Von Fabian P. Dahinten
Architekt:innen entwerfen die faszinierendsten Bürowelten. Aber wie sieht es bei ihnen selbst aus? Sie scheinen Großraumbüros zu lieben – und vor allem die Aufreihung ihrer Angestellten wie in einer Legebatterie. In überraschend vielen Architekturbüros werden die Arbeitsplätze in immer gleichen Tischreihen dicht an dicht gestellt. Dahinter befindet sich klassischerweise ein Regal für die vielen Papierordner – als Mahnmal der ausgebliebenen Digitalisierung der Branche. Dazu kommen noch ein paar abgeschlossene Räume für Besprechungen und für die Chefs – und fertig ist der Bausatz für das klassische Architekturbüro.
Dies trifft selbstverständlich nicht auf alle zu. Doch je mehr Architekturbüros ich von innen zu Gesicht bekommen habe, desto dringlicher stellt sich mir die Frage, wieso Architekt:innen so selten Bürowelten für sich selbst schaffen, bei denen jede:r gerne dort arbeiten würde.
Der Trend zur Bürolandschaft ist unübersehbar
Möglicherweise sind die Architekt:innen so sehr gewohnt, Struktur und Ordnung zu erzeugen, dass sie dabei etwas über das Ziel hinausschießen und vergessen, dass es der Kreativität gut tut, beim Arbeiten unterschiedliche Umgebungen zu haben.
Mir fällt gerade beim Übergang vom Studium in die Berufswelt auf, wie gewohnt ich es bin, je nach Tätigkeit mein Arbeitsumfeld zu ändern: Mal sitze ich gerade am Schreibtisch, mal fläze ich auf der Couch mit dem Laptop auf dem Schoß oder ich setze mich einfach nur an eine andere Stelle im Raum, um den Platz gewechselt zu haben.
Der Trend, Bürowelten mehr als Landschaften zu begreifen, ist durch Corona noch viel deutlicher geworden: mit verschiedenen Angeboten Abwechslung erzeugen, durch Zonierungen Nachbarschaften bilden, einerseits Begegnungen befördern, andererseits Rückzugsorte schaffen.
Fehlt Architekt:innen die Zeit für ihre eigenen Bürowelten?
Wo wäre ein besseres Experimentierfeld als bei Architekt:innen? Manchmal kommt es mir so vor, als ob einige Verwaltungen und moderne Behörden in Sachen Bürowelten fortschrittlicher sind als das klassische Architekturbüro. Ein Paradox – denn wer plant denn diese neuen Räume?
Vielleicht liegt es auch an der starken Hierarchie in kleinen und mittleren Architekturbüros, die von einzelnen Inhaber:innen geführt werden. Chef:innen alten Schlags folgen oftmals noch dem Bild der Meisterarchitekt:innen und ihrem Zeichnervolk. Vielleicht bleibt aber auch einfach keine Zeit und kreative Laune, um sich den eigenen Räumen so zu widmen, wie denen der zahlenden Bauherrschaften.
Fabian P. Dahinten studierte Architektur an der Hochschule Darmstadt startet nun ins Berufsleben und engagiert sich bei der Nachwuchsorganisation nexture+.
Hier findet ihr alle Nachwuchs-Kolumnen von Fabian.
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