Von Florian Krause-Allenstein
Welche Tätigkeit muss versichert werden?
Von der Berufshaftpflicht-Versicherung der Architekten ist nur diejenige Tätigkeit umfasst, die dem im Versicherungsschein beschriebenen Berufsbild entspricht. Das sehen die „Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Berufshaftpflichtversicherung der Planenden“ (BBR/Arch), Empfehlungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., in Ziffer 1.1 in Verbindung mit Ziffer 1.2 vor. Wird dort das Berufsbild „Hochbauarchitekt“ beschrieben, hat der Planer beispielsweise keinen Versicherungsschutz für die Tätigkeit als Tragwerksplaner. Bei der Angabe der zu versichernden Tätigkeiten muss der Architekt daher genau prüfen, welche Leistungsbilder er voraussichtlich ausüben wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn er einen Auftrag als Generalplaner übernimmt; dann erbringt er nämlich immer berufsbildfremde Leistungen, für die er grundsätzlich keinen Versicherungsschutz genießt. Die wichtigsten Versicherer bieten heutzutage aber die beitragsfreie Mitversicherung der Tätigkeit als Generalplaner an. Die Mitversicherung dieser Tätigkeit muss jedoch ausdrücklich in den Versicherungsbedingungen enthalten sein; sonst besteht hierfür kein Schutz.
Neue Berufsbilder wie Energieberater oder Mediator werden von den meisten Versicherern gleichermaßen mitversichert, ohne dass dafür zusätzlich Prämie gezahlt werden muss. Eine Tätigkeit als SiGeKo, Sachverständiger oder Projektsteuerer ist vom Berufsbild des Architekten und damit vom Versicherungsschutz von vornherein mit umfasst.
Gemäß Ziffer 1.2.1 BBR/Arch gibt es keinen Schutz, wenn der Architekt neben Planungstätigkeiten auch Bauleistungen selbst erbringt oder zum Beispiel durch Subunternehmer erbringen lässt. Die Reichweite dieser sogenannten Beteiligungsklausel wird oftmals unterschätzt; sie gilt auch dann, wenn der Architekt beispielsweise Geschäftsführer eines Bauunternehmens ist, das für einen Auftraggeber Bauleistungen ausführt, und daneben als freier Architekt für denselben Bauherrn Planungsleistungen erbringt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.12.2006 – 4 U 139/06 = IBR 2007, 103 mit Anm. Krause-Allenstein).
Beginn und Dauer des Schutzes
Nach Ziffer 2.1 BBR/Arch deckt die Berufshaftpflichtversicherung alle Verstöße, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrages auftreten. Das bedeutet, dass es für die Deckung aus der Berufshaftpflichtversicherung eigentlich nicht darauf ankommt, wann der Auftraggeber Schadensersatzansprüche wegen eines Planungsfehlers gegen den Architekten geltend macht. Voraussetzung für den Deckungsschutz ist allein, dass der Planungsfehler zwischen Beginn und Ende der Laufzeit der Versicherung begangen wird. Diese zeitlich unbegrenzte Deckung wird durch die sogenannte Nachhaftungsregelung in Ziffer 2.1 BBR/Arch dahingehend eingeschränkt, dass der Versicherer nach Beendigung des Versicherungsvertrages keine Deckung mehr für solche Versicherungsfälle zu geben braucht, die ihm der Architekt nach Ablauf von fünf Jahren meldet. Das bedeutet, dass ein Schadensersatzanspruch wegen eines Planungsfehlers nicht mehr gedeckt ist, den der Bauherr dem Architekten gegenüber später als fünf Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrages geltend macht. Nach der Rechtsprechung einiger Instanzgerichte soll der Ausschluss allerdings dann nicht greifen, wenn der Architekt keine Möglichkeit hatte, den Schaden vor Ablauf der fünfjährigen Nachhaftungsfrist zu melden (vgl. LG Mönchengladbach VersR 2000, 754; LG Düsseldorf, Urteil vom 29.10.2007 – 9 O 145/07; LG Saarbrücken, Urteil vom 18.05.2006 – 12 O 438/05).
