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[ Schwerpunkt: Konkurrenz ]

Stimmiges Bild

Warum präsentieren sich Architekturbüros oft so zurückhaltend und verwechselbar, wenn es um ihren eigenen Auftritt vor potenziellen Kunden geht? Fragen an einen, der sich auskennt

Interview: Cornelia Dörries

Eigentlich sollte man meinen, dass ­Architekten als professionelle Gestalter um die Bedeutung einer ansprechenden Selbstdarstellung wissen. Doch gerade auf diesem Gebiet hinkt der Berufsstand seltsam hinterher. Es beginnt mit der schlichten Formel für den Büronamen: Müller Meier Schulze Architekten. Damit macht man nichts falsch; das klingt solide und unprätentiös. Und weil dazu auch keine grafischen Extravaganzen passen, beschränkt man sich auf eine ganz dezente Optik mit schlichter Typografie für den Briefkopf und die Website. Ein eigenes Logo gilt fast schon als verwegen. Architekten, also gerade diejenigen, die in ihren Entwürfen nach Individualität und Unverwechselbarkeit, mitunter sogar provokanter Eigenständigkeit streben, präsentieren sich ganz anders, wenn es um sie selbst geht. Ist diese Bescheidenheit eine berufsspezifische Tugend oder rührt sie doch eher aus einer gewissen Unsicherheit angesichts der bunten Vielfalt, die Design und Medien heute bieten?
Florian Adler, Geschäftsführer und Mitinhaber des Designbüros adlerschmidt und Professor für Kommunikationsdesign an der HTW Berlin, hat sich mit Fragen des Corporate Designs für Architekturbüros systematischer auseinandergesetzt und uns fünf Fragen beantwortet.

22-23 CorporateDesign
Florian Adler ist Kommunikationsdesigner mit eigenem Büro in Berlin und hat sich mit der Selbstdarstellung von Architekten beschäftigt.

Warum benötigen Architekturbüros ein eigenes Corporate Design?

Es gibt allein in Deutschland rund 57.000 freischaffende Architekten und Stadtplaner, von denen in der Öffentlichkeit nur eine kleine Minderheit bekannt ist. Wenn sich potenzielle Bauherren auf die Suche nach einem passenden Planer begeben, möchten sie sich zunächst ein Bild von ihm machen. Da helfen persönliche Empfehlungen, Referenzprojekte, vielleicht räumliche Nähe, aber eben auch eine erkennbare Unternehmensidentität des möglicherweise infrage kommenden Büros. Persönliche Haltung, Kompetenz und Erfahrung, gestalterische, aber auch gesellschaftliche Werte, Ziele und Überzeugungen – man spricht hier von Corporate Identity oder Markenidentität – werden durch den visuellen Auftritt sichtbar. Dabei spielt die Website die wichtigste Rolle, aber bereits auf der Visitenkarte wird erkennbar, wofür ein Büro steht. Damit hier von Beginn an ein adäquates Image entsteht, empfiehlt sich ein sorgfältiges Corporate Design.

Was können die einzelnen Elemente und Bestandteile eines Corporate Designs, also Schrift, Farben, Formen, Logo, überhaupt vermitteln?

Schriften repräsentieren zeitgeschichtlche Epochen, die aber auch sehr zeitgemäß interpretiert werden können. Wir unterscheiden Renaissance-, Barock- und klassizistische Antiqua sowie konstruierte, statische oder dynamische Groteskschriften bis hin zu den hybriden, oft ausgesprochen modischen Formen heutiger Schriftentwerfer. Allein durch die Schriftwahl lassen sich also sehr differenzierte Aussagen hinsichtlich formaler oder zeitgeistiger Präferenzen machen. Farben transportieren im warmen Spektrum eher emotionale Impulse, während kühle Farben für Rationalität und Frische stehen. Über die Hälfte der Architekturbüros verzichtet jedoch auf jede Farbigkeit und beschränkt sich in ihrer Eigendarstellung auf Schwarz-weiß. Es ist sicher unnötig, Architekten zu erklären, dass natürlich auch abstrakte oder ikonische Zeichen vielfältige Bedeutungen tragen und entsprechend eingesetzt werden können. Auch Papierqualitäten und andere Materialien spielen eine Rolle. Die einzelnen Gestaltungselemente visualisieren also unterschiedliche semantische Aspekte und bilden eine gemeinsame Syntax.

Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen ­Architekt und Kommunikationsdesigner ­konkret ab? Womit beginnt die Erarbeitung eines Corporate Designs?

Wenn Corporate Design eine Corporate Identity zum Ausdruck bringen soll, muss zunächst diese Identität bestimmt werden. „Das Äußere ist ein Bild des Inneren“, sagte Otl Aicher, einer der Pioniere des Corporate Designs in Deutschland. Manche Büros haben bereits so etwas wie eine Bürophilosophie oder ein sogenanntes „Mission Statement“ formuliert. Falls diese Form der Selbstbeschreibung nicht schon vorliegt, erarbeiten wir das gemeinsam in einem Workshop, reflektieren die Besonderheiten des Unternehmens, die Wettbewerber und Bezugsgruppen und formulieren Haltung, Werte und Ziele. Die wichtigsten drei Fragen lauten immer: Was können wir besonders gut? Was ist uns besonders wichtig? Und was ist unser Alleinstellungsmerkmal? Daraus definieren wir das angestrebte Fremdbild und die gewünschte Tonalität, was dann wiederum die Basis für unsere Entwurfsarbeit bildet. Corporate Design ist also keine Fassadendekoration, sondern bedeutet nichts weniger als die Visualisierung von Identität.

 

Welche Rolle spielen dabei die bereits realisierten Projekte oder Bauten?

Die realisierten Projekte bilden die Hintergrundfolie, sie stehen immer mit auf der Bühne, wobei aber auch die Entwurfsmethodik, individuelle Kompetenzen, das Leistungsspektrum und die Besonderheiten der fokussierten Zielgruppen eine große Rolle spielen. Grundsätzlich müssen jedoch die Menschen sichtbar werden, die diese Leistung anbieten. Denn Gestaltung ist immer eine sehr persönliche Angelegenheit, wie auch das Verhältnis von Auftraggeber und Auftragnehmer.

Wie lässt sich ein stilistisch und typologisch sehr heterogenes Portfolio „unter einen Hut bringen“?

Es gibt Architekturbüros, deren Bauten einen eigenen Stil, eine eigene Handschrift tragen, egal ob im Wohn-, Gewerbe- oder Industriebau. Andere entwickeln für jede Bauaufgabe eine eigene Formensprache, die sich aus den jeweiligen Nutzungsanforderungen ergibt. Gerade solche Unterscheidungen in der Herangehensweise sind für den potenziellen Bauherrn von großer Bedeutung und lassen sich in der Typografie, Farbgebung und Formensprache auch wunderbar zum Ausdruck bringen. Es bräuchte dafür nur etwas mehr Mut seitens der Architekten, mehr als nur ihren Namen in Großbuchstaben zu setzen. Über 70 Prozent der Architekturbüros nutzen dafür die gleichen drei bis fünf Groteskschriften wie Futura, Helvetica oder gar Arial; nur etwa ein Fünftel traut sich an aktuelle Schriften heran, und wir haben überhaupt nur drei Büros unter den „Top 50“ in Deutschland gefunden, die eine Antiqua, also eine Serifenschrift, nutzen. Dabei gibt es auch in diesen Klassifikationen sehr zeitgemäße und elegante Interpretationen. Eine wirklich gestaltete Wortmarke verwenden gerade mal zehn Prozent der Büros, ein abstraktes oder ikonisches Bildzeichen haben wir überhaupt nicht gefunden. Hier herrscht offenbar die Sorge, dass hinter einer prägnanten Marke die Individualität des Architekten verschwinden könnte. Es gilt jedoch, in einem engen Markt prägnante Zeichen zu setzen.

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