Von Alexandra Riemann
Nicht selten lassen sich Bauherren mit der Begleichung von Honorarrechnungen Zeit. Die Gründe sind vielfältig und nicht immer berechtigt. Wird die Rechnung sodann, manchmal auch erst nach Ergreifung juristischer Schritte, bezahlt, bleiben Zinsen in der Regel außer Betracht. Der Architekt verzichtet hiermit jedoch meist unbedacht auf ihm gesetzlich zustehende Ansprüche in nicht unerheblicher Höhe.
Ab wann und in welcher Höhe besteht ein Zinsanspruch?
Kaum Beachtung findet, dass auf eine Honorarschlussrechnung Zinsen auch bereits vor dem Zahlungsverzug des Auftraggebers anfallen. So kann der Architekt nach § 641 Abs. 4 BGB bereits ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit seines Honorars Zinsen verlangen (sogenannte Fälligkeitszinsen). Da der Zinsanspruch nach § 641 Abs. 4 BGB die Abnahme durch den Auftraggeber voraussetzt, gilt dies nur für Schlussrechnungen. Die Fälligkeit einer Schlussrechnung, die sich nach § 15 Abs. 1 HOAI in Verbindung mit § 650 q Abs. 1 und § 650 g Abs. 4 BGB bestimmt, setzt neben der Abnahme der Leistungen die Stellung einer prüffähigen Schlussrechnung voraus. Oftmals sind weitere Fälligkeitsbedingungen im Vertrag geregelt. Der bei Fälligkeit anfallende gesetzliche Zinssatz beträgt grundsätzlich 4 Prozent (§ 246 BGB), und 5 Prozent, wenn es sich beim Vertrag um ein beidseitiges Handelsgeschäft unter Kaufleuten handelt (§ 352 HGB).
Prüffähigkeit der Rechnung als Fälligkeitsvoraussetzung
Für die Prüffähigkeit der Honorarrechnung bildet das Informations- und Kontrollinteresse des Auftraggebers den Maßstab (BGH, Urteil vom 08. Oktober 1998, Az.: VII ZR 296/97). Die Rechnung muss demnach alle notwendigen Angaben enthalten, die dem Auftraggeber die Prüfung und Nachrechnung des geltend gemachten Honorars möglich machen (siehe auch DAB 01.2019, „Gekonnt abrechnen“). Weil die einzelnen Berechnungsparameter nachvollziehbar aufgeführt sein müssen, sind die Anforderungen bei einem Honorar nach HOAI somit höher als bei einem Pauschalhonorar. Ist die Rechnung prüffähig, wird das Honorar mit Rechnungszugang fällig.
Hält der Auftraggeber die Rechnung des Architekten für nicht prüffähig, hat er dies dem Architekten binnen angemessener Frist mitzuteilen. Ist die Prüffrist des Auftraggebers abgelaufen, ohne dass der Auftraggeber die fehlende Prüffähigkeit der Rechnung gerügt und konkret mitgeteilt hat, warum er diese für nicht prüffähig hält, wird die Rechnung mit Fristablauf auch dann fällig, wenn sie tatsächlich objektiv nicht prüffähig ist. Zur Dauer der Prüffrist hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass in der Regel zwei Monate angemessen sind (BGH, Urteil vom 27. November 2003, Az.: VII ZR 288/02 = BauR 2004, 316). Nach Änderung des § 16 VOB/B für den Bauvertrag kann jedoch auch beim Architektenvertrag bereits eine einmonatige Frist angemessen sein.
Anspruch auf höhere Zinsen ab Verzugseintritt
Sobald sich der Auftraggeber in Zahlungsverzug befindet, kann der Architekt Verzugszinsen verlangen, die bedeutend höher sind (nämlich 5 Prozent über dem Basiszinssatz), wenn der Auftraggeber ein Verbraucher ist; ansonsten, also insbesondere bei gewerblichen oder öffentlichen Auftraggebern, 9 Prozent über dem Basiszinssatz (§ 288 BGB). Auch wenn der Basiszinssatz, der halbjährlich zum 1. Januar und zum 1. Juli von der Bundesbank für die Folgezeit festgelegt wird, seit dem 1. Januar 2020 unverändert mit -0,88 Prozent im Minusbereich liegt, beläuft sich der Verzugszins auf Honoraransprüche des Architekten auf immerhin 8,12 Prozent jährlich (4,12 Prozent bei Verbrauchern). Ausgehend von einem berechtigten Honoraranspruch von 100.000 Euro, ergäbe sich folglich nach einem – nicht seltenen – Verzugszeitraum von einem Jahr ein Zinsanspruch von 8.120 Euro.
Was ist Verzug?
Der Auftraggeber gerät mit einer Honorarzahlung dann in Verzug, wenn
- die Honorarforderung fällig ist und er sie
- trotz Mahnung nicht zahlt.
Fehlt es an einer Mahnung, tritt der Verzug stattdessen gemäß § 286 Abs. 3 BGB 30 Tage nach Rechnungszugang ein. Dies gilt gegenüber einem Auftraggeber, der Verbraucher ist, allerdings nur dann, wenn auf diese Folgen in der Rechnung besonders hingewiesen worden ist.
