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Digitales Testwohnen

Das DFAB House wurde nicht nur digital gebaut, sondern es bietet auch diverse digitale Lösungen, die für Annehmlichkeit, Sicherheit und Energieeffizienz sorgen sollen und sich im Probealltag bewähren müssen

30.05.20196 Min. Kommentar schreiben

Von Manuel Pestalozzi

Die NEST-Unit DFAB House wurde weitgehend mit digitalen Verfahren geplant und erstellt (Bericht dazu hier). Die dreigeschossige Struktur ist als Wohnstätte eingerichtet und soll akademische Gäste beherbergen, denen experimentelle Smart Home-Lösungen zur Verfügung stehen. Dank des direkten Feedbacks der Benutzerinnen und Benutzer und dank konkreter Messdaten aus dem alltäglichen Gebrauch erwartet das an dieser digitalen Plattform beteiligte Firmenkonsortium wertvolle Hinweise auf die Machbarkeit und die Akzeptanz von neuen Lösungen.

Herstellerunabhängige Smart-Home-Plattform

Basis für das Smart-Home-Erlebnis im DFAB House ist eine herstellerunabhängige Smart-Home-Plattform des schweizerisch-deutschen Unternehmens digitalSTROM. Smarte Lüsterklemmen ermöglichen die Digitalisierung analoger Geräte (wie zum Beispiel Lampen oder Jalousien) und ihre Vernetzung. Hierfür nutzt digitalSTROM die beiden zukunftssichersten und zuverlässigsten Infrastrukturen im Haus: die Stromleitung und das IP-Netz. Der modulare Systemaufbau und einfaches Plug & Play sorgen für Flexibilität.

Sprachsteuerung für komplexe Abläufe

Durch das Zusammenspiel von digitalSTROM und Amazon Echo ist es möglich, komplexe Abläufe und mehrere Geräte gleichzeitig per Sprachbefehl zu steuern. Ein einfach gesprochener Satz reicht aus, um eine ganz bestimmte Abfolge von Aktionen auszulösen. Will man eine Pizza essen, setzt sich der Ofen in Betrieb, ist einem der Sinn nach einem Film, beginnt der Bildschirm zu strahlen: Dank des unsichtbaren Butlers gehen die Wünsche in Erfüllung.

Intelligentes Energiemanagement

Im DFAB House kommen Automations- und Stromverteilungslösungen von ABB zum Einsatz. So werden ein Teil des Lichtsystems und die Jalousien über das Gebäudeautomationssystem KNX mit ABB-Produkten gesteuert. Ein Messsystem überwacht alle Stromkreise und ein Wechselrichter speist die generierte Solarenergie ins Netz ein. Die Steckdosen besitzen einen integrierten USB-Anschluss. Daten aus KNX, Strommessung und Wechselrichter fließen ins Netzwerk der Empa ein, um den Energieverbrauch im DFAB House zu managen, zu optimieren und Lastspitzen zu vermeiden. Eine universelle Schnittstelle verbindet die Gebäudeautomationssysteme.

Installieren, integrieren und vernetzen

Die Hans K. Schibli AG integrierte im DFAB House die Systeme und Geräte der verschiedenen Hersteller zu einer funktionellen Smart-Home-Plattform. Mittels des Hauptsystems von digitalSTROM erschloss Schibli die Umsysteme des  Home Sound Systems Sonos, des Haushaltsgeräteherstellers V-ZUG, der Einbruchsicherung Securiton und anderen. Kochfelder, Backofen, Geschirrspüler, Beleuchtung, Beschattung und Fensteransteuerung können allesamt untereinander Betriebsdaten austauschen und werden für einen maximalen Komfort optimal angesteuert.

Automatisierte Beschattung

Automatisierte Storen können dazu beitragen, den Energieverbrauch zu minimieren – wenn die Automatisierung denn im Einklang ist mit den Wünschen der Nutzer. Anhand von Nutzerdaten und Rückmeldungen der Bewohnerinnen und Bewohner hat sich die Firma Schenker Storen zum Ziel gesetzt, die automatischen Funktionen der Beschattung zu optimieren und die Differenz zwischen Vision und Realität von automatisierten Storen zu verkleinern.

