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[ Glosse ]

Virtuelle Nicht-Architekten

Klaut die Elektronik-Branche unsere Berufsbezeichnung?

Text: Roland Stimpel

Das Bundeskriminalamt suchte neulich eine Chefarchitektin, notfalls einen Chefarchitekten. Sie oder er soll ein „Architekturteam“ leiten, „Architektur-Management“ betreiben und ein „Architekturboard“ betreuen. Es ging nicht um Baukultur für die BKA-Zentrale, auch nicht um das, was man dort als „Sicherheits-Architektur“ bezeichnet: Polizei- und Militärstrukturen zum Schutze des Volks. Es ging nur um die amtseigene Informationstechnik.

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Nicht nur beim BKA lieben die Computerfreaks unseren Titel – in der Branche gibt es mehr IT- und Hardware-Architekten, System-Architekten und Web-Architekten als Bits und Bytes. Am wildesten treibt es ein Anbieter, der nach eigenen Worten ein „Software-Architekturbüro“ besitzt, welches „Bauaufsicht für Ihre Softwareprojekte“ anbietet sowie „Architekturanalyse, um die Qualität Ihrer Softwaresysteme und -landschaften zu sichern“ – auch noch elektronische Landschaftsarchitektur. Dürfen die das? Klar ist: Software-Menschen dürfen sich nicht Architekten nennen und Planungsleistungen anbieten. Solange sie aber nur IT machen und nicht in unser Werk pfuschen, dürfen sie.

Sollen wir uns jetzt ärgern? Freuen wir uns lieber, dass unser Beruf für andere ein Ehrentitel ist. Nicht nur für Elektroniker, auch in der Politik. Wolfgang Schäuble steht seit 1990 als „Architekt der Einheit“ im Geschichtsbuch, Egon Bahr seit 1970 als „Architekt der Ostverträge“. Aber wer es speziell den Software-Leuten nicht gönnen mag, möge Hoffnung bei Ilker Cetinkaya schöpfen, einem Berater von IT-Unternehmen: „Der Software-Architekt hat ausgedient. Für ihn gibt es keine Zukunft.“ Cetinkaya schimpft wie ein Futurist von 1913 über die Hofbaumeister Kaiser Wilhelms. Für ihn ist der Software-Architekt „der Anti-Modernist und der Anti-Avantgardist in Reinkultur“, ein „verstaubtes Relikt einer nostalgischen Ära“.

Wiederholt sich die Geschichte unseres Berufs nach 100 Jahren in der IT-Branche? Werden auch da alte Architekten verdrängt von genialen Neo-Nerds wie Gropius, Mies van der Rohe und Le Corbusier? Das wäre schön, denn mit solchen Leuten haben wir kein Titelproblem. Wir halten die drei in Ehren, auch wenn keiner von ihnen ein Architekturstudium vollendet hat.

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