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[ Recht ]

Geheimniskrämerei statt Besitzerstolz

Was tun, wenn der Bauherr sich gegen die Anfertigung oder Veröffentlichung von Referenzfotos des Gebäudes sträubt?

Text: Sven Kerkhoff

Es ist ein naheliegender Wunsch: Natürlich möchte der Architekt, der ein besonders bemerkenswertes Gebäude entworfen und realisiert hat, dieses potentiellen zukünftigen Auftraggebern als Referenzobjekt präsentieren. Am liebsten im Bild, mit Ansichten von allen Seiten und Fotos, die zudem möglichst auch einen guten Eindruck vom Inneren des Bauwerks vermitteln. Doch bisweilen überwiegt beim betroffenen Bauherrn nicht der Stolz, sondern ein vehement vertretenes Interesse an Wahrung der Privatsphäre. Es ist ein unschönes Ende einer gedeihlichen Vertragsbeziehung, wenn dem Architekten aus diesem Grunde untersagt wird, das Grundstück oder Gebäude zur Fertigung repräsentativer Fotos noch einmal zu betreten, oder wenn gar der Versuch unternommen wird, ihn an der Veröffentlichung von Lichtbildern auf seiner Büro-Homepage zu hindern.

Doch nur wenn der Bauherr sich eine solche Untersagungsbefugnis im Vertrag vorbehalten hat, besitzt er gute Chancen, sich durchzusetzen. Das gilt generell für Außenaufnahmen eines Gebäudes, die von öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen aus gefertigt wurden: Sie können im Rahmen der sogenannten Panoramafreiheit (§ 59 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG)) ohnehin von jedermann veröffentlicht werden. Dem Architekten stehen aber unter Umständen sogar noch wesentlich umfangreichere Rechte zu. Handelt es sich nämlich um eine urheberrechtsfähige Planung und haben die Parteien keine anderweitige vertragliche Vereinbarung getroffen, so ist grundsätzlich der Architekt und nur er allein befugt, Abbildungen des Bauwerks zu veröffentlichen beziehungsweise zu verbreiten, §§ 12, 16 f. UrhG (vgl. Binder/Messer, Urheberrecht für Architekten und Ingenieure, 2. Aufl., Rz. 205). Dies gilt insbesondere für Fotos, die nicht vom öffentlichen Raum, sondern vom Baugrundstück aus aufgenommen wurden.

Voraussetzung ist allerdings, dass der Architekt das Grundstück bei Anfertigung der Bilder berechtigterweise betreten hat. Ein solches Betretungsrecht besteht regelmäßig während der Phase der Bauausführung (vgl. LG Berlin, Urteil vom 3.7.2008 – 27 O 83/08, unveröffentlicht). Doch selbst nach Abschluss der Bauarbeiten muss der Bauherr in der Regel dulden, dass der Architekt das Grundstück und das Gebäude zur Anfertigung von Aufnahmen erneut betritt und diese Aufnahmen anschließend veröffentlicht, § 25 Abs. 1 UrhG (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 27.07.1997 – 12 O 100/79, BauR 1980, 86). Dieses Betretungsrecht kann der Architekt notfalls gerichtlich erzwingen. Es wird auch durch eine vorzeitige Vertragsbeendigung im Falle der Kündigung oder Vertragsaufhebung nicht tangiert. Allerdings muss der Zutritt gerade zu dem Zweck erforderlich und gewünscht sein, um Abbildungen anzufertigen. Das Betretungsrecht kann hingegen nicht mit dem Ziel geltend gemacht werden, zu überprüfen, ob möglicherweise urheberrechtlich bedenkliche Änderungen am oder im Gebäude vorgenommen wurden (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 8.9.2015 – 20 U 75/14, Rz. 81 bei juris).

Bei der Ausübung des Betretungsrechts ist der Architekt verpflichtet, auf die Interessen des Bauherrn Rücksicht zu nehmen: So müssen das Ablichten von Details aus dem persönlichen Leben der Hausbewohner sowie die Wiedergabe von sicherheitsrelevanten Details oder Betriebsgeheimnissen vermieden werden. Letzteres kann insbesondere bei gewerblichen oder öffentlichen Auftraggebern relevant sein. Außerdem ist das Betretungsrecht auf das zeitlich unbedingt Notwendige beschränkt. Die Rechtsprechung erachtet die Anfertigung einer Fotoserie als ausreichend, die allerdings bei Bedarf in mehreren Sessions gefertigt werden darf. Termine sind zwischen den Beteiligten rechtzeitig vorher abzustimmen (vgl. LG Düsseldorf, a.a.O.).

Bei der nachfolgenden Veröffentlichung der Fotos sollten der Name des Bauherrn oder die vollständige Anschrift des Objekts nur genannt werden, wenn der Bauherr sich hiermit einverstanden erklärt hat. Anderenfalls muss der Architekt sich aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes mit einer ungefähren Angabe der Lage, zum Beispiel durch Nennung des Ortes oder Ortsteils, begnügen (vgl. LG Berlin, a.a.O.). Sind auf den Fotos Personen zu erkennen, so dürfen die Lichtbilder wegen des Rechts am eigenen Bild (§ 22 Satz 1 KunstUrhG) zudem nur mit deren ausdrücklichem Einverständnis publiziert werden. Bei der Veröffentlichung von Fotos, die Dritte im Auftrag des Architekten vom Gebäude angefertigt haben, sollte schließlich auch bedacht werden, dass dem Fotografen als Urheber der Lichtbilder seinerseits das Recht zusteht, als solcher namentlich genannt zu werden, § 13 UrhG.

Die für das Betretungs- und Veröffentlichungsrecht entscheidende Vorfrage der Urheberrechtsfähigkeit einer Planung kann allerdings im Einzelfall problematisch sein. Muss sie von einem Gericht geklärt werden, ist der Ausgang oft schwer abzuschätzen. Um derartige Auseinandersetzungen zu vermeiden, sind schriftliche Regelungen zum Betretungs- und Veröffentlichungsrecht im Architektenvertrag ratsam.

Dr. Sven Kerkhoff ist Rechtsreferent bei der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.

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