Auf einer neuen Betonkonstruktion steht Renaus Wandmosaik an alter Stelle auf dem Moskauer Platz. (Klicken für mehr Bilder)
70.000 Glasfliesen bilden das 7 x 30 Meter große Wandbild, das seit 1976 das Kultur- und Freizeitzentrum (KuFZ) am Moskauer Platz schmückte. Als im Jahr 2008 der Abriss des KuFZ drohte, erwirkte eine Initiative von Denkmalpflegern, Anwohnern und ehemaligen Schülern Renaus die Denkmalschutzstellung des Mosaiks. Acht Jahre später nahm sich die Wüstenrot Stiftung gemeinsam mit der Stadtverwaltung Erfurt, dem Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie und weiteren Unterstützern des in Einzelteile zersägten und in Überseecontainern gelagerten Wandmosaiks an.
Sanierung wird zum Forschungsprojekt
In einem mehrjährigen Forschungsprojekt wurden die materialtechnischen Parameter der Glasfliesen, ihrer Fixierung und Beständigkeit ermittelt. Parallel recherchierten die Fachleute zum Wandbild und zur Biografie des Malers, Grafikers und Fotomontagekünstlers Josep Renau (1907-1982) in deutschen sowie spanischen Archiven und sprachen mit Zeitzeugen. Die von der Wüstenrot Stiftung als operativer Bauherr getragenen Planungs- und Restaurierungskosten betrugen rund 800.000 Euro. Die Forschungsergebnisse sind zudem Teil einer umfangreichen Publikation, in der internationale Experten auf dem Gebiet der architekturbezogenen Kunst zu Wort kommen und auch auf restauratorische Fragen eingehen.
Mensch, Natur und Technik
Josep Renaus Wandbild unterteilt sich über die abgerundete Ecke des Gebäudes in einen längeren und einen kürzeren Wandabschnitt. Von links nach rechts sieht der Betrachter eine üppige Vegetation und ein großes, geöffnetes Händepaar, das zwei Symbole hält: einen gespaltenen Apfel und einen mehrfarbigen Polyeder. Die rechte Seite des Bildes zeigt Figuren, die wie auf dem Reißbrett eines Architekten oder Städteplaners angeordnet sind: architektonische Körper und abstrahierte geometrische Straßenverläufe, ein Reißzirkel und Bäume in laublosem, winterlichem Zustand und herbstlicher Färbung. Oberhalb der geöffneten Hände deuten farbige Kreise mit Kreuz und Pfeil auf das männliche und weibliche Prinzip hin.
Gesellschaftliche Ideale
In seinem Erfurter Wandmosaik „Die Beziehung des Menschen zu Natur und Technik“, ein bedeutsames Werk der Wandbildkunst des 20. Jahrhunderts, stellt Josep Renau das Ideal einer Gesellschaft dar, welche die Kräfte und Früchte der Natur zum Wohle der Menschheit nutzt. Ein für die damalige Zeit optimistischer und zugleich utopischer Ansatz, der weder die Kritik an den ökologischen Missständen in der DDR und der restlichen Welt, noch das Bewusstsein um die begrenzte Verfügbarkeit natürlicher Rohstoffe für menschliche Belange aufgreift.
Nach seiner Restaurierung wurde das Werk auf einer neuen Betonkonstruktion am ursprünglichen Ort auf dem Moskauer Platz wieder aufgestellt. Wo früher das DDR-Kulturzentrum stand, bildet nun ein Textil-Discountmarkt der Kette Kik den Hintergrund für Renaus Großmosaik.
Zum Mosaik und zu seiner Sanierung ist 2020 eine Publikation der Wüstenrot Stiftung erschienen, die kostenlos bestellt werden kann.
Weitere Informationen, auch zu anderen geförderten Sanierungen, finden Sie auf der Seite der Wüstenrot Stiftung.
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