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Gescheit nach Bescheid

Ein Bauvorbescheid kann vor Meinungsumschwüngen des Bauamtes, Nachbar-Anfechtungen und nachträglichen Änderungen der Sach- und Rechtslage schützen.

29.05.20156 Min. Kommentar schreiben

Text: Jan Dohren

Alle deutschen Landesbauordnungen kennen das Instrument des Bauvorbescheids. Hier besteht mitunter die Möglichkeit, einzelne Fragen zu klären, bevor umfangreiche Planungsleistungen in Auftrag gegeben werden. Auf diese Weise können hohe Kosten vermieden werden, auf denen der Bauherr sitzen bleibt, wenn er sich gleich mit dem Antrag auf Vollgenehmigung an die Behörde wendet. Ein positiv beschiedener Bauvorbescheid schützt in den von ihm behandelten Punkten nicht nur vor vergeblichen Investitions- und Planungskosten, sondern auch vor Einwendungen des Nachbarn und vor nachträglichen Veränderungen der Sach- und Rechtslage. Außerdem steigert ein positiver Vorbescheid den Verkehrswert eines unbebauten Grundstücks mitunter erheblich.

Der Bauherr kann per Bescheid zum Beispiel Fragen wie die nach der überbaubaren Grundstücksfläche oder der Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans klären und sich verbindlich mitteilen lassen, ob kritische Punkte seines Bauvorhabens der Genehmigung entgegenstehen werden oder nicht. Hat die Baubehörde in einem bestimmten Punkt im Vorbescheidsverfahren einmal grünes Licht gegeben, kann sie insoweit im späteren Genehmigungsverfahren nicht mehr umschwenken und muss sich an ihrer Entscheidung festhalten lassen.

Wird ein Bauvorbescheid dem Nachbarn zugestellt und ihm gegenüber nach Ablauf der grundsätzlich einmonatigen Widerspruchsfrist bestandskräftig, entfaltet der Bauvorbescheid auch im Hinblick auf einen späteren, gegen die Baugenehmigung gerichteten Nachbarwiderspruch Bindungswirkung. Wertvoll ist ein Vorbescheid, laut dem eine Verletzung von Nachbarvorschriften mit dem Bauvorhaben nicht verbunden ist. Dann kann der Nachbar einer später erteilten Baugenehmigung nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg widersprechen, jedenfalls im Hinblick auf solche Fragen, die zu seinem Nachteil bereits im Vorbescheidsverfahren geklärt worden waren. Anders ist dies, wenn der Nachbar von Inhalt und Ausgang dieses Verfahrens keine Kenntnis hatte. In diesem Fall kann er für die Begründung seines Widerspruchs weiterhin aus dem Vollen schöpfen. In Bundesländern, in denen das Widerspruchsverfahren im Baurecht abgeschafft ist (etwa Bayern), wird ein Bauvorbescheid gegenüber dem Nachbarn bestandskräftig, wenn dieser trotz seiner Beteiligung am Vorbescheidsverfahren nicht innerhalb der Klagefrist gegen den positiven Vorbescheid geklagt hat.

Durch den Vorbescheid wird der Bauherr auch vor nachträglichen Veränderungen der Sach- und Rechtslage geschützt. Beantwortet der Vorbescheid zum Beispiel eine Einzelfrage nach der Zulässigkeit einer offenen Bauweise positiv, sieht ein im Anschluss beschlossener Bebauungsplan dann aber geschlossene Bauweise vor, bleibt es für den Inhaber eines positiven Vorbescheids bei der Zulässigkeit der offenen Bauweise. Das gilt auch dann, wenn die Gemeinde zur Absicherung der neuen Planung eine Veränderungssperre beschließt.

Verfahrensfrei – bescheidlos

Im Falle verfahrensfreier Vorhaben besteht die Möglichkeit der Bauvoranfrage in der Regel nicht. Und für Vorhaben, die einem vereinfachten Genehmigungsverfahren unterliegen, beschränken sich die Fragemöglichkeiten auf die Gesichtspunkte, die die Behörde auch im Genehmigungsverfahren in Betracht ziehen würde. Auch in diesen Fällen kann der Architekt versuchen, einen Bauvorbescheid zu einzelnen Fragen zu erhalten. Er muss aber damit rechnen, dass die Bauaufsichtsbehörde die Bauvoranfrage als unzulässig bezeichnet.

