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[ Gebäudeautomation Wohnen ]

Klare Vorgaben sind gefragt

Was sollte der Architekt in Abstimmung mit dem Bauherrn vorgeben, um ein ganzheitlich optimiertes und bedienbares Gebäude zu erhalten?

Text: Michael Krödel

Falls die Hausbewohner das Gefühl haben, nicht mehr selbst bestimmen zu können, wann die Rollläden öffnen und schließen, das Licht an- und ausgeht oder Räume zur falschen Zeit beheizt werden, dann ist bei der Planung und Ausführung der Gebäudeautomation etwas grundsätzlich schief gelaufen. Ob die Gebäudeautomation am Ende funktioniert, hängt entscheidend davon ab, ob zu Beginn klare Anforderungen festgelegt werden und wer anschließend mit der Planung und Umsetzung beauftragt wird. Zwar erfolgt die korrekte technische Umsetzung durch den Elektriker oder Systemintegrator. Doch Aufgabe des Architekten ist es, die für den Nutzer relevanten Aspekte vorzugeben. Deshalb muss er zu Beginn jeder Planung mit dem Bauherrn klären, was überhaupt automatisiert werden soll. Das scheint so selbstver-ständlich, wird aber in der Regel nur unzureichend durchgeführt.

Den Bedarf ermitteln

Jeder Mensch hat naturgemäß andere Präferenzen. Während der eine Ein-bruchschutz oder Rauchmelder-Überwachung favorisiert, bevorzugt ein anderer mehr Komfort, wie Raumtemperaturregelung, automatisierte Rollläden oder Lichtszenarien. Um die gewünschten Funktionen systematisch so abzufragen, dass der Nutzer sie auch beurteilen kann, wurde ein Fragebogen mit rund 50 Fragen entwickelt, deren Beantwortung keine technischen Kenntnisse der Gebäudetechnik und -automation voraussetzt. Der vollständige Fragebogen umfasst in der aktuellen Version 16 Seiten und ist kostenlos verfügbar. Um zu erfahren, ob eine Funktion auf jeden Fall, nur eventuell gewünscht oder abgelehnt wird, sind differenzierte Antworten möglich. Wichtig ist zudem die Zuordnung der Funktionen zu den einzelnen Räumen.

Auszug aus dem Fragebogen zur Beleuchtung. Zusätzlich könnte in den Textfeldern noch weitere Informationen hinterlegt werden, zum Beispiel Art und Anzahl der Taster für die Beleuchtung (Grafik: Institut für Gebäudetechnologie)
Auszug aus dem Fragebogen zur Beleuchtung. Zusätzlich könnte in den Textfeldern noch weitere Informationen hinterlegt werden, zum Beispiel Art und Anzahl der Taster für die Beleuchtung (Grafik: Institut für Gebäudetechnologie)

 

Auszug aus dem Fragebogen zur Verschattung (Grafik: Institut für Gebäudetechnologie)
Auszug aus dem Fragebogen zur Verschattung (Grafik: Institut für Gebäudetechnologie)

Die Anforderungen in die Planung übertragen

Die Überleitung der Ergebnisse aus dem Fragebogen auf die benötigten Ele-mente erfolgt durch einen versierten Elektroplaner oder Systemintegrator. Der vollständige Prozess ist in der IGT-Richtlinie 02: „Planung von Smartho-me-Systemen“ dargestellt. Da dieser Teil üblicherweise nicht durch den Architekten erfolgt, wird das Prozedere hier nicht detailliert beschrieben. Wichtig für Architekten ist allerdings, dass Elektroplaner oder Systemintegratoren ihre Planung und vor allem die Aus-wirkungen auf den Nutzer mit ihm abstimmen. Ebenso sind Art, Anzahl und Position der Sensoren und Aktoren gemeinsam festzulegen. Auch sollte ein versierter Elektroplaner oder Systemintegrator unterschiedliche Technologien kennen und darstellen können und die für das konkrete Objekt gewählte Technologie begründen können.

