Von Walter Dormagen
Bevor eine Schadstoffuntersuchung beauftragt wird, sollten mehrere Angebote eingeholt werden, um die Preise und Leistungen vergleichen und bewerten zu können. Wichtig ist hierbei, dass die Bewertung nicht ausschließlich auf Basis der Preise erfolgt, sondern auch die Qualität der Leistungen sowie der angegebenen Referenzen mit einfließen. Außerdem sollte im Angebot die Messstelle unbedingt bescheinigen, dass sie neutral agiert und frei von internen oder externen, kommerziellen, finanziellen und sonstigen Zwängen und Einflüssen ist, die sich negativ auf die Ergebnisse sowie die Qualität der Arbeit auswirken könnten.
Um belastbare Ergebnisse von Innenraumuntersuchungen zu erhalten, müssen die beauftragenden Stellen (zum Beispiel Kommunen oder Architekten) schon bei der Planung aber auch bei der Beauftragung, eine Reihe von Anforderungen an die Qualitätsmerkmale der angebotenen Leistungen und durchführenden Stellen richten. So sollten die Bewerber nachweisen, dass sie sowohl über eine Systemzertifizierung entsprechend der Normenreihe DIN EN ISO 9000 ff verfügen, als auch über eine Labor- und Probenahmeakkreditierung nach der DIN EN ISO/IEC 17025. Damit belegt die Prüfstelle den hohen Qualitätsstandard ihrer Arbeiten und dokumentiert unter anderem, dass ihre Mitarbeiter regelmäßige Weiterbildungen absolvieren, ausschließlich geprüfte und geeignete Messgeräten zum Einsatz kommen und sich die Prüfstelle regelmäßig an Ringversuchen zur Qualitätssicherung beteiligt. Zur Absicherung, dass bei den anstehenden Messungen tatsächlich die Probenahme- und Analyseverfahren eingesetzt werden, die im Rahmen der Akkreditierung als geeignet angesehen worden sind, sollten diese explizit im Angebot und später auch im Bericht benannt werden.
In der Praxis treten häufig Probleme hinsichtlich des Messequipments auf. Wenn Gutachter preisgünstig durchzuführende, aber keine anerkannten Verfahren und nicht geeignete oder kalibrierte Probenahmegeräte einsetzen, halten die Ergebnisse einer späteren, versierten Prüfung mit anerkannten Verfahren nicht stand. Überhaupt sollten nur solche Verfahren eingesetzt werden, für die auch Bewertungskriterien existieren. Denn es macht keinen Sinn, Geld in Untersuchungen zu investieren, deren Ergebnisse nicht mit Grenz-, Richt- oder Leitwerten verglichen und bewertet werden können.
Randbedingungen dokumentieren
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass die bei der Probenahme vorherrschenden Randbedingungen erfasst und im Ergebnisbericht dokumentiert werden. So haben Temperatur, relative Luftfeuchte und Lüftungsverhalten vor und während der Durchführung von Raumluftuntersuchungen einen enormen Einfluss auf die Untersuchungsergebnisse. Sie sind daher mit geeigneten Messgeräten zu erfassen und im Bericht für eine realistische Beurteilung der Ergebnisse zu dokumentieren. Des Weiteren sind bei der Entnahme von Materialproben exakt die Entnahmestelle und die entnommene Menge Probenmaterials zu beschreiben. Bei umfangreicheren Schadstoffuntersuchungen, die möglicherweise auch für eine anstehende Sanierung die erforderlichen Informationen liefern soll, sollte der Auftraggeber eine Plan- und eine Fotodokumentation verlangen. Sinnvoll kann auch sein, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer vorgibt, dass dieser die Anforderungen der VDI/GVSS 6202 Blatt 1 „Schadstoffbelastete bauliche und technische Anlagen“ [4]zu berücksichtigen hat und explizit ein Schadstoffkataster sowie einen Schadstoffkatasterplan nach dieser Vorschrift zu erstellen hat.