Diese gefährliche Deckungslücke tut sich insbesondere dann auf, wenn der Planer während seiner Berufslaufbahn den Versicherer (häufiger) wechselt oder seine Tätigkeit irgendwann ganz aufgibt und seine Versicherung endgültig kündigt. Um diese Lücke zu minimieren, bieten viele Versicherer eine Vor- und eine verlängerte Nachhaftung an. Die Vorhaftung bedeutet, dass der Versicherer auch dann Versicherungsschutz leistet, wenn ein Schaden eintritt, der von der vorherigen Versicherung des Architekten nicht mehr gedeckt ist. Die verlängerte Nachhaftung sieht vor, dass der Versicherer länger als die übliche fünfjährige Nachhaftung Versicherungsschutz leistet. Einige Versicherer verzichten sogar ganz auf die zeitliche Begrenzung der Nachhaftung, was zum völligen Wegfall der aufzeigten Deckungslücke führt. Vor- und verlängerte Nachhaftung gehören in jeden guten Versicherungsvertrag.
In welchem Umfang besteht Versicherungsschutz?
Die Berufshaftpflichtversicherung leistet dem Architekten nicht nur Deckung in einem Schadensfall, sondern wehrt für ihn unbegründet angemeldete Schadensersatzansprüche Dritter ab. Jeder Planungsfehler sollte dem Versicherer daher unverzüglich gemeldet werden, insbesondere dann, wenn der Geschädigte beim Architekten den Fehler beziehungsweise einen Schaden angemeldet hat. Der Architekt erhält bei guten Versicherern professionelle Unterstützung. Die verspätete Meldung stellt eine Obliegenheitsverletzung dar, die grundsätzlich zum vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes führt.
Greift ein geltend gemachter Anspruch gegen den Planer durch, so leistet der Versicherer Deckungsschutz in Höhe der vereinbarten Deckungssummen. Welche Deckungssummen ausreichend sind, hängt immer von den Umständen des Einzelfalles ab. Für den Berufseinstieg sollte man mindestens Deckungssummen von 250 000 Euro für Sach- und Vermögensschäden und 1,5 Millionen Euro für Personenschäden abschließen. Dagegen ist der Deckungsschutz in dieser Höhe für Sach- und Vermögensschäden für ein Planungsbüro mit 10 Millionen Euro jährlichem Planungsvolumen zu knapp kalkuliert. Die jeweilige Deckungssumme sollte durch den Versicherer mindestens dreimal pro Versicherungsjahr zur Verfügung gestellt werden. Sofern in einem Bundesland eine Versicherungspflicht für den Planer besteht, werden die Mindestversicherungssummen zudem durch die Gesetze beziehungsweise Berufsvorschriften festgelegt.
Wie in den meisten Haftpflichtversicherungen fällt auch in der Planerhaftpflicht im Schadensfall ein vom Architekten zu tragender Selbstbehalt in der vereinbarten Höhe an; in der Regel beläuft sich die „Selbstbeteiligung“ auf 2 500 Euro. Diese auf den ersten Blick geringe Summe kann sich dann bis zur wirtschaftlichen Bedrohlichkeit erhöhen, wenn ein eingetretener Schaden auf viele unterschiedliche Versicherungsfälle zurückzuführen ist. In einem Fall des Unterzeichners hatte ein Generalplaner bei einem Großbauvorhaben Baumängel von fünf Millionen Euro verursacht. Aufgrund der vereinbarten Deckungssumme von sieben Millionen Euro wähnte sich das Architekturbüro in Sicherheit. Im Rahmen der Schadensaufklärung stellte sich aber heraus, dass der Schaden auf 180 einzelne, voneinander abzugrenzende Planungsfehler zurückzuführen war. Da aber jeder einzelne Planungsfehler einen Versicherungsfall darstellt, fiel auch 180-mal der Selbstbehalt an, der sich auf 5 000 Euro belief. Der Generalplaner musste daher 900 000 Euro vom Schaden selbst tragen. Diese unangenehme Rechtsfolge kann der Architekt vermeiden, indem er einen der auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträge abschließt, in denen der Selbstbehalt pro Bauvorhaben (prämienfrei) auf zum Beispiel drei Fälle maximiert wird.