Rechnungszugang und Mahnung beziehungsweise Ablauf der 30-Tage-Frist lassen sich in der Regel zweifelsfrei nachweisen. Der Verzugseintritt setzt jedoch immer auch die Fälligkeit des Honoraranspruchs voraus, und für Abnahme und Prüffähigkeit der Schlussrechnung ist der Nachweis oft schwieriger. Nicht selten behaupten Auftraggeber, um den Verzugseintritt zu verhindern, eine Abnahme der Architektenleistungen habe nicht stattgefunden oder die Schlussrechnung sei nicht prüffähig. Für den Architekten gilt es daher immer, die Fälligkeitsvoraussetzungen schnellstmöglich – belegbar – herbeizuführen.
Zinsen auch auf Abschlagsrechnungen?
Einen gesetzlichen Anspruch auf Fälligkeitszinsen, wie § 641 Abs. 4 BGB ihn für Schlussrechnungen gewährt, gibt es für Abschlagsrechnungen nicht, doch entstehen auch hier Verzugszinsen, sobald der Auftraggeber mit der Bezahlung der Abschlagsrechnung in Zahlungsverzug gerät.
Gemäß § 632 a BGB und § 15 Abs. 2 HOAI hat der Architekt in angemessenen zeitlichen Abständen Anspruch auf Abschlagszahlungen für erbrachte und nachgewiesene Leistungen. Auch diese werden mit Stellung einer prüffähigen Rechnung fällig. Auch bei Abschlagsrechnungen muss der Auftraggeber etwaige Einwendungen gegen deren Prüfbarkeit binnen der vorgenannten Prüffrist vorbringen, anderenfalls wird die Rechnung fällig. Einer Abnahme oder Teilabnahme bedarf es hingegen für die Fälligkeit von Abschlagszahlungen nicht. Auch mit einer fälligen Abschlagszahlung kommt der Auftraggeber nach Mahnung oder 30 Tage nach Rechnungszugang in Verzug, sodass ab diesem Zeitpunkt Verzugszinsen in Höhe von 9 Prozent (beziehungsweise 5 Prozent gegenüber Verbrauchern) über dem Basiszinssatz verlangt werden können.
Werden Abschlagsrechnungen kumuliert gestellt, also nicht gezahlte Rückstände aus vorhergehenden Abschlagsrechnungen in darauffolgenden Abschlagsrechnungen miterfasst, was aus buchhalterischen Gründen oft erfolgt, gelten diese Beträge damit nicht etwa als neu abgerechnet und fällig gestellt, sondern es bleibt bei der Fälligkeit und dem Verzugseintritt aus der bereits gestellten vorherigen Abschlagsrechnung, und die Verzinsung der jeweiligen Rückstände läuft weiter. Die bereits angelaufenen Zinsen können dann neben der kumulierten Rechnung als selbstständige Nebenforderung weiterhin geltend gemacht werden.
Der Architekt sollte folglich möglichst regelmäßig Abschlagsrechnungen stellen und in diese auch alle sonstigen Forderungen wegen zusätzlicher und Besonderer Leistungen möglichst früh mitaufnehmen, um die Verzugsvoraussetzungen für diese zu schaffen und den Zinsanfall hiermit herbeizuführen. Da es für die Fälligkeit von Abschlagsrechnungen im Gegensatz zur Schlussrechnung keiner Abnahme bedarf, empfiehlt es sich zudem, das Honorar vor Schlussrechnungslegung mit einem möglichst weitgehenden Leistungsstand durch Abschlagsrechnungen geltend zu machen.
Der Anspruch auf Abschlagsrechnungen erlischt jedoch mit Vertragsbeendigung. Offene Beträge aus Abschlagsrechnungen sind im Rahmen der Schlussrechnung weiterzuverfolgen. Da Abschlagsrechnungen ab Schlussrechnungsreife nicht mehr durchgesetzt werden können, können ab diesem Zeitpunkt für diese auch keine Verzugszinsen mehr verlangt werden. Die Schlussrechnungsforderung hingegen ist erst dann zu verzinsen, wenn diese selbst fällig wird und der Bauherr mit deren Begleichung in Verzug gerät. So kann zwar hinsichtlich der in die Schlussrechnung eingestellten offenen Abschlagsforderungen eine Zinslücke von zumindest 30 Tagen entstehen, doch besteht kein Grund, auf die Zinsen, die bereits auf nicht oder zu spät bezahlte Abschlagsrechnungen angefallen sind, mit Schlussrechnungsstellung zu verzichten. Solche können vielmehr als separate Forderung neben dem Schlussrechnungshonorar geltend gemacht werden.
Fazit: Selbstverständlich besteht der Anspruch auf Zinsen nur dann, wenn der Honoraranspruch tatsächlich vorliegt und ihm keine Einwendungen des Bauherrn – etwa berechtigte Mängelansprüche – entgegenstehen. Kommt es nach jahrelangem Rechtsstreit zu einem Vergleich, bleiben die Zinsen jedoch erfahrungsgemäß in der Regel außen vor, obgleich insoweit ein gesetzlicher Anspruch besteht und damit kein Grund vorliegt, die Zinsen nicht in die Vergleichsüberlegungen und -verhandlungen miteinzubeziehen. Selbst wenn der Architekt die Durchsetzung während des Projekts scheut, vermag der Hinweis auf den gesetzlichen Zinsanspruch die Bereitschaft des Bauherrn zu konsensualen Lösungen durchaus zu steigern und Zahlungen zu beschleunigen.
Alexandra Riemann ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht bei der MEK Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in München
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