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Splittingtabellen: Teilleistungen bewerten

Weil die HOAI für die einzelnen Grundleistungen keine Prozentsätze nennt, ist oft fraglich, wie zum Beispiel nach einer Kündigung eine nicht voll erbrachte Leistungsphase abgerechnet werden kann. Hier kann eine der vielen Teilleistungsbewertungstabellen helfen. Leider verwenden Auftraggeber diese Tabellen auch zur Begründung von nachträglichen Honorarkürzungen.

30.10.20184 Min. Kommentar schreiben

Von Sinah Marx

Sie haben viele Namen und sind unterschiedlich ausgestaltet: die Teilleistungsbewertungstabellen, auch Teilleistungstabellen, Splitting-Tabellen, Splittertabellen oder nach dem jeweiligen Verfasser: Siemon-Tabelle, Steinfortsche Tabelle usw. genannt. Mit diesen Tabellen reagieren ihre Ersteller auf einen Bedarf der Praxis.

Die HOAI kennt als kleinste Berechnungsgröße nämlich die Leistungsphasen, die in den jeweiligen Leistungsbildern mit Prozentsätzen versehen sind. Für die Gliederungsebene darunter, also die einzelnen Grundleistungen lassen sich aber weder in der HOAI noch in ihren Anhängen Werte finden. Die Teilleistungen aus den jeweiligen Tabellen werden zwar einzeln aufgeführt und mit Gliederungspunkten a) bis etwa p) versehen, bleiben aber unbeziffert. Während also klar ist, dass auf die Grundlagenermittlung im Hochbau zwei Prozent des Honorars entfallen, ist der HOAI keine Aussage darüber zu entnehmen, wie sich diese zwei Prozent auf die einzelnen Teilleistungen wie etwa die Ortsbesichtigung oder das Dokumentieren der Ergebnisse verteilen.

Was machen Splittingtabellen?

Genau hier setzen die Teilleistungsbewertungstabellen an. Sie ordnen jeder Teilleistung entweder einen festen Wert zu (RBBau) oder aber machen eine Von-bis-Angabe, die dann im Einzelfall ausgelotet werden kann. Ein Vergleich zeigt, dass dabei unterschiedliche Aufteilungen vorgeschlagen werden. Da es nicht die eine „richtige Tabelle“ gibt, wird regelmäßig streitig sein, welche der Tabellen zur Anwendung kommt.

In Bezug auf solche Tabellen ist eine gewisse Grundskepsis angebracht, da sie regelmäßig von Auftraggebern einseitig zu Lasten der Auftragnehmer genutzt werden. Zwar sieht die HOAI in § 8 Abs. 2 eine Kürzung der prozentualen Bewertung der Leistungsphasen vor, wenn nicht alle Teilleistungen einer Leistungsphase übertragen werden und erbracht werden müssen. Gelegentlich werden aber für die Herausnahme von Teilleistungen überzogene Prozentsätze abgezogen. Zudem wird häufig die nach § 8 Abs. 3 HOAI für diese Fälle vorgesehene gesonderte Vergütung des zusätzlichen Koordinierungs- oder Einarbeitungsaufwands „vergessen“. Oder es werden Abzüge für Mitwirkungsleistungen des Auftraggebers, die in Spiegelung der entsprechenden Leistung des Planers ohnehin eine Bauherrnaufgabe darstellen, vorgenommen.

Splittingtabellen zum Nachteil des Architekten

Schließlich werden diese Tabellen auch regelmäßig verwendet, um die größtmögliche Honorarkürzung im Nachgang zum Architektenvertrag zu vollziehen.  Das ist zumindest dann möglich, wenn im Vertrag als Pflichten des Architekten die Leistungsbilder der HOAI übernommen werden und damit vertraglich vereinbart sind (eigentlich regeln sie nur die Vergütung, nicht die Leistungspflichten). Erbringt der Architekt dann nicht wirklich alle Teilleistungen, egal, ob sie für den gesamten Werkerfolg  überhaupt notwendig waren oder nicht, sind die nachträglichen Abzüge möglich. Dies ist – leider – auch von der Rechtsprechung anerkannt (Teilleistungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Urteil vom 24. Juni 2004, Az.: VII ZR 259/02).

In der Konsequenz muss der Architekt also – ob sinnvoll oder nicht – sämtliche Grundleistungen abarbeiten und im Streitfall auch nachweisen, um Honorarkürzungen zu vermeiden. Eine Reaktion darauf kann die Entkopplung der vertraglichen Leistungspflichten von den Leistungsphasen der HOAI sein. Werden nämlich nur die wesentlichen Planungsziele vereinbart, ist ein automatischer Abzug nicht gerechtfertigt (vgl. OLG Celle, Urteil vom 12. Februar 2014, Az.: 14 U 103/13). Hilfestellungen bei der Vertragsgestaltung leisten die Architektenkammern.

Splittingtabellen vor gericht plausibel

Trotz der Bedenken gibt es aber einen Bedarf für Teilleistungsbewertungstabellen, da sie auch vor Gericht eine gewisse Plausibilität für sich beanspruchen. Im Idealfall beruhen die Tabellen auf der Erfahrung sachverständiger Praktiker. Wenn sich Bauherr und Architekt aber einig sind, können sie im Rahmen der generellen Vertragsfreiheit davon abweichende Prozentsätze oder die Geltung einer bestimmten Tabelle einvernehmlich festlegen.

Die Tabellen können etwa dann sinnvoll verwendet werden, wenn ausdrücklich einzelne Grundleistungen nicht beauftragt werden sollen oder wenn der Vertrag vorzeitig beendet wird und eine Abrechnung noch nicht vollständig erbrachter Leistungen erforderlich ist.

Sinah Marx ist Rechtsreferentin in der Hamburgischen Architektenkammer


Beispiele für Teilleistungsbewertungstabellen

Einige Tabellen finden sich online frei verfügbar, andere in Fachliteratur eingebettet.

FBS-Tabellen
In: Fuchs/Berger/Seifert, Beck’scher HOAI- und Architektenrechts-Kommentar

Locher / Koeble / FrikIn: Dieselben, Kommentar zur HOAI

Meurer / Morlock
In: Morlock/Meurer, Die HOAI in der Praxis

Pott/Dahlhoff/Kniffka
In: Dieselben, HOAI-Kommentar

RBBau
www.fib-bund.de

SiemonRecht
www.siemon-tabellen.de

Simmendinger
www.hoai-gutachter.de

 

Mehr Informationen zum Thema Recht erhalten Sie hier

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