschutzglas sowie Sonnenschutzglas, aber eine Angabe konkreter Herstellerangaben für den gtot-Wert führt zu eindeutig besseren Ergebnissen. Es wird oft nicht berücksichtigt, dass der für die Bemessung relevante Fc-Wert von der Kombination aus Glas und Sonnenschutz abhängt. Die Fc-Werte werden oft einfach übertragen und unbedenklich genutzt, so dass es in der Praxis bei größeren Glasflächen häufig zu Fehlplanungen kommt. In Bezug auf den Fc-Wert sind bei außen liegendem Sonnenschutz Abweichungen bis zu 20 Prozent möglich, wie Bild 2 zeigt.

Leichter durch Ablese-Diagramme

Das Sx-Verfahren der DIN 4108-2:2013-02 nennt sich zwar „vereinfachtes Verfahren“, berücksichtigt aber trotzdem geometrische Strahlungsdaten sowie sechs weitere Parameter. Will man die Berechnung vereinfachen, bieten sich Diagramm-Verfahren an, bei denen wichtige Parameter wie die Fensterfläche oder der erforderliche gtot-Wert abgelesen werden können. Das ift Rosenheim hat nun für gängige Anwendungsfälle Diagramme entwickelt, mit denen sich für eine Klimazone und gegebene Kombination von Glas und Sonnenschutz (gtot-Wert) der zulässige Fensterflächenanteil bestimmen lässt beziehungsweise bei gegebenem Fensterflächenanteil der nötige Sonnenschutz. Damit lässt sich schnell und einfach der Nachweis für den sommerlichen Wärmeschutz führen. Natürlich liegen einige Parameter „auf der sicheren Seite“, so dass man mit dem Ablesediagramm den Sonnenschutz etwas „sicherer“ dimensioniert als bei einer genauen Berechnung (Bild 3).

Für „gutes“ Licht sorgen

Neben den thermischen Kriterien ist die Lichtqualität der zweite wichtige Faktor für die Planung von Verschattung und Blendschutz. Besonders knifflig ist die Sicher-stellung der Blendfreiheit in Kombination mit einer ausreichenden Tageslichtversor-gung. Denn die Anforderungen an Licht werden durch die visuelle Wahrnehmung und die biologische Wirkung des Lichtes bestimmt. Sehaufgaben können optimal bei Beleuchtungsstärken zwischen 2.000 und 4.000 Lux gelöst werden (Mindestwert 500 Lux). Diese Forderungen beziehen sich auf die eigentliche Sehaufgabe und lassen die Entdeckung eines dritten Lichtrezeptors auf der Netzhaut unberücksichtigt, der die biologische Uhr, die Hirnaktivität, das Wohlbefinden und die Gesundheit beeinflusst und erst ab Beleuchtungsstärken am Auge über 1.000 Lux reagiert. Diese Erkenntnisse erfordern eine gänzlich neue Bewertung von „gutem Licht“, die folgende Faktoren berücksichtigen muss:

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Bild 3: Diagramm zum grafischen Nachweis des erforderlichen Sonnenschutzes mit folgenden Randbedingungen: Wohnungsbau, schwere Bauart, erhöhte Nachtlüftung mit Luftwechsel 2/h, Glas mit Gesamtenergiedurchlassgrad g = 0.62, Fensterneigung 90°, Fensterorientierung Ost über Süd bis West, keine bauliche Verschattung, keine passive Kühlung (weitere Diagramme in der ift Fachinfo WA/21/1)

– absolute Tageslichtmenge (Quantität),
– Verlauf beziehungsweise Verteilung des Tageslichts im Raum (Tageslichtquotient),
– optische Wahrnehmungsbedingungen, Direktblendung, Reflexblendung,
– visueller Bezug nach außen (Transparenz),
– Abschaltzeiten des Kunstlichts,
– Sonnenschutz (g-Wert als Kennzahl der Sonnenschutzwirksamkeit).

Oft blendet der Sonnenschutz, weil sich Leuchtdichten am Fenster über 4.000 cd/m² ergeben und damit ein Arbeiten am Bildschirm erschweren. Eine Blendung kann häufig nur durch einen zusätzlichen inneren Blendschutz oder winkelselektive Verschattungssysteme vermieden werden, die die direkte Sonnenstrahlung ausblenden, aber dennoch genügend indirektes und blendfreies Licht in den Raum lassen. Ein visuelles Unbehagen kann sich selbst bei geschlossenem oder zu hellem Sonnen-/Blendschutz ergeben, wenn Fenster und Fassaden direkt von der Sonne beschienen werden und sich dann die Sonnenscheibe abzeichnet oder sich Sonnenlichtflecken auf Boden und Möbeln bilden. Außerdem ergibt sich ein zu hoher Leuchtdichtewert mit Kontrasten zwischen der Sonnenschutzeinrichtung und den Umgebungsflächen. Ein Blendschutz gemäß DIN EN 14500 soll deshalb den Grad der Leuchtdichte regulieren, die Leuchtkontraste zwischen verschiedenen Bereichen innerhalb des Gesichtsfeldes verringern sowie störende Reflexionen auf Bildschirmgeräten verhindern. Ideal ist daher eine Kombination von Sonnen- und Blendschutz, insbesondere an Bildschirmarbeitsplätzen.

Sonnenschutz und Blendschutz können nur durch eine integrative Planung energieeffizient, kostengünstig und nachhaltig erreicht werden. Hierzu gehören auch Systeme zur Tageslichtlenkung, die das vorhandene Licht optimal in der Raumtiefe verteilen und den visuellen Komfort erhöhen sowie die Stromkosten reduzieren. Der Einsatz automatisch regelbarer Systeme und die Planung der zugehörigen Steuerung, die auf jeden Fall während der Nutzungsphase weiter zu optimieren ist, ermöglichen weitere Energieeinsparpotenziale. Thermischer Komfort ist auch bei großen Glasflächen möglich, wenn dies in der Planungsphase berücksichtigt wird. Nicht ein „Entweder-oder“, sondern ein „Sowohl-als-auch“ muss deshalb der Grundsatz für die Planung von Fassade, Haustechnik und Beleuchtung sein.

M.BP. Dipl.-Ing. (FH) Manuel Demel ist Produktingenieur für Bauphysik und Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg leitet die Öffentlichkeitsarbeit beim Institut für Fenstertechnik (ift) in Rosenheim.


Normen und Regelwerke

  • DIN 4108-2:2013-02 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz. Beuth Verlag GmbH, Berlin
  • Energieeinsparverordnung 2016 (EnEV), 2013-11
  • Fachinfo ift Rosenheim WA-21/1 „Sommerlicher Wärmeschutz – Vereinfachte Nachweisverfahren und Diagramme“, Mai 2014
  • VFF Merkblatt ES.04 „Sommerlicher Wärmeschutz“, 2013-01
  • EN 12464, Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von Arbeitsstätten – Teil 2: Arbeitsplätze im Freien; 2007-02
  • DIN 5034, Tageslicht in Innenräumen – Teil 6: Vereinfachte Bestimmung zweckmäßiger Abmessungen von Oberlichtöffnungen in Dachflächen, 2007-02
  • DIN 5035, Beleuchtung mit künstlichem Licht – Teil 6: Messung und Bewertung, 2006-11
  • EN 14500, Abschlüsse – Thermischer und visueller Komfort – Prüf- und Berechnungsverfahren; 2008-08

Mehr über das Funktionsprinzip von Wärmebild-Kameras, Anbieter, Literaturtipps, Normen und Linkhinweise zur Bauthermografie unter:  DABonline.de/tag/Bauthermografie

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