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[ Schwimmbadbau ]

Badespaß oben ohne

Ein Planungsbüro konstruiert Mobildächer, mit denen Hallen- und Freibäder eins werden.

Schwimmbad_Artikel

Text: Stefan Kreitewolf

Grüne Bäume, grüne Wiese, grünes Moos: Grün soweit das Auge reicht, an einem sonnigen Hang am Fuße des Westerwaldes. Mitten im Wald steht das Molzbergbad, ein Waldbad. Doch das Molzbergbad ist kein Hinterwäldlerbad. Vielmehr bietet es Schwimmspaß unter freiem Himmel. Und das ist tatsächlich etwas Besonderes. Denn in Kirchen an der Sieg ist das sogar im Hallenbad möglich. Das Molzbergbad ist eines der wenigen Allwetterbäder Deutschlands.

Bereits bei den ersten Sonnenstrahlen kann das Dach des Schwimmbads geöffnet werden. Mithilfe eines sogenannten Cabrio-Daches wird der Blick in den Himmel frei. Wie bei der Cabrio-Technik des Autos lässt sich das Hallendach bequem und schnell öffnen. Das taugt besonders für unbeständige Sommer. Das Dach ist keine Industrie-Erfindung, sondern eine Konstruktion von Dr. Krieger Architekten + Ingenieure aus Velbert, einem auf Bäder spezialisierten Büro. Deren Geschäftsführer Thomas Kalman weiß: „Auch wenn es in unseren Breitengraden gerade einmal statistisch 22 bis 25 echte freibadtaugliche Tage pro Jahr gibt, möchten die meisten Badegäste in der ganzen Freibadsaison ein Becken unter freiem Himmel genießen“, konstatiert Kalman. Weil viele Kommunen aber für diese kurze Zeit kein reines Freibad mehr vorhalten können, sei ein Cabrio-Dach die optimale Lösung.

„Kleines Wunderwerk der Technik“

Wie das genau funktioniert erläutert Kalman: „Vier Motoren verschieben das Dach quer über den Bereich der Umkleiden und einen Teil des Vorplatzes.“ Als erstes wird der Dichtungsschlauch leer gepumpt und die Verriegelung gelöst. Dann fahren die Motoren nahezu lautlos an. Wie von Zauberhand öffnet sich das Dach. Frische Luft dringt durch den länglichen Spalt. Es wird heller. Immer weiter gleitet das Dach über Stahlschienen seiner Endposition entgegen. Dort wird es mit Öse und Dorn automatisch gesichert. Die Stromversorgung erfolgt über eine mitgeführte Kabelkette. „Durch eine vollständige Isolierung des Daches entstehen keinerlei Energiekosten-Nachteile“, berichtet Kalman. „Außerdem ist es zentral per Knopfdruck steuerbar.“ Thomas Kalman kennt das Bad-Thema seit lange von der praktischen Seite: Neben seinem Studium arbeitete drei Jahre lang als Badeaufsicht.

Bad-Chef Christoph Weber, der das Bad im Auftrag der Verbandsgemeinde Kirchen/Betzdorf betreibt, findet: „Der Öffnungsprozess ist ein kleines Wunderwerk der Technik.“ Das Ganze geschieht innerhalb von nur neun Minuten. Ein beeindruckendes Schauspiel bei einem Gesamtgewicht von 75 Tonnen Stahl – und eine besondere Attraktion für die Badegäste. Auch Badegäste finden das, so Elisabeth Atzler: „Das Dach ist einfach wunderbar und sorgt für gute Stimmung, wenn die Sonne denn mal rauskommt.“

Das 25-Meter-Sportbecken im Molzbergbad ist nun Open-Air-Bereich mit Freibadfeeling. Badegäste erleben ein völlig neues Raumgefühl. „Bei geöffnetem Dach strahlt die Sonne direkt in das Bad, die Glasfaltwände können geöffnet werden und der Außenbereich lädt mit einer weitläufigen Wiese und Sportplätzen zum Verweilen ein“, sagt Kalman.

Cabrio-Dach versus Wetterwechsel

Fünf Jahre nach dem Umbau ist klar: Das neue Molzbergbad ist ein voller Erfolg – obwohl es die Kommune jährlich circa 1,3 Millionen Euro kostet. Und auch für Kalman hat sich die neue Technik gelohnt. Derzeit planen er und Kollegen drei davon.

Die gesamte technische Anlage für den Badbetrieb befindet sich übrigens unter der vollständig unterkellerten Badeplatte. „Für die Technik im neuen Bad war ausschlaggebend, dass sie auch bei zukünftig steigenden Energiekosten finanziell realisierbar bleibt“, sagt Kalman.

Auch an diesem Tag verdunkelt sich hinter dem Drei-Meter-Sprungturm in der Ferne der Horizont. Wolken ziehen über die Bergrücken heran. Schon surren die Motoren; und das Freibad wird wieder zur Halle.

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