Welche Schäden sind vom Schutz ausgeschlossen?
Wie in jeder Versicherung finden sich „im Kleingedruckten“ der Berufshaftpflichtversicherung Ausschlussklauseln, die den Versicherungsschutz beschränken. Hier die wichtigsten:
Zeitüberschreitung: Nach der sogenannten Zeitüberschreitungsklausel gem. Ziffer 4.1 BBR/Arch besteht kein Versicherungsschutz für Schäden, die dadurch entstehen, dass der Architekt die von ihm geschuldete Planung zeitlich nicht innerhalb der vereinbarten Fristen abliefert und es dadurch zu Schäden beim Bauherrn kommt. Einzelne Versicherer bieten aber Verträge an, in denen auf diese Klausel verzichtet wird. Hierbei gilt es allerdings zu überprüfen, ob es sich nicht um eine „Mogelpackung“ handelt, weil der Versicherer bei einer Zeitüberschreitung die Deckung unter Umständen über den sogenannten Erfüllungsausschluss „durch die Hintertür“ wieder ablehnt. Bietet der Versicherer daher einen entsprechenden Verzicht an, sollte der Architekt ihn fragen, ob er den Schaden auch nicht über den Erfüllungsausschluss von der Deckung ausschließt.
Überschreitung von Massen- und Kostenermittlungen: Dem Auftraggeber können Schäden dadurch entstehen, dass Kostenschätzungen, Kostenberechnungen oder Kostenanschläge überschritten werden, die der Architekt erstellt hat. Solche Schäden sind nach Ziffer 4.2 BBR/Arch vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Dies gilt zum Beispiel, wenn dem Planer bei der Kostenermittlung ein Fehler unterläuft und dies später für den Bauherrn deshalb zu einem Schaden führt, weil er eine Nachfinanzierung beantragen muss. Einige Versicherer verzichten inzwischen auf die Kostenüberschreitungsklausel oder weichen diese insofern auf, als Deckungsschutz bis auf Sowieso-Kosten geleistet wird. Da im Kostenbereich häufig Schäden auftreten, lohnt es sich hier, die Versicherungsbedingungen zu vergleichen. Wichtig zu wissen ist, dass die Klausel nur dann greift, wenn es sich tatsächlich um Fehler aus der Berechnung von Massen und Kosten handelt (vgl. OLG Celle IBR 2003, 332 m. Anm. Krause-Allenstein). Werden entsprechende Ermittlungen deshalb überschritten, weil dem Architekten ein sonstiger Planungsfehler unterläuft und dieser später entdeckt wird, muss der Versicherer Deckungsschutz leisten.
Bewusste Pflichtwidrigkeit: Auch wenn es die meisten Architekten sicher nicht gerne hören: Der Ausschluss wegen bewusst pflichtwidrigen Verhaltens kommt in der Praxis sehr häufig vor. Gemäß Ziffer 4.8 BBR/Arch sind in der Architektenhaftpflichtversicherung solche Schäden ausgeschlossen, die dadurch entstehen, dass der Planer bewusst gegen bestehende Gesetze, DIN-Vorschriften oder sonstige Pflichten verstößt (vgl. zu einem solchen Fall OLG Saarbrücken NJW-RR 1998, 93 ff.).
