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[ Recht ]

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Bei sogenannten Stufenverträgen ist jeweils die HOAI-Fassung anzuwenden, die bei Vereinbarung des Einzelvertrags gilt. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden

Text: Erik Budiner

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) hat Auswirkungen auf viele Architektenverträge, die stufenweise abgeschlossen worden sind. Es handelt sich um Fälle, bei denen im Ausgangsvertrag nicht sämtliche Leistungen verbindlich beauftragt wurden, sondern lediglich die Beauftragung mit den weiteren Stufen beabsichtigt ist. Das Urteil betrifft solche Stufenverträge immer dann, wenn ein Teil der Verträge vor und ein anderer nach Inkrafttreten der beiden jüngsten HOAI-Novellen abgeschlossen wurde, also vor und nach dem 18. August 2009 und dem 17. Juli 2013. Für solche Fälle hat der BGH entschieden, dass für jeden Einzelvertrag die jeweils aktuelle Fassung der HOAI anzuwenden ist, die bei der Beauftragung einer bestimmten Leistung galt (Urteil vom 18.12.2014 – VII ZR 350/13).

Bei der Novellierung der HOAI im Jahr 2009 hatte die Bundesregierung eine Übergangsregelung in § 55 erlassen: Ob die neue oder die vorige Fassung der HOAI gelte, hänge vom tatsächlichen Zeitpunkt der Beauftragung ab. Mit Hinweis darauf verweigerten öffentliche Auftraggeber die Anwendung der HOAI 2009 für nach dem 18. August 2009 abgerufenen Vertragsstufen. Ein Architekt, der sich damit nicht abfinden wollte, klagte das Honorar auf Basis der Fassung 2009 für Leistungen ein, die ihm nach dem Inkrafttreten der HOAI 2009 in Auftrag gegeben worden waren. Die Instanzgerichte (Landgericht und Oberlandesgericht Koblenz) gaben dem Architekten recht. Der Bund als betroffener Auftraggeber legte Revision zum Bundesgerichtshof ein. Dieser hat in bemerkenswerter Klarheit die Rechtsauffassung des Architekten bestätigt.

Der BGH hat endgültig entschieden, dass bei sogenannten Stufenverträgen ausschließlich das Datum der weiteren Beauftragung („Abruf“) dafür maßgeblich ist, welche HOAI-Fassung jeweils anzuwenden ist. Er hat damit der Meinung von öffentlichen Auftraggebern und einigen Kommentatoren eine klare Absage erteilt, wonach die entscheidenden Honorarvereinbarungen bereits mit dem Abschluss des Grundvertrags verbindlich getroffen sei und auch für noch gar nicht beauftragte Leistungen gelten sollten.

Zur Auslegung der Übergangsregelung in § 55 HOAI 2009 führt der BGH aus: „Die Überleitungsvorschrift knüpft an die vertragliche Vereinbarung der Leistungen und damit letztlich – wie § 103 Abs. 2 HOAI a.F. – an den Abschluss des Vertrages über die Leistungen an. Entscheidend ist danach allein der Zeitpunkt der Beauftragung der Leistungen und nicht der Zeitpunkt einer vorab getroffenen Honorarvereinbarung für später beauftragte Leistungen. Auch wenn die Parteien eine für den Fall der späteren Beauftragung schon konkrete Festlegungen zu den beabsichtigten Leistungen und zum hierfür geschuldeten Honorar getroffen haben, kommt es nicht auf den Zeitpunkt des Ausgangsvertrages an, sondern darauf, wann der Vertrag über die weiteren Leistungen letztlich geschlossen wird.“

Weiter stellt der BGH fest: „Wenn der Verordnungsgeber nach Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Tafelwerte zur Erreichung dieses Ziels (gemeint ist hier die Verhinderung eines ruinösen Preiswettbewerbs, Anm. d. Verf.) angehoben werden müssen, ist es nicht sinn- und zweckwidrig, das neue Preisrecht für alle nach Inkrafttreten geschlossenen Verträge umzusetzen.“

Klarer kann eine Rechtslage nicht beschrieben und begründet werden. Die Besonderheit dieses Urteils liegt überdies darin, dass die Feststellung auch direkt für den Umstieg von HOAI 2009 auf HOAI 2013 angewandt werden müssen, wenn Stufenverträge mit entsprechenden Regelungen abgeschlossen worden sind, denn die Übergangsregelung der HOAI 2013 (§ 55) ist wortgleich mit der Vorgängerversion. Beim Wechsel auf die HOAI 2013 hat diese Thematik eine viel größere Relevanz und Auswirkung als 2009. Denn einen Kern der Novelle bildet neben den stark veränderten Leistungsbildern die Neufassung der Honorartabellen mit höheren Sätzen als zuvor, woran auch die Auftragnehmer von Stufenverträgen teilhaben wollen. Sie stießen dabei auf die entschiedene Weigerung der öffentlichen Auftraggeber, die sich ihrerseits auf einen Einführungserlass des damaligen Bundes-Bauministeriums beriefen. Dieser enthält eine Auffassung zur HOAI-Anwendung, der nun der BGH widersprochen hat. Auch der Bund wird seine Meinung revidieren und sowohl die Vorgaben zur HOAI-Anwendung wie auch seine Vertragswerke ändern müssen. Das gilt natürlich für alle Verträge, die eine stufenweise Beauftragung vorsehen, insbesondere die Vertragsmuster der Länder und Kommunen, der Kirchen und sonstiger professioneller Auftraggeber.

Für viele Auftraggeber und Auftragnehmer, die eine Entscheidung über die vorhandene Problematik bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes aufgeschoben haben, besteht nun akuter Handlungsbedarf, beginnend mit der Prüfung, ob die Vertragsbestimmung, über die der BGH entschied, jener entspricht, die sich im eigenen Stufenvertrag findet.

Abzuwarten bleibt, wie sich die Tragweite dieses Urteils auf die berufliche Praxis auswirken wird. Hervorgehoben seien an dieser Stelle nochmals der Mut und das Durchhaltevermögen des klagenden Architekten, der seine vom BGH bestätigte Rechtsauffassung gegen einen scheinbar übermächtigen Auftraggeber durchgesetzt hat. Üblicherweise regiert hier die Maxime, dass man einen öffentlichen Auftraggeber schon deshalb nicht verklagen sollte, weil ansonsten die Folgeaufträge ausbleiben.

Hinsichtlich der tatsächlichen Neuberechnung des Honorars hat der BGH die Sache an das Oberlandesgericht Koblenz zurückverwiesen und diesem bemerkenswerte Hinweise mitgegeben. Dieser Teil der Entscheidung wird Gegenstand eines weiteren Artikels sein.

Erik Budiner ist Rechtsanwalt in München

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