Um für ein konkretes Projekt entscheiden zu können, welche Technologie beziehungsweise welches System in Frage kommt, muss man wissen, für welches Anwendungsgebiet diese geschaffen wurden und welche Funktionen sie leisten können. Dazu ist zunächst in die Teilgebiete Raumautomation und Anlagenautomation zu unterscheiden. Beide Teilgebiete sollten im Sinne einer ganzheitlich optimierten Automation miteinander kommunizieren können. Für die folgenden Betrachtungen müssen wir aber das Gesamtgebiet der Gebäudeautomation in genau diese beiden Teilgebiete gliedern.

Übersicht zu Systemen und Funktionalitäten (Grafik: Institut für Gebäudetechnologie)
Übersicht zu Systemen und Funktionalitäten (Grafik: Institut für Gebäudetechnologie)

Anlagenautomation: Technologien und Systeme

Im Bereich der Anlagenautomation, also dem automatisierten Betrieb von Heizungs-, Lüftungs- oder Klimaanlagen, stehen zunächst sogenannte integrierte Regelungen zur Verfügung. Diese sind üblicherweise Teil einer Anlage und verfügen über kleine Displays mit eigenen Tasten. Diese integrierten Regelungen übernehmen den Betrieb der jeweiligen Anlage. Zu jedem modernen Heizkessel und zu jeder modernen Lüftungsanlage wird heutzutage üblicherweise vom Hersteller eine dazu passende integrierte Regelung mit angeboten. Dadurch, dass diese Regelungen auf genau die dazugehörige Anlage ausgelegt sind, gewährleisten diese eine gewisse Funktionalität. Weit funktionaler sind hingegen DDC-Controller (Direct Digital Control). So werden die zentralen Controller der professionellen Gebäudeautomation be-zeichnet. Ein DDC-Controller ist ein kleiner Mini-Computer, der meist in einem Schaltschrank montiert und an die im Gebäude platzierten Sensoren und Aktoren angeschlossen ist. Um die Signale von den Sensoren zu verar-beiten und die Aktoren korrekt anzusteuern, läuft auf der DDC wiederum eine Software mit gebäudespezifischen Funktionen. DDC-Controller haben den Vorteil, dass diese mehrere Anlagen gleichzeitig betreiben können und somit einen abgestimmten Betrieb mehrerer Anlagen gewährleisten. Die vielen einzelnen Anlagenkomponenten wie Heizungs-, Lüftungs- und Klima-anlage werden dadurch in ein harmonisches Gesamtgebilde überführt. Eine solche Lösung ist deutlich funktionaler wie die zuvor erwähnten integrierten Regelungen.

An einen zentralen Controller werden die Sensoren und Aktoren direkt angeschlossen. Inzwischen unterstützen aber fast alle Controller auch kabel- und funkbasierte Bussysteme, also unter anderem auch KNX und EnOcean. Durch die hohe Funktionalität können oft einfachere und damit günstigere Sensoren und Aktoren verwendet werden, was einen Preisvorteil mit sich bringen kann. Zum anderen ermöglicht ein Controller meist umfangreichere Funktionen sowie Visualisierung. Das Angebot an Controllern ist dabei schon jetzt sehr hoch und nimmt stetig zu. Neben dem Preis sollten auf die Art und Anzahl der Schnittstellen, die möglichen Funktionen (frei programmierbar oder „nur“ vordefinierte Funktionen) sowie die Art und damit der verbundene Aufwand für die Programmierung geachtet werden.

Zentrale Gebäudeautomation mit Nutzungsmöglichkeit von Bussystemen und Funk (Grafik: Institut für Gebäudetechnologie)
Zentrale Gebäudeautomation mit Nutzungsmöglichkeit von Bussystemen und Funk (Grafik: Institut für Gebäudetechnologie)

Raumautomation: Technologien und Systeme

Auch in der Raumautomation, also der Automation von Raumheizung, Beleuchtung, Verschattung und so weiter, gibt es Abstufungen in Bezug auf die Funktionalität. Zunächst sind die vielen Smarthome-Lösungen zu nennen, wie sie inzwischen zu Haufe auf dem freien Markt angeboten werden. Bei genauerem Hinsehen wird man eine sehr große Bandbreite an Funktionalität entdecken. Viele Systeme sind sehr einfach und wenig funktional während andere das ganze Spektrum an Raumautomationsfunktionen abdecken. Deshalb ist in Abbildung 3 der Kasten für die Smarthome-Systeme von ganz unten bis deutlich über den Mittelstrich aufgetragen.

