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Versuchsarchitektur

Echte Innovationen für ein nachhaltigeres Bauen finden nur sehr langsam den Weg auf die Bau­stelle – auch weil niemand das Risiko eingehen möchte, sie als Erster unter realen Bedingungen zu testen. Ein ganz besonderes Haus nahe Zürich schafft Abhilfe

30.05.20187 Min. Kommentar schreiben

Von Manuel Pestalozzi

Am Eingang der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (Empa) im Schweizer Dübendorf grüßt ein Gebäude, das futuristischer kaum sein könnte. Das gilt nicht nur für das architektonische Erscheinungsbild, das an Bauten niederländischer Architekten wie MVRDV erinnert. Die ganze Funktion ist auf Zukunft ausgerichtet: Im Forschungsgebäude mit dem Akronym NEST (Next Evolu­tion in Sustainable Building Technologies) werden neue Baumaterialien und -technologien, die das Bauwesen nachhaltig machen sollen, unter realen Bedingungen getestet.

Die Empa ist Teil der ETH Zürich, in ihrer Funktion ist sie vergleichbar mit der Fraunhofer-Gesellschaft. Mit NEST hat sie eine Versuchsarchitektur geschaffen, die sich ständig wandelt. Der einzigartige Forschungsbau besteht aus einer permanenten Grundkonstruktion, dem „Backbone“, die nach und nach einzelne Module, sogenannte Units, aufnimmt. Aktuell sind sechs Units in Betrieb, vier weitere in Planung und Bearbeitung. Hinter jeder Unit stehen verschiedene Forschungsinstitutionen und Firmen der Bauindustrie; Gesamtregie führt die Empa.

Seit 2016 nimmt die Unit „Vision Wood“ im zweiten Obergeschoss die Westecke von NEST ein. In der Wohneinheit mit drei kleinen Apartments, die über eine Gemeinschaftszone verbunden sind, werden unter anderem eine bindemittelarme Holzfaserdämmung, mineralisierte oder hydrophobe Hölzer, nachhaltige und flammhemmende PU-Schäume sowie neue Klimatisierungskonzepte getestet. Ein Geschoss tiefer erstreckt sich entlang der Südwestfassade die Unit „Meet2Create“, ein Labor für Arbeitsprozesse der Hochschule Luzern – Technik & Architektur. Die Büroräume mit allerlei prototypischem Mobiliar befinden sich hinter einer adaptiven Gebäudehülle; in einem kleinen Erker wird eine Lichtsteuerung zur Erzeugung von Tageslichtatmosphären und -spektren getestet.

Seit August 2017 besetzt die Ostecke des dritten Obergeschosses die erste zweigeschossige Unit, „Solare Fitness & Wellness“, entworfen vom bekannten Schweizer Solar-Architekten Peter Dransfeld. Dach und Fassade sind für die Energiegewinnung optimiert; eine Hochtemperatur-CO₂-Wärmepumpe soll beweisen, dass sie die Wärme für Sauna und Dampfbad rund dreimal effizienter bereitstellen kann als herkömmliche Systeme.

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