Die interessierenden Fragen sollten der Bauherr oder sein Architekt von Anfang an so bestimmt und konkret wie möglich formulieren. Eine einfache Fragestellung mit umfassender Prüfwirkung könnte zum Beispiel sein: „Fügt sich das in den Plänen dargestellte Bauvorhaben nach Art und Maß in die vorhandene Baustruktur ein?“ Steht ein Ansinnen nicht explizit in der Voranfrage, dann muss die Bauaufsichtsbehörde diese Anfrage auslegen, also den tatsächlichen Wille des Antragstellers erforschen. Denkbar ist etwa, dass ein Bauherr nicht ausdrücklich nach der Zulässigkeit eines Bürobaus auf einem Grundstück fragt, dieses Thema aber aus dem Inhalt eines an die Behörde gerichteten Schreibens indirekt hervorgeht. Dann ist die Behörde in der Regel verpflichtet, die Frage zu beantworten, auf deren Beantwortung es dem Bauherrn nach dem Inhalt des Schreibens erkennbar ankommt. Allerdings kann man sich nicht darauf verlassen, dass die Behörde dies auch tatsächlich tut.

Wirkung des Bauvorbescheids

Der Bauvorbescheid zeichnet sich, wie eingangs dargestellt, im positiven Fall durch eine wertvolle Eigenschaft aus: Verlässlichkeit. Hat die Behörde etwa die Frage, ob eine im Bebauungsplan festgesetzte Grundflächenzahl um 0,2 überschritten werden darf, mit Ja beantwortet, muss sie sich daran festhalten lassen. Anders im negativen Fall: Hat die ­Behörde Nein gesagt, kann der Bauherr die Frage später erneut stellen. Eine günstigere Antwort dürfte er freilich nur im Falle einer Änderung der Sach- oder Rechtslage bekommen.

Der Umfang der Bindungswirkung des Bauvorbescheids ergibt sich aus den gestellten Fragen und den Antworten darauf. Ein Antragsteller kann zum Beispiel nur die Frage stellen, ob auf einem Grundstück die Nutzung „Tankstelle“ bauplanungsrechtlich zulässig ist. Beantwortet die Bauaufsichtsbehörde diese Frage mit Ja, weil es sich nach ihrer Ansicht bei dem Vorhabengrundstück um einen Teil eines faktischen Mischgebiets handelt, beschränkt sich die Bindungswirkung auf diese grundsätzliche Bejahung der nachgefragten Nutzungsart. Über die Genehmigungsfähigkeit der Einzelheiten des Vorhabens ist damit noch nichts gesagt. Je umfangreicher die Bindungswirkung des Bauvorbescheids sein soll, desto detaillierter sollte also auch der Fragenkatalog ausfallen, der der Behörde zur Beantwortung vorgelegt wird. Achtung: Ein einmal erteilter Vorbescheid erlischt nach einer bestimmten Zeit – üblicherweise nach zwei (zum Beispiel § 73 Abs. 2 der Hamburgischen Bauordnung), teils auch nach drei Jahren (zum Beispiel § 71 Satz 2 der Bayerischen Bauordnung).

Verfahren und Rechtsschutz

Der Vorbescheidsantrag wird schriftlich bei der Bauaufsichtsbehörde gestellt; die für die Antwort auf die aufgeworfenen Fragen maßgeblichen Bauvorlagen sind beizufügen. Diese müssen auch zu Vorbescheidsanträgen von einem bauvorlagenberechtigten Entwurfsverfasser ­unterschrieben werden. In den Landesbauordnungen gibt es für Bauvorbescheide keine behördlichen Bearbeitungsfristen; aber es gilt der Grundsatz: Länger als drei Monate sollte man nicht auf die Entscheidung warten müssen. Ist dieser Zeitraum überschritten, kann eine Untätigkeitsklage erwogen werden. Fällt der Bauvorbescheid ganz oder teilweise anders aus als erhofft, können Bauherr und Architekt Widerspruch und Anfechtungsklage erheben, wobei das Widerspruchsverfahren in einigen Bundesländern, wie bereits erwähnt, abgeschafft worden ist. Sind nur einzelne Fragen negativ beantwortet worden, lässt sich die Anfechtung hierauf beschränken.

Jan Dohren ist Rechtsanwalt bei Dr. Weiland und Partner in Hamburg.


FACHLICHE REDAKTION DES RECHTSTEILS

Redaktionsgruppe des BAK-Rechtsausschusses: Ass. iur. Sinah Marx (M.A.; Koordinatorin), RA Fabian Blomeyer, RA Dr. Florian Hartmann, RA Dr. Holger Matuschak, RA Markus Prause

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