Von Martin Leuschner
Im Zuge der in den letzten Monaten geführten Diskussion um die Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) und das neue Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) fragen sich insbesondere öffentlich bestellte und vereidigte (ö.b.u.v.) Sachverständige, ob sie als öffentliche Stellen – wie zum Beispiel Notare – gelten und damit unabhängig von der Anzahl ihrer Mitarbeiter nach Art. 37 Abs. 1 DS-GVO stets einen Datenschutzbeauftragten benennen müssen. Die Landesbeauftragte für den Datenschutz in Niedersachsen, Barbara Thiel, hat auf Nachfrage mitgeteilt, dass ö.b.u.v. Sachverständige keine öffentlichen Stellen seien und daher unter diesem Gesichtspunkt keine Pflicht zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten bestehe. Die öffentliche Bestellung von Personen nach § 36 der Gewerbeordnung zum ö.b.u.v. Sachverständigen ist nämlich kein Beleihungsakt, mit dem staatliche Aufgaben übertragen werden, sondern vielmehr die öffentlich-rechtliche Zu- beziehungsweise Anerkennung einer besonderen beruflichen Qualifikation. Eine Übertragung hoheitlicher Befugnisse findet durch die öffentliche Bestellung nicht statt. Bei der Sachverständigentätigkeit übt ein ö.b.u.v. Sachverständiger mithin keine öffentliche Gewalt aus.
Es ist zu hoffen, dass alle Landesdatenschutzbeauftragten die Auffassung aus Niedersachsen teilen und es nicht zu unterschiedlichen Rechtsauffassungen in den Bundesländern kommt. Auch wenn ö.b.u.v. Sachverständige keine öffentlichen Stellen sind, müssen sie trotzdem prüfen, ob im Sachverständigenbüro mindestens zehn Mitarbeiter ständig mit Datenverarbeitung zu tun haben und sich gegebenenfalls deswegen eine Bestellpflicht aus § 38 Abs. 1 BDSG ergibt (siehe dazu DAB 10.18, „Datenschutzbeauftragter, ja oder nein?“).
Martin Leuschner (Syndikusrechtsanwalt) ist Rechtsreferent bei der Architektenkammer Niedersachsen
INFO
Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen hat ein Muster zum Thema „Sachverständigenwesen und DSGVO“ zur Verfügung gestellt. Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige können das Dokument nutzen, um nach ihrer Ernennung als Sachverständige durch das Gericht die Parteien über ihre Datenerhebung zu informieren. Das Muster ist auf www.architektendatenschutz.de abrufbar.
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