Anstifter zu solchem Verhalten ist in den meisten Fällen nämlich der Bauherr, der vom Planer insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen entsprechende Regelverstöße verlangt. Besonders „pflichtwidrigkeitsträchtig“ sind Umbaumaßnahmen im Bestand. Hier muss der Architekt häufig bewusst von bestehenden DIN-Vorschriften (zum Beispiel Schallschutz oder Dämmung) abweichen, da die Altbausubstanz eine Ertüchtigung auf aktuelle Standards nicht ermöglicht. In diesen Fällen kann dem Architekten nur dringend geraten werden, sich intensiv mit seinem Versicherer abzustimmen, um einen Deckungsausschluss zu vermeiden. Einige Versicherer bieten in ihren Bedingungen mittlerweile einen erweiterten Versicherungsschutz für Leistungen des Architekten im Rahmen von Bestandsbauten an, wodurch der Planer einen größeren Freiraum erlangt. Dies ist für alle Planer empfehlenswert, die mit Bauen im Bestand zu tun haben. Verweigern muss der Architekt jegliche Tätigkeit übrigens dann, wenn durch den Regelverstoß Leib und Leben Dritter gefährdet werden können, etwa Abweichungen von der Tragwerksplanung oder dem Brandschutz. Hier hat der Architekt nämlich nicht nur keinen Versicherungsschutz; auch hilft ihm ein schriftlicher Haftungsverzicht des Bauherrn nicht weiter, wenn Dritte zu Schaden kommen.
Asbestklausel: Vom Deckungsschutz gänzlich ausgenommen sind seit 2004 Asbestschäden gem. Ziffer 7.11 der AHB. Grund für den Ausschluss sind erhebliche Kosten, die die Versicherungswirtschaft in den kommenden Jahrzehnten aufgrund des Schadstoffes befürchtet. Schäden durch Asbest können zum Beispiel auftreten, wenn er auf einer Baustelle bei Abbrucharbeiten zerschnitten wird und durch den dadurch hervorgerufenen Asbeststaub Sachen oder Personen in Mitleidenschaft gezogen werden. Die meisten Versicherer bieten aber inzwischen einen Wiedereinschluss von Asbestsachschäden in den Schutz gegen eine zusätzliche Prämie an – allerdings nur zu einer begrenzten Versicherungssumme. Wer also etwa bei der Sanierung eines Altbaus unter Umständen mit Asbest in Berührung kommt, sollte mit seinem Versicherer über einen solchen Wiedereinschluss sprechen.
Honorarrechtsschutz lohnt
Genauso schnell wie einige Bauherren mit der Inanspruchnahme bei Planungsfehlern sind, so langsam sind sie bei der Zahlung des Honorars. Deshalb bieten die Versicherer seit einigen Jahren – teilweise beitragsfrei – einen sogenannten Honorarrechtsschutz für die Architekten an. Mit ihm werden dem Architekten die Kosten einer Honorarklage verauslagt, also die entstehenden Gerichts-, Anwalts- und Sachverständigenkosten, damit der Planer seinen Bauherrn gerichtlich auf Honorarzahlung in Anspruch nehmen kann. Standardverträge von Rechtsschutzversicherern enthalten keine Deckung für Honorarklagen. Diese beanspruchen aufgrund der Spezialmaterie der anzuwendenden Honorarordnung bei den Gerichten oftmals längere Zeit. Daher lohnt sich ein solcher Zusatzbaustein im Versicherungspaket. Ohne ihn in der Standard-Berufshaftpflichtversicherung muss der Versicherer nur dann (anteilig) die Kosten eines Honorarprozesses übernehmen, wenn der Bauherr dem Honoraranspruch des Architekten Schadensersatzansprüche wegen Baumängeln entgegenhält.
Schiedsgerichte und Schiedsgutachtenverfahren
In Abkehr zu ihrer früheren Praxis bieten viele Versicherer mittlerweile Versicherungsschutz auch im Rahmen von Schiedsgerichten und Schiedsgutachtenverfahren an. Dies ist für den Architekten aus mehreren Gründen vorteilhaft. Zum einen sind solche Verfahren in der Regel erheblich schneller und kostengünstiger als gerichtliche Verfahren und führen zu keiner so großen Verstimmung mit den übrigen Baubeteiligten, die ja potenzielle zukünftige Auftraggeber sind. Zum anderen verlangen viele Bauherren bereits in der Ausschreibung, dass sich der Architekt in Streitfällen einem solchen Verfahren unterwirft.
Dr. Florian Krause-Allenstein ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Hamburg.
Buchtipp
Max Schmalzl, Florian Krause-Allenstein:
Berufshaftpflichtversicherung des Architekten und Bauunternehmers
München 2006
437 Seiten
48 Euro
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