Von Christoph Maurer
Solarthermische Kollektoren sind meist nur als schwarze Kästen bekannt, die auf das Dach montiert werden. Diese Flächen sind jedoch begrenzt; gleichzeitig könnte die thermische Nutzung der Solarenergie den Energiebedarf für Heizung und Warmwasser deutlich senken. Da liegt es nahe, die nutzbare Gebäudefläche auf die Fassade zu erweitern. Hier setzt das Projekt ArKol an: Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE entwickelt mit fünf Partnern aus Industrie und Wissenschaft integrierfähige solarthermische Kollektoren, die Architekten eine weitgehend freie Fassadengestaltung erlauben. Konkret handelt es sich um einen flexibel positionierbaren Streifenkollektor und eine Jalousie. Die Herstellung der solarthermischen Elemente soll dabei mit kommerziell verfügbaren und massengefertigten Komponenten erfolgen, die über eine große Flexibilität bei Formen und Maßen verfügen und überwiegend modular vorgefertigt werden.
Die Heat-Pipe – eine übliche Komponente bei Röhrenkollektoren – bildet deshalb die gemeinsame Grundlage für beide Produkte. Heat-Pipes haben ein sehr hohes Wärmeleitvermögen und sind dabei einfriersicher, frei von beweglichen Teilen und brauchen keine Hilfsenergie für den Wärmetransport.
Neue Ausrichtung
Herkömmliche Heat-Pipes werden meist geneigt eingesetzt, da die Gravitation den internen Wärmekreislauf unterstützt: Damit eine horizontale Ausrichtung möglich ist, verfolgt das Projekt verschiedene Ansätze. Bei der Variante „Standard“ nimmt die Flüssigkeit nur einen kleinen Teil des Heat-Pipe-Volumens ein. Da hier die Schwerkraft nicht für einen schnellen Transport der an der Anschlussstelle kondensierten Flüssigkeit sorgt, besteht bei langen Elementen die Gefahr, dass die links liegenden Bereiche austrocknen und so der Wirkungsgrad sinkt. Die Variante „Hohe Füllgrade“ sorgt dafür, dass alle Bereiche bis zur Leistungsgrenze aktiv bleiben. Die Variante „Kapillarstrukturen“, wie Drahtgeflechte, unterstützt den Transport des Kondensats und wirkt auf diese Weise einer Austrocknung der linken Seite entgegen. Außerdem wird noch eine „Innovativ“-Variante untersucht, die die Leistungsgrenze bisher verfügbarer Technologien erhöht.
Die einzelnen thermischen Elemente sind hierbei trocken an wenige Sammelkanäle angebunden, die die Energie über einen flüssigen Wärmeträger abführen. Dieses Konzept erlaubt unterschiedliche Längen und Orientierungen, die Beweglichkeit von Lamellen und eine einfache Austauschbarkeit der Kollektoren bei Wartung und Reparatur. So bleibt auch der übliche Ablauf der Gewerke erhalten und der Fassadenbauer muss nicht auf Sanitäranschlüsse warten. Die Montage ist kleinteilig und benötigt kein schweres Gerät. Auch die hydraulische Planung ist einfacher, der Druckverlust im Solarfluid-Kreislauf geringer und die gesamte Betriebssicherheit höher als bei der üblichen nassen Anbindung.
Streifenkollektor und Jalousie
Bei dem neu entwickelten Streifenkollektor können die Länge und der Abstand der Streifen und das Material zwischen den Streifen frei gewählt werden. Somit lässt sich die Fassade vollflächig, teilweise oder auch nur punktuell belegen. Der Kollektor besteht aus extrudierten Aluminiumprofilen und einer selektiven Beschichtung des Absorbers. Gute Dämmung und die Glasabdeckung sorgen für geringe Wärmeverluste, sodass vergleichbare Temperaturen und Erträge wie bei konventionellen Flachkollektoren erreichbar sind. Eine innovative Gestaltung des Kondensators schafft einen optimalen Wärmeübergang in den Sammelkanal. Dieser ist mechanisch so ausgeführt, dass er auch eine Haltefunktion für den Kollektorstreifen übernimmt.
Die solarthermische Jalousie wird bevorzugt zwischen Glasscheiben eingesetzt, als Teil einer Zweite-Haut-Fassade oder Closed-Cavity-Facade. Auch hier dienen die flachen Streifenkollektoren als Grundelemente, die allerdings beweglich an den Sammelkanal angebunden sind. Die Farbe der Lamellen kann in der Regel frei gewählt werden, wobei die besser wärmeabsorbierenden dunklen Farben höhere Erträge liefern. Durch die Nutzung selektiver Absorberschichten in Verbindung mit einer sehr guten Anpressvorrichtung kann ein ähnlicher Wirkungsgrad wie bei konventionellen Kollektoren erreicht werden. Idealerweise werden die solarthermischen Lamellen bei niedrigen Temperaturen betrieben. Auf diese Weise verringert sich die Kühllast des Gebäudes besonders stark und liefert viel Solarthermiewärme an die Haustechnik. Da moderne Hochhäuser heute schon oft Jalousien in beidseitig verglasten Elementen verwenden, ist die Technik bauseits etabliert. Die solarthermische Jalousie benötigt nur wenige zusätzliche Teile und der Montageaufwand ist mit dem einer konventionellen Glasfassade vergleichbar. Deshalb kann sie die Solarthermiewärme zu einem besonders attraktiven Preis liefern.
Schöne Aussichten
Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Projektkonsortium ist von Beginn an auf eine schnelle Markteinführung der Fassadenelemente ausgerichtet. Durch die Nutzung von kommerziell verfügbaren Komponenten können bereits 2020 erste Pilotprojekte realisiert werden; das weltweit erste Fassadenelement mit solarthermischer Jalousie in Originalgröße wird bereits im Oktober dieses Jahres auf der Messe Glasstec in Düsseldorf und später im Januar 2019 auf der BAU in München präsentiert. Weiterhin werden durch Messung an den ersten Fassadenelementen Simulationsmodelle kalibriert, sodass anschließend mit geringem Aufwand die Vorteile in verschiedenen Anwendungsfällen quantifiziert werden können. Für den baupraktischen Einsatz bildet zum Beispiel einer der Projektpartner Stuckateure aus und kann so die Bedürfnisse beim Einbau der Streifenkollektoren von Anfang an berücksichtigen. Ein anderer Partner hat bereits zahlreiche Glasfassaden geplant und bringt sein Know-how in die Entwicklung der solarthermischen Jalousie ein. Außerdem fließen die Erfahrungen eines Architektur-Lehrstuhls mit Fassadenkollektoren ein.
Dr. Christoph Maurer ist Teamleiter Messungen und Digitale Prozesse beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg.
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