Messprogramm und Ablauf definieren
Zwischen Abstimmungsgespräch und Durchführung von Innenraumuntersuchungen muss ein aufgabenorientierter Untersuchungsplan gemäß VDI 4300 Blatt 1 [5] erstellt werden. Ein erfahrener Gutachter wird dabei dem Auftraggeber solche Untersuchungen vorschlagen, die zum Beispiel berücksichtigen, ob gesundheitliche Probleme bei Mitarbeitern vorliegen, ob geruchliche Auffälligkeiten vorhanden sind oder ob eine orientierende Messung gemacht werden soll. Dazu gehört die Empfehlung, wie man die Lüftungssituation in den zu untersuchenden Räumen vor und während der Messungen gestalten sollte. Sollen die Bedingungen ermittelt werden, die auch bei ungünstigen Bedingungen vorherrschen können, ist es sinnvoll, den oder die Räume etwa 15 Minuten intensiv zu lüften, anschließend zu verschließen und nach acht Stunden die Raumluftmessungen durchzuführen [1;2]. Will man die Schadstoffkonzentrationen während der Nutzung ermitteln, dann sollte der Raum drei bis zehn Minuten intensiv gelüftet und anschließend eine Stunde geschlossen bleiben. Zunächst sollten dann die Messung der flüchtigen organischen Verbindungen und direkt anschließend die Aldehydmessung durchgeführt werden [3].
Da der Auftraggeber die Prüfergebnisse in der Regel nicht bewerten kann, sollte zur Interpretation der Ergebnisse ein erfahrener und qualifizierter Gutachter herangezogen werden. Meist ist auch nur er in der Lage, bei auffälligen Befunden die dafür verantwortlichen Schadstoffquellen zu finden und Maßnahmen zu empfehlen, die die Situation verbessern.
An den Auftragswert denken
Um eine Schadstoffuntersuchung erfolgreich durchzuführen, sind nicht zuletzt die Regeln der Ausschreibung und Vergabe wichtig. Dabei sind im öffentlichen Bereich bei Überschreitung sogenannter EU-Schwellenwerte die europäischen Wettbewerbsregeln zu berücksichtigen. Unterhalb der EU-Schwellenwerte regeln Verweise der Bundeshaushaltsordnung sowie landesrechtliche Vorschriften die Vergabeverfahren.
Seit dem 01.01.2018 gelten für Bauleistungen nach EU-Recht Schwellenwerte von 5.548.000 Euro netto. Für Liefer- und Dienstleistungsaufträge, die von oberen oder obersten Bundesbehörden ausgeschrieben werden gelten 144.000 Euro netto und für sonstige öffentliche Auftraggeber 221.000 Euro als Schwellenwert. Unterhalb der EU-Schwellenwerte kommen landesrechtlichen Vorschriften zum Tragen. Danach greift zum Beispiel in NRW seit dem 09.06.2018 die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO). Danach sind für Landesbehörden im Liefer- und Dienstleistungsbereich bis 50.000 Euro netto eine beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb und bis 25.000 Euro netto eine Verhandlungsvergabe ohne weitere Begründung zulässig.
Dr. Walter Dormagen ist Leiter des Geschäftsfeldes Gefahrstoffe, Mikrobiologie und Hygiene bei der TÜV Rheinland Energy GmbH in Köln.
Mehr Informationen
[1] DIN EN ISO 16000 Reihe: Innenraumverunreinigungen. Berlin: Beuth.
[2] VDI 4300 Reihe: Messen von Innenraumluftverunreinigungen. Berlin: Beuth
[3] Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft; Empfehlung zur Ermittlung und Beurteilung chemischer Verunreinigungen der Luft von Innenraumarbeitsplätzen; 74 (2014) Nr. 9
[4] VDI/GVSS 6202 Blatt 1: Schadstoffbelastete bauliche und technische Anlagen – Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten
[5] VDI 4300 Blatt 1 „Messen von Innenraumluftverunreinigungen – Allgemeine Aspekte der Messstrategie“
[6] DIHK, Amtliches Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen für den Liefer- und Dienstleistungsbereich: www.pq-vol.de
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