Vernetztes Einbruchmeldesystem

Securiton testet im DFAB House die Integration des SecuriSafe-Einbruchmeldesystems in neuartige smarte Haustechniksysteme. Securiton hat zusammen mit digitalSTROM ein Gateway entwickelt, das die Kommunikation zwischen beiden Systemen möglich macht. Die Einbruchmeldeanlage ist mit diversen Sensoren verbunden, die über die Anwesenheit ungebetener Gäste Auskunft geben. Darüber hinaus wird die Vernetzung mit Lampen und Storen genutzt, um bei Abwesenheit automatisch eine Anwesenheit zu simulieren. Beim Kommen oder Gehen informiert die Sprachausgabe über den Stand der Alarmanlage. Für die Gäste soll die Bedienung in Zukunft intuitiver gemacht werden.

Intelligente Haushaltgeräte

Die Haushaltsgeräte (Backofen, Dampfgarer, Kochfeld und Geschirrspüler) der V-ZUG AG sind standardmäßig über ein WLAN-Modul kommunikationsfähig. Möglich sind das Versenden einer Benachrichtigung bei Programmende, das Abrufen von Statusinformationen, das Nutzen des Kochassistenten oder der Rezeptdatenbank sowie das Übertragen von Zutaten in die Einkaufsliste oder der gemäß Rezept optimalen Einstellungen direkt an das Gerät. Die Geräte sind in die Smart-Home-Plattform von digitalSTROM eingebunden und die Möglichkeit zur Sprachsteuerung und Sprachausgabe wird genutzt.

Webbasierte Regelung von Heiz- und Kühlkreisläufen

Ein automatischer Ventilantrieb dient als Leckschutz im Technikraum des DFAB ouse und lässt sich ins Gebäudeleitsystem einbinden. Verantwortlich dafür ist die R. Nussbaum AG. Die Regelung von Heiz- und Kühlkreisläufen ist webbasiert. Permanente Vor- und Rücklaufmessungen pro Kreis machen dieses Einzelraumsystem sehr temperaturstabil, lernfähig und sparsam. Mit dem Fernzugriff via Smartphone hält es Schritt mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Mit anderen Worten: Das System lässt sich schnell neuen verbindlichen Regelwerken anpassen. Ebenfalls einen Beitrag zur Energie- und Kosteneffizienz leistet die neuartige dezentrale Warmwasseraufbereitung auf Basis von Wärmepumpentechnologie.

Lernfähige Wasserverteilung

Das DFAB House ist mit einem innovativen Wasserverteilsystem ausgestattet: 3Eflow kombiniert High-End-Mechanik und maschinelles Lernen in einem Produkt und sorgt für Energie- und Wassereinsparung von über 40 Prozent. Die Leitungen werden mithilfe eines Ventils bei Nichtgebrauch geleert. Dadurch können Energie- und Wasserverluste vermieden, sowie die Bakterienentwicklung gestoppt werden. 3Eflow verfügt über ein lernfähiges Kontrollsystem, das dank Sensoren stets weiß, wann, wo und mit welcher Temperatur Wasser genutzt wird. Diese Daten helfen mit, Boiler und Wasserverteilsysteme effizienter zu machen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Eawag (Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz) erforschen zudem, wie sich 3Eflow in einem komplexen Wassersystem implementieren lässt. Sie untersuchen beispielsweise, an welchen Punkten im Verteilnetz ein erhöhtes Hygienerisiko besteht und welche energetischen Wechselwirkungen durch die Implementierung von 3Eflow im System beeinflusst werden.

Wärmerückgewinnung beim Duschen

Im DFAB House werden zwei Wärmerückgewinnungssysteme von Joulia eingesetzt. Weil im abfließenden Duschabwasser noch viel Energie steckt, wird es über vertikale Kupferrohre geleitet, welche die Abwärme auf das kalte Frischwasser übertragen und dieses um 15 Grad vorwärmen. Dieses wird anschließend zum Duschenmischer geführt, wo bis zu 42 Prozent weniger Heißwasser beigemischt werden müssen. Die Wärmetauscher sind unsichtbar in einer Duschrinne verbaut und bieten einen hohen Komfort. Dank der Wärmerückgewinnung können neben Energieeinsparungen auch die Warmwasserkomponenten (Boiler, Leistung Wärmeerzeuger) kleiner ausgelegt werden, was zu zusätzlichen energetischen Einsparungen führt. Im DFAB House werden hochpräzise Durchfluss- und Temperaturwerte unter realen Bedingungen gemessen, um die Laborwerte zu validieren.

Manuel Pestalozzi ist Autor für Architektur und Bauwesen in Zürich

 

Einen Beitrag zu den digitalen Herstellungsverfahren, die beim DFAB House angewandt wurden, finden Sie hier

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