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[ Recht ]

Das Recht am digitalen Plan

Bauherren haben bisher oft keinen Anspruch auf digitale Planungs­unterlagen. Das Thema sollte aber möglichst im Architektenvertrag ­geregelt werden

Text: Sven Kerkhoff

Immer wieder kommt es zum Streit darüber, ob der Architekt Pläne in digitaler Form und gegebenenfalls gar in weiterverarbeitbaren Dateiformaten an den Bauherrn zu übergeben hat. Solche Auseinandersetzungen sind nicht ohne Risiko, da es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlt und oftmals keine klaren Vereinbarungen im Architektenvertrag enthalten sind. In diesen Fällen dürfte in der Regel der Architekt seinen Vertragspflichten genügen, wenn er die Pläne auf Papier oder im pdf-Format übergibt.

Der Auftrag des Architekten ist erfolgsbezogen: Er schuldet in erster Linie eine genehmigungsfähige und umsetzbare Planung. Die Wahl der Mittel bleibt dabei ihm überlassen. Sofern der Architektenvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vorsieht oder sich aus der Natur des Auftrags etwas anderes ergibt, steht es dem Architekten deshalb frei, ob er seine Pläne auf Papier oder am Computer fertigt (vgl. Quadbeck, BauRB 2004, 57). Außerdem benötigt weder jeder Bauherr Pläne in digitaler Form, noch fertigen alle Architekten ihre Pläne digital, so dass dies derzeit nicht als „üblich“ im Sinn von § 633 Abs. 2 des bürgerlichen GEsetzbuchs (BGB) eingestuft werden kann. Es tritt hinzu, dass zumindest die Genehmigungsplanung im Bauantragsverfahren bislang regelmäßig in Papierform vorzulegen ist, so dass schon aus diesem Grunde nicht angenommen werden kann, die papierlose Planung sei durchweg „state of the art“.

Der ohnehin primär preisrechtlich zu verstehenden HOAI lassen sich ebenfalls keinerlei Hinweise darauf entnehmen, dass eine Planung in digitaler Form geschuldet würde, denn der dort verwandte Begriff der „zeichnerischen Darstellung“ ist in dieser Hinsicht offen. Deshalb kann der Architekt beispielsweise in Leistungsphase 3 seine Arbeitsergebnisse den anderen Baubeteiligten durchaus wahlweise auf Papier oder in Gestalt von EDV-Dateien zur Verfügung stellen (vgl. Haack/Heinlein, in: Messerschmidt/Niemöller/Preussner, Rz. 75 zu § 34; OLG Hamburg, Urteil vom 19.12.2008 – 12 U 16/06). Auch die honorarmäßige Bewertung der Leistungsphase 3 (15 Prozent) im Vergleich zur Leistungsphase 5 (25 Prozent) deutet darauf hin, dass der Verordnungsgeber eher einen klassischen Planungsverlauf vor Augen hatte als eine CAD-Planung, bei welcher sich der Arbeitsschwerpunkt in die Leistungsphase 3 verschiebt und daraus später viele Details der Ausführungsplanung vergleichsweise leicht abzuleiten sind. Es gibt mithin keine allgemein anerkannte Regel der Technik, die fordert, dass eine CAD-Planung stattfinden muss, und dass Planungsunterlagen stets (auch) in digitaler Form zu erstellen wären. Diese Form ist zwar heute weit verbreitet, doch das schließt Papier als vertragsgemäßes Format nicht aus (vgl. Digel/Jacobsen, BauR 2015, 1405, 1408).

