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Zurück Recht

Nur noch digital

Die öffentliche Auftragsvergabe und die Kommunikation dazu finden bald weitgehend digital statt. Es gelten aber einige Ausnahmen.

01.08.20184 Min. Kommentar schreiben

Von Hans-Peter Müller

Hatten öffentliche Auftraggeber bisher die Wahl zwischen herkömmlicher und elektronischer Kommunikationsform oder einem Mix daraus, müssen sie fortan die Verwendung elektronischer Mittel zur Kommunikation im Vergabeverfahren verpflichtend vorgeben. Die gute alte Post oder gar das Fax, das seinerzeit sogar den Auslöser für die Zulassung elektronischer Kommunikationsmittel darstellte, haben ausgedient.

Die öffentliche Auftragsvergabe wird überwiegend digital. So wollen es die seit 2014 geltenden neuen EU-Vergaberichtlinien, die in der Vergabeverordnung (VgV) und der VOB/A, Abschnitt 2 (VOB/A-EU) ihren Niederschlag fanden. Für nationale Auftragsvergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte regeln dies Vorgaben in der seit 2017 veröffentlichten Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) und der VOB/A, Abschnitt 1.

Elektronische Kommunikation

Der elektronische Kommunikationsprozess erfasst den vollständigen Informationsaustausch zwischen Auftraggeber und Unter­nehmen von der Veröffentlichung der Ausschreibung, der Bereitstellung der Vergabeunterlagen über die Einreichung der Teil­nahmeanträge und Angebote bis zur Mitteilung über die Zuschlagserteilung gegenüber dem Bestbieter. Ebenso erfasst ist der sonstige Informationsaustausch, wie zum Beispiel Bieterfragen und Antworten. Nicht erfasst ist die Kommunikation, die sich aufgrund des Anspruchs auf Rechtsschutz ergibt. Zu nennen sind das Informationsschreiben über den beabsichtigten Zuschlag, Rügeschreiben sowie jegliche Kommunikation im Rahmen von Vergabenachprüfungsverfahren.

Bei EU-weiten Vergabeverfahren (VgV, VOB/A-EU) gilt die Verpflichtung zur elektronischen Kommunikation seit der Vergaberechtsreform vom April 2016. Die zunächst ausgenommene Übermittlung von Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträgen und Angeboten müssen zentrale Beschaffungsstellen seit dem 19. April 2018 auf elektronischem Wege von den Unternehmen verlangen. Nichtzentrale Beschaffungsstellen sind hierzu ab dem 19. Oktober 2018 verpflichtet.

Ausnahmen

Für Vergabeverfahren unterhalb der EU-Schwellenwerte regelt die UVgO Ausnahmen bei Vergaben bis 25.000 Euro sowie bei Beschränkter Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb oder Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb. Für die übrigen Vergabeverfahren müssen Auftraggeber spätestens ab dem 1. Januar 2020 die vollständige elektronische Kommunikation vorgeben. Dann geht an der elektronischen Kommunikation im gesamten öffentlichen Auftragswesen für Auftraggeber und Unternehmen, ob groß oder klein, kein Weg mehr vorbei.

Eine Besonderheit besteht für die Vergabe freiberuflicher Leistungen, zu denen insbesondere Architekten- und Ingenieurleistungen zählen, nach § 50 UVgO. Danach ist es für öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtend, die elektronische Kommunikation im Vergabeverfahren vorschreiben zu müssen. Der Anwendungsbereich des entsprechenden § 7 UVgO ist hier nicht eröffnet. Gleichwohl dürfte es aus verfahrensökonomischen Gründen sinnvoll sein, die elektronische Kommunikation zu wählen.

Die Vergabe von Bauleistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte wird, wenn nicht noch ein digitaler Ruck durch den Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen geht, weiterhin von der Wahlfreiheit der Auftraggeber geprägt sein. Damit kann bei den betroffenen Unternehmen sozusagen alles beim Alten bleiben, womit die Bauauftragsvergabe eine weitere Sonderrolle im Vergaberecht spielt.

Technische Ausstattung

Für Unternehmen, auch und gerade kleinere, bedeutet der Verzicht auf den herkömmlichen Übermittlungsweg von Teilnahmeanträgen und Angeboten keine Hexerei. Ein Internetzugang sowie eine übliche Hard- und Softwareausstattung genügen. Da das Verfahren diskriminierungsfrei sein muss, müssen Auftraggeber gewährleisten, dass allgemein verfügbare Programme und Dateiformate für die Informationsübermittlung durch die Unternehmen zum Einsatz kommen. Misslich ist sicherlich, wenn Unternehmen ihren Sitz in noch digital unterwickelten ländlichen Regionen haben. Auftraggebern wäre hier zu empfehlen, möglichst von den zulässigen Ausnahmen (siehe oben) Gebrauch zu machen.

Auf der eVergabe-Plattform des öffentlichen Auftraggebers müssen alle Vergabeunterlagen vollständig und frei zum Herunterladen zur Verfügung stehen. Damit entfällt das zeitraubende Anfordern der Unterlagen beim Auftraggeber. Eine vorherige Registrierung darf ebenso wie ein Entgelt von den Unternehmen nicht verlangt werden.

Als Besonderheit bei der Vergabe von Bauleistungen und der Durchführung von Planungswettbewerben können Unternehmen dazu verpflichtet werden, für die Bauwerksdatenmodellierung (BIM-Systeme) elektronische Mittel zu verwenden. Dies stellt keine besondere Art des Verfahrens dar, sondern es soll allen Projektbeteiligten ermöglicht werden, bei Planung und Realisierung auf eine gemeinsame Datenbank zurückzugreifen. Projektbeteiligte können Planer, Bauherren oder -ausführende sein.p

Hans-Peter Müller ist Mitarbeiter im für das Vergaberecht feder­führenden Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und unter anderem zuständig für den Bereich der Vergabe freiberuflicher Leistungen und für das Preisrecht bei öffentlichen Aufträgen.


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