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[ Kolumne ]

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Architekten sind menschenähnliche Wesen, glaubt unser Autor, dennoch sehen sie die Welt mit anderen Augen. Versuch einer Gewissenserforschung.

Wolfgang Bachmann. (Foto: Myrzik Jarisch)
Wolfgang Bachmann. (Foto: Myrzik Jarisch)

Text: Wolfgang Bachmann

Offenbar sind Architekten eigenwillige Wesen. Je älter ich werde, umso grundsätzlicher und unbarmherziger trifft mich diese Vermutung. Dass ich Architektur lieber kennen lernen und darüber schreiben als sie selbst herstellen möchte, hatte drei Gründe: Erstens habe ich nie eine persönliche Haltung gespürt, ich konnte mich gar nicht entscheiden, ob ich lieber Aalto, Behnisch, Meier oder Mohl abkupfern sollte, zweitens bin ich bin überzeugt, dass ich nur als selbstständiger Architekt und nicht als Angestellter hätte arbeiten können, dieses Risiko wollte ich aber nicht eingehen. Drittens hätte ich es nicht ertragen können, wenn ein Bauherr/eine Bauherrin mir mit eigenen Vorlieben in den Weg gekommen wäre. Etwas bauen müssen, wovon man nicht überzeugt ist, sich mit dem schlechten Geschmack, den Wohlfühlargumenten und der praktischen Ökonomie eines Auftraggebers auseinanderzusetzen, das hätte ich nicht ausgehalten. Davon abgesehen, dass einen selbst genügend Zweifel heimsuchen. Das Bauen sollen robustere Naturen aushalten!

Damit steht man aber noch nicht auf der sicheren Seite. Man muss wohnen, man braucht ein Zuhause, man will verreisen, ist also ständig mit Architektur konfrontiert. Für den vorübergehenden Aufenthalt kann man sich arrangieren, man verbucht es als soziales Praktikum, das belanglose Hotelzimmer, die mit ausrangiertem Mobiliar verstellte Ferienwohnung. Ein bisschen genießt man es sogar, dass man in einer anderen ästhetischen Leistungsklasse zuhause ist. Aber dann kauft man eine Wohnung oder ein Haus und hat Gelegenheit, etwas zu verändern. Natürlich reicht das Geld nie, um alles perfekt hinzukriegen, man verkneift sich fugenlose Anschlüsse, verdeckte Türbänder, elegantere Armaturen, unauffälligere Heizkörper. Vorsorglich legt man sich Argumente zurecht, warum das kindische Geländer aus der Nierentischzeit bleiben darf.

In einem lichten Moment fragt man sich allerdings, was man da eigentlich anrichtet. Das Haus war vollkommen in Ordnung, nichts verschlissen, bis zuletzt haben nette Menschen darin gewohnt. Dann kamen wir wie das Jüngste Gericht, haben intakte Bodenbeläge herausgerissen, Raufaser und Fliesen gleich mit, Treppen abgebrochen, Küche und Zimmertüren geschreddert und alles neu gemacht, sogar die Lichtschalter ersetzt. Zwölf Kubikmeter Schutt für die Baukultur. Komisches Gefühl.

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