Und auch wenn der Architekt in digitaler Form geplant hat, ist er nach Abschluss des Bauvorhabens ohne besondere vertragliche Verpflichtung nicht gehalten, dem Bauherrn seine Planungsunterlagen in digitaler oder gar in weiterverarbeitbaren Dateiformaten zur Verfügung zu stellen. Bauherren versuchen sich hier zwar auf den Herausgabeanspruch aus § 631 BGB zu berufen, der in der systematischen Zusammenstellung der Dokumentation in Leistungsphase 8 seine preisrechtliche Entsprechung findet. Doch dieser Anspruch zielt allein auf die Unterlagen, die der Bauherr für eine ordnungsgemäße Nutzung des Objekts benötigt und auf die er angewiesen ist, um über den Aufbau und Verlauf wichtiger Konstruktionen im Bilde zu sein. Diesem Informationsbedürfnis kann durch Aushändigung der Unterlagen in Papierform ebenso Rechnung getragen werden wie durch Übermittlung elektronischer Dateien im pdf-Format. Will dagegen der Bauherr spezielle Dateiformate, um sie zum Beispiel für sein Facility-Management zu nutzen, so ist dies als Besondere Leistung anzusehen, die nicht automatisch vom Architekten geschuldet wird. Ihre Erbringung löst eine separate Vergütungspflicht aus (vgl. Haack/Heinlein, a.a.O., Rz. 217f. zu § 34; Meurer, in: Morlock/Meurer: Die HOAI in der Praxis, 9. Aufl., Rz. 1503; a.A. Werner, in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., Rz. 1072). Der Bauherr kann die Herausgabe der Planungsunterlagen auch verlangen, wenn die Zusammenarbeit mit dem Architekten vor Abschluss der Leistungsphase 8 endet – egal, ob nur vorangehende Leistungsphasen beauftragt wurden oder ob der Vertrag gekündigt wurde. Wenn es sich um urheberrechtsfähige Pläne handelt, besteht ein Herausgabeanspruch zumindest dann, wenn der Bauherr das Nutzungsrecht erworben hat (zu den Einzelheiten vgl. Binder/Messer, Urheberrecht für Architekten und Ingenieure, 2. Aufl., Rz. 364ff.).

Für die Form, in der die Planungen in einem solchen Fall herauszugeben sind, gilt: Hat der Architekt ausschließlich auf Papier gearbeitet, kann der Bauherr auch nur Plankopien als Mutterpausen in Papierform verlangen. Herauszugeben ist nämlich nur das, was bisher im Rahmen ordnungsgemäßer Vertragserfüllung erarbeitet wurde (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2010 – X ZR 122/07). Bei rein papiermäßiger Planung, die aus den eingangs genannten Gründen möglich und zulässig ist, sind deshalb sogenannte Mutterpausen zu übergeben (vgl. OLG Hamm BauR 2000, 295; OLG Köln NJW-RR 1998, 1097). Aber auch wenn zunächst eine CAD-Planung erstellt worden sein sollte, kann der Architekt sich mit der Aushändigung von Ausdrucken oder der Übermittlung von pdf-Dateien begnügen (so auch Digel/Jacobsen, a.a.O, 1413; Quadbeck, a.a.O, 58)

Dagegen muss er diese Planungen nicht in weiterverarbeitbarer Form, also in offenen Dateiformaten wie .dxf oder .dwg, übergeben – das würde für ihn erhebliche Risiken bergen: Solche Plandateien lassen sich, anders als klassische Mutterpausen, nicht von den Originaldateien unterscheiden. Dritte könnten sie unbefugt weiterverwenden. Und vor allem könnten etwaige Planungsfehler im Nachhinein nicht mehr sicher den unterschiedlichen Bearbeitern zugeordnet werden.

Die Herausgabe offener Dateiformate ist überdies selbst bei größeren Bauvorhaben nach aktuellem technischem Stand keineswegs zwingend erforderlich, um die Interessen des Bauherrn an einer Fortführung der Planung bzw. Bauausführung zu wahren. Zum einen existiert ohnehin kein einheitliches CAD-Format. Zum anderen lassen sich – anders als zum Zeitpunkt einer vereinzelt gebliebenen, abweichenden Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 06.03.2001 – 23 U 12/01, unveröffentlicht) – mittlerweile auch pdf-Dateien oder Planungen in Papierform mittels gängiger Software, etwa pstoedit oder Print2CAD, in gängige CAD-Formate konvertieren und damit für den Bauherrn nutzbar machen.

Jedoch fehlt es hierzu an höchstrichterlicher Rechtsprechung. Und auch wegen der Tendenz zu digitaler Planung und Zusammenarbeit (Stichwort: BIM) kann nicht prognostiziert werden, wie künftig die Frage der „Üblichkeit“ beantwortet wird. Daher sollte aus Gründen der Rechtssicherheit der Architektenvertrag klar regeln, in welcher Form Planungsunterlagen an den Bauherrn zu übergeben sind. Einen Formulierungsvorschlag hierfür bieten die von den Architektenkammern herausgegebenen Orientierungshilfen zur Erstellung von Architektenverträgen. So heißt es in der aus Nordrhein-Westfalen: „Sofern nichts anderes vereinbart ist, hat der Architekt auf Verlangen des Bauherrn Planungsunterlagen, soweit in digitaler Form erstellt, lediglich in einem nicht veränderbaren Dateiformat (z.B. pdf-Format) herauszugeben.“

Dr. Sven Kerkhoff ist Rechtsreferent bei der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen


WEITERE QUELLEN UND FUNDSTELLEN
finden Sie in der elektronischen Fassung dieses Textes unter DABonline.de/tag/Planunterlagen

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