Für die Raumautomation sind Bussysteme verbreitet und akzeptiert. Die Kommunikation zwischen Sensoren und Aktoren erfolgt über ein Bus-Kabel, welches zusätzlich zu anderen Kabeln im Gebäude zu verlegen ist. Dabei ist der Verkabelungsaufwand nicht unerheblich und insbesondere bei Nachrüstungen in Bestandsgebäuden oft nicht durchführbar. Abhilfe können funkbasierte Technologien schaffen. Besonders interessant ist die Kombination aus beidem. Hierbei werden funk- und busbasierte Systeme über Gateways ve-bunden. So lässt sich ein Bussystem auch dann flexibel erweitern, wenn Elemente wie Sensoren an Stellen benötigt werden, zu denen eine Kabelführung nicht oder nur schwer möglich ist.

Dezentrale Gebäudeautomation – oder BUS-System oder über Funk (Grafik: Institut für Gebäudetechnologie)
Dezentrale Gebäudeautomation – oder BUS-System oder über Funk (Grafik: Institut für Gebäudetechnologie)

Ein weit verbreitetes und etabliertes Bussystem ist KNX, das sich aufgrund seiner breiten Funktionalität auch für anspruchsvolle Projekte eignet. Aber auch LON oder LCN kommen dafür in Frage. Während KNX seine historischen Wurzeln in Europa hat, wurde LON in den USA entwickelt und ist inzwischen auch in Europa verbreitet. Gegenüber KNX ist die Umsetzung von LON-Projekten komplexer, bietet aber andererseits eine höhere Funktionalität. Auch sind im Anlagenbereich hier und da LON-Schnittstellen verfügbar, so dass in Abbildung 3 der Kasten für LON etwas in den Anlagenautomationsbereich hineinreicht. Die höchste Flexibilität lässt sich allerdings über (frei pro-grammierbare) DDC-Controller erreichen. Damit diese im Raum eingesetzt werden können, müssen sie aber sogenannte Feldbussysteme unterstützen. Das ist nichts anderes als die Anbindung von Sensoren und Aktoren über ein Bussystem, denn immerhin käme die Anbindung von jedem Sensor und Aktor über ein jeweils eigenes Kabel für den Einsatz in Räumen nicht in Be-tracht (es kämen mehr Kabel und größere Leitungslängen zusammen, wie man sinnvollerweise in den Räumen verlegen könnte).

Die höchste Funktionalität ist somit immer mit einem DDC-System zu errei-chen. Es ist aber falsch daraus zu schlussfolgern, dass ein DDC-Controller immer die richtige Lösung ist. Es kommt darauf an, wie hoch der Anspruch an die Automation ist. Deshalb ist in Abbildung 3 ein Querstrich auf halber Höhe eingeführt, der in Wohngebäude und Nichtwohngebäude unterteilt. Wohngebäude befinden sich in der unteren Hälfte. Selbst in Mehrparteienhäusern halten sich die Anforderungen an die Funktionalität in Grenzen. Für Einfamilienhäuser genügen meist die in den Brenner oder die Gastherme integrierten Regelungen und nur bei komplexen Projekten, wie mehrgeschossigen Wohnanlagen, wird man im Keller einen DDC-Controller installieren. Für die Raumautomation im Wohnbereich kommen bevorzugt Smarthome-Systeme oder auch KNX oder LCN in Frage. DDC-Systeme sind hier unüblich und das gilt auch für größere Wohnanlagen, da man zur Tren-nung von nutzerbezogen (und daher vertraulichen) Daten lieber jedem Bewohner ein eigenes System spendiert, als einen zentralen DDC-Controller.

Michael Krödel ist Professor für Gebäudetechnik und -automation an der Hochschule Rosenheim und Leiter des Instituts für Gebäudetechnologie in Ottobrunn bei München.


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