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[ Recht ]

Verbindlich berechnet

Ein Auftraggeber kann nicht eigenständig die Kostenberechnung des Architekten nach unten korrigieren und so dessen Honorar drücken.

Text: Sven Kerkhoff

Die Kostenberechnung durch den Architekten bildet seit der HOAI 2009 den Dreh- und Angelpunkt zur Honorarbemessung. Allerdings finden sich in den bisherigen Vertragsmustern der Bundesbauverwaltung (RBBau Bund), aber auch in den Vertragswerken zahlreicher anderer öffentlicher und kirchlicher Auftraggeber Klauseln, wonach der Bauherr die Kostenberechnung zunächst genehmigen muss, bevor damit die anrechenbaren Kosten zur Bemessung des Architektenhonorars feststehen. Im Mustervertrag nach RBBau Bund wird dabei auf die vom Auftraggeber zu bestätigende Kostenberechnung zur sogenannten Haushaltsunterlage Bau verwiesen.

Dieser Vertragspraxis hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun ein Ende bereitet. In seinem Beschluss vom 16. November 2016 (Az. VII ZR 314/13) führt das höchste deutsche Zivilgericht aus, dass eine solche Klausel den Architekten unangemessen benachteilige und daher gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei. Zur Begründung weisen die Richter darauf hin, dass der Planer auf das nach Art und Umfang nicht näher eingegrenzte Genehmigungsverfahren keinerlei Einfluss habe. Die Klausel eröffne dem Auftraggeber vielmehr die Möglichkeit, die Kostenberechnung einseitig nach unten zu ändern. Dieser könne somit das Honorar „in unangemessener, den Leistungen des Architekten nicht gerecht werdender Weise“ reduzieren. Die entsprechende Vertragsklausel führe folglich zu einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers. Rechtlich schützenswerte Belange, die eine derart weitreichende Befugnis des Bauherrn rechtfertigen könnten, verneint der BGH. Kein Bauherr kann sich also durch Allgemeine Vertragsbedingungen vorbehalten, die Kostenberechnung zu genehmigen.

Das Urteil betrifft zwar einen Fall unter Geltung der HOAI 1976/1988, wirkt aber auch auf die aktuellen Vertragsmuster. Die Folge ist, dass der Architekt bei der Honorarbemessung auf das Ergebnis seiner eigenen, sachlich korrekten Kostenberechnung zurückgreifen kann und etwaige Änderungen außer Acht lassen kann, die der Auftraggeber im Zuge seiner Genehmigung der Kostenberechnung vorgenommen hat.

Die Entscheidung des BGH gewinnt im Hinblick auf die HOAI 2013 zusätzlich an Gewicht, weil nach den jetzt geltenden rechtlichen Vorgaben die anrechenbaren Kosten auf der Grundlage der Kostenberechnung durchweg ausschlaggebend für die Honorarermittlung sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 HOAI 2013). Diese Kostenberechnung ist nach § 2 Abs. 11 HOAI 2013 nichts anderes als die Ermittlung der Kosten auf Basis der Entwurfsplanung unter Berücksichtigung der DIN 276. Die zu erwartenden Gesamtkosten sind dabei bis zur zweiten Ebene der Kostengruppen aufzuschlüsseln. Die Kostenberechnung, die zu den Grundleistungen im Rahmen der Leistungsphase 3 zählt, bildet die Basis für die Entscheidung des Auftraggebers, ob das geplante Bauvorhaben realisiert werden soll und wie die Finanzierung zu bewerkstelligen ist. Entspricht die Entwurfsplanung den vertraglich vereinbarten Leistungszielen, so ist die hierauf beruhende Kostenberechnung für beide Vertragsparteien zur Honorarermittlung bindend. Diesen Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenberechnung betont der BGH in seiner Entscheidung noch einmal ausdrücklich.

Da die Kostenberechnung also weitreichende Rechtsfolgen hat und dem Bauherrn eine wesentliche Entscheidungsgrundlage liefert, hat dieser selbstverständlich Anspruch auf eine sorgfältig und zuverlässig erstellte Berechnung. Unabhängig von einem wie auch immer gearteten behörden-internen Genehmigungsverfahren wirkt nur eine korrekte und sorgfältige Kostenberechnung honorarmäßig bindend. Vertraglich vereinbarte Baukostenobergrenze oder andere Kostenlimits sind dabei zu beachten; eine hiervon abweichende Planung und Kostenberechnung muss der Bauherr nicht hinnehmen (vgl. BGH, BauR 1997, 494). Auch gelten keine Fehlertoleranzen, wenn in fahrlässiger Weise zum Beispiel Leistungspositionen übersehen, Mengen falsch angesetzt oder unzutreffende Preise ermittelt wurden (vgl. Koeble, in: Locher/Koeble/Frik, HOAI, 12. Aufl., Rz. 124 zu § 34). Eine auf diese Weise schuldhaft überhöhte Kostenberechnung stellt eine Pflichtverletzung dar. Sie kann daher für die Honorarermittlung nicht zugrunde gelegt werden. Stattdessen ist dann im Zuge der Nachbesserung eine korrigierte Kostenberechnung vorzulegen, welche maßgeblich für die Höhe des Honorars ist (vgl. Wirth/ Galda, in: Korbion/ Mantscheff/ Vygen, HOAI, 9. Aufl., Rz. 14).

Die Pflicht zur vertragsgemäßen und sorgfältigen Kostenberechnung und der Anspruch auf Korrektur einer diesen Maßstäben nicht entsprechenden Berechnung schützen den Bauherrn bereits hinreichend. Daher hat er im Sinne des BGH-Urteils auch unter Geltung der HOAI 2013 kein berechtigtes Interesse, die Kostenberechnung einem eigenen Genehmigungsverfahren zu unterwerfen. Eine gänzlich andere Konstellation liegt vor, wenn sich nach Erstellung der Kostenberechnung die Leistungsziele und mit ihnen die anrechenbaren Kosten verändern. In solchen Fällen sollte der Architekt in erster Linie eine Vereinbarung zur Honoraranpassung anstreben (§ 10 HOAI 2013).

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die vorgestellte BGH-Entscheidung nicht im Zusammenhang mit der Klage steht, die die private Initiative fairtrag e.V. gegen andere Klauseln in den Vertragsmustern der RBBau Bund angestrengt hat. Diese Klage richtet sich gegen die formular- und standardmäßige Festlegung von Baukostenobergrenzen in solchen Verträgen. Sie ist jüngst vom Landgericht Berlin in erster Instanz als unbegründet abgewiesen worden (Urteil vom 22.11.2016 – Az. 16 O 379/15). Die Initiative fairtrag e.V. beabsichtigt dem Vernehmen nach, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen.

Dr. Sven Kerkhoff ist Rechtsreferent bei der ­Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.

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