Von Fabian P. Dahinten
Große Kaufhäuser und Shopping-Malls dicht an dicht, Menschenmassen die über den breiten Boulevard strömen: Die Zeil in Frankfurt am Main ist als eine der umsatzstärksten Einkaufsstraßen in Deutschland bekannt. Jetzt in der Pandemie zeigt sich dort ein anderes Bild: Läden und Cafés sind geschlossen und nur vereinzelt schlendern Menschen die Straße entlang. Viele große Geschäfte werden nach dem Lockdown nur noch für den Räumungsverkauf öffnen, auch internationale Ketten schließen dort endgültig ihre Filialen.
So wie die Zeil bislang für quirlige Einkaufsstraßen in Deutschland stand, steht sie nun für den bevorstehenden Wandel in den Innenstädten. Wie lässt sich das Ladensterben verhindern? Wie sollen die großen Gewerbeflächen bei schwindenden Kundenzahlen genutzt werden? Wie wirkt man dem Verfall der Einkaufsstraßen entgegen? Können die Innenstädte sich jenseits von Konsum neu erfinden?
Bei den Einkaufsstraßen mischen viele Interessen mit
Einige dieser Fragen sind, ehrlich gesagt, nicht neu. Der Kampf zwischen dem Online-Handel und stationären Angeboten tobte schon vor Corona. Auch erste Ideen und Strategien gibt es schon: So könnten kleinere Läden ihre stationären Stärken in den Einkaufsstraßen und Einkaufszentren mit Online-Handel verbinden, sich etwa zu einem Netzwerk mit Liefergarantie für den Tag der Bestellung zusammenschließen.
Viele Akteur*innen haben dabei ganz eigene Perspektiven, Vorstellungen und Interessen: Vermieter*innen, die ihre Einnahmen sichern wollen; Händler*innen, die in den Einkaufsstraßen und Einkaufszentren um ihr geschäftliches Überleben fürchten; Bürgermeister*innen, die um den Tourismus-Magneten in ihren Städten bangen – und Architekt*innen, die jetzt mit kreativen Lösungen für die Nachnutzung und Umwandlung von großen leerstehenden Gewerbeflächen in den Zentren gefragt sind.
Die kreativen Köpfe sind gefragt, auch im Studium
Ganz frei an die großen Aufgaben für unsere Innenstädte können die Hochschulen nun herangehen: frei von wirtschaftlichem und politischem Druck können die frischen und kreativen Köpfe an kleinen und großen Lösungen arbeiten, um die Innenstädte von morgen zu denken. Was kann noch die Mitte einer Stadt sein, wenn dort nicht der Fokus auf Konsum in den Einkaufsstraßen und Einkaufszentren liegt? Kann womöglich die Kunst- und Kulturszene die gerade am Tropf hängt, dort wieder aufblühen? Was können wir mit großen Gewerbeflächen ohne eine Chance auf Belichtung anfangen?
Eine Frage, die mich persönlich mit Blick auf die Frankfurter Zeil umtreibt: Wie können Innenstädte wieder attraktiv für die Bewohner*innen werden, statt lediglich für (Shopping-)Tourist*innen? Es würde mich reizen, hierfür Konzepte und Ideen als Blaupause zu entwickeln. Und generell sollten im Architekturstudium die Innenstadt, das leere Kaufhaus und die Ladengeschäfte thematisiert werden, etwa in den Fokus der Entwurfsaufgaben rücken.
Fabian P. Dahinten studierte Architektur an der Hochschule Darmstadt startet nun ins Berufsleben und engagiert sich bei der Nachwuchsorganisation nexture+.
Einzelhandel und Innenstädte: Mehr Infos
Die Initiative Baukultur Nordrhein-Westfalen hat sich bereits vor Corona mit den Broschüren „Einkaufsstraßen neu denken“ und „Gute Geschäfte – Was kommt nach dem Einzelhandel?“ der Zukunft der Innenstädte und mit „Neueröffnung nach Umbau“ speziell auch der Umnutzung von Kaufhäusern und Einkaufszentren. Auch auf DABonline berichten wir über beispielhafte Umnutzungen von Kaufhäusern sowie mit neuen Ideen für die Innenstädte jenseits des monothematischen Filial-Einzelhandels.
Hier findet ihr alle Nachwuchs-Kolumnen von Fabian.
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