Hier geht es zu Teil 1 „Gemeinsame Projekträume“
Von Marian Behaneck
Planer kennen das: Details, Kollisionen oder Problempunkte im Plan einem Projektpartner am Telefon zu beschreiben, ist anstrengend. Auch wenn er denselben Planstand vorliegen hat, kann es zu Missverständnissen kommen. Die Zeit, die man braucht, um zu beschreiben, welches Bauteil in welchem Bauabschnitt, Geschoss, Raum, bei welcher Wand, Stützen- oder Trägerachse man genau meint, könnte sinnvoller für die Problemlösung genutzt werden. Deshalb wurde mit dem BIM Collaboration Format (BCF) ein Standard geschaffen, mit dem Probleme oder Kollisionen im BIM-Modell per Mausklick inklusive der dazugehörigen Informationen angezeigt werden. BCF ist aber mehr als ein digitaler gelber Post-it für BIM-Modelle.
Was ist und was kann BCF?
Das BIM Collaboration Format ist, wie das BIM-Datenaustauschformat IFC, ein offener, herstellerneutraler openBIM-Datenstandard für den digitalen Austausch von Kommentaren, Anfragen, Kollisionsberichten oder allgemeinen Informationen zu BIM-Bauwerksmodellen. Während IFC den Austausch und die Koordination von BIM-Modellen ermöglicht, vereinfacht das BCF-Format den Austausch modellbezogener Nachrichten und Informationen zwischen Projektbeteiligten. Es enthält nur Kommunikationsdaten, keine Modellgeometrie.
Das hat Vorteile: für den Informationsaustausch müssen keine sperrigen BIM-Modelle hin- und hergesandt werden und eine Kommunikation ist auch zwischen unterschiedlichen Programmen möglich. BCF ermöglicht somit eine flexible Koordination zwischen Projektpartnern, die im Rahmen eines Big/Open BIM-Projektes mit unterschiedlichen Programmen an unterschiedlichen Fachmodellen arbeiten. Bei der Zusammenführung von BIM-Fachmodellen erkannte Probleme lassen sich so schneller und effizienter gemeinsam lösen, als das mit herkömmlichen Methoden (PDF-Planversand, Telefon, E-Mail) möglich wäre.
Eine Besonderheit des BCF-Formats ist seine intelligente Kommunikation mit den beteiligten Programmen: BCF erkennt, welche Bearbeiter, Programme, Bauteile oder Elemente an einem Problem beteiligt sind. Das können auch mehrere Elemente sein, beispielsweise ein Lüftungskanal und ein Wanddurchbruch. Erstellt der Bearbeiter einen Screenshot eines Kollisionspunktes und versendet er ihn als BCF-Datei an einen beteiligten Projektpartner, erhält dieser in seinem Programm die BCF-Nachricht mit exakt der gleichen Ansicht des Problems.
Wie kann man BCF nutzen?
Dank einer eindeutigen Identifikationsnummer für jedes Objekt im BIM-Modell, zoomt sich das Programm automatisch auf den betreffenden Modellausschnitt ein. Man muss also nicht mehr zum Beispiel nach einer falsch positionierten Steckdose im gesamten Gebäudemodell suchen. Jede BCF-Nachricht ist ebenfalls mit einer Identifikationsnummer versehen, sodass man nachverfolgen kann, wer, welche Probleme gemeldet hat, welche noch ungelöst sind und welche bereits behoben wurden. Wurde ein Problem gelöst, erhalten der BIM-Projektmanager und alle Beteiligten eine entsprechende Nachricht. Auch Analysen sind möglich, beispielsweise wie viele Konflikte in einer bestimmten Zeit für welche Projekte, Bauabschnitte, Gewerke etc. gemeldet wurden. Über die Auswertungsfunktion lassen sich beispielsweise Statistiken zu besonders problemanfälligen Bauteilen oder der Dauer von Problembehebungen erstellen. Das hilft, die Qualität der Planung zu verbessern und Prozesse zu optimieren.
Nützlich ist das BCF-Format in jeder Projektphase: In der Entwurfsphase können Alternativen diskutiert und kommentiert werden, in der Genehmigungs-, Werk- und Detailplanung lassen sich im BIM-Koordinationsmodell erkannte Probleme schneller und effizienter gemeinsam lösen, in der Ausführungsphase kann man Einbau- und Montagehinweise oder Änderungen festhalten. Auch bei der Übergabe von AsBuilt-Modellen („wie gebaut“) sind digitale Gelbe Zettel nützlich: man kann damit auf Änderungen gegenüber der Planung, wichtige Punkte oder Besonderheiten hinweisen, für den Gebäudebetrieb Wartungs- und Instandhaltungsanweisungen hinterlegen und so weiter.
Was enthält eine BCF-Datei?
In einer BCF-Datei sind Informationen in codierter Form enthalten, anhand derer eine BIM-Software über Konflikte informiert wird, die in einer anderen BIM-Software gefunden wurden. Das ursprünglich 2010 von Solibri und Tekla entwickelte Datenformat BCF wird heute unter der Federführung von buildingSMART International weiterentwickelt. Vor allem seit der Version 2.0 von 2014 wird BCF mittlerweile von vielen bauspezifischen CAD- oder BIM-Modellprüfprogrammen unterstützt. Die verbesserte und erweiterte Version 2.1 ist noch nicht verbreitet. BCF basiert auf dem textbasierten, für die Darstellung hierarchisch strukturierter Daten konzipierten XML-Datenformat. Deshalb haben BCF-Dateien die Dateierweiterung BCFXML oder in komprimierter Form BCFZIP und können entweder dateibasiert oder per Web-Anwendung übertragen werden.
Jeder Konflikt wird mit einem eigenen BCF-Eintrag erfasst und in einem eigenen Ordner abgelegt. Dieser Ordner enthält alle weiteren Informationen, die so genannten Viewpoints und Topics sowie Screenshots. Viewpoints enthalten die zum jeweiligen Screenshot zugehörige Kameraposition und Blickrichtung auf das jeweilige Problem sowie Schnittebenen, sichtbare und selektierte Bauteile. Anhand eines oder mehrerer Screenshots, der geometrischen Koordinaten des lokalisierten Problems sowie der internen Identifikationsnummern der beschriebenen Bauteile lässt sich das Problem in der jeweiligen BIM-Software blitzschnell lokalisieren.
In den Topics sind die strukturierten Metadaten enthalten. Dazu gehören unter anderem der BCF-Typ – das können ein oder mehrere Kommentare, ein Konflikt, eine Anfrage oder eine Lösung sein. Der Status gibt an, ob eine Aufgabe offen, erledigt, in Prüfung oder geschlossen ist. Neben dem Titel, dem Erstellungsdatum und dem Autor der BCF-Nachricht wird auch die Dringlichkeit der Aufgabe in Form von Prioritäten festgehalten. Außerdem hat jeder Eintrag eine Historie, anhand der – von der Problemerfassung bis zur Erledigung – der gesamte Vorgang rückverfolgt werden kann.
Wie läuft der Workflow ab?
Die von Architekten, Tragwerks- und TGA-Planern erzeugten Fachmodelle werden vom BIM-Koordinator per IFC-Schnittstelle in ein BIM-Modellprüfprogramm importiert. Stellt er dabei manuell oder automatisch mit Hilfe individuell konfigurierter Prüfalgorithmen Kollisionen und Probleme fest, werden daraus Protokollpunkte (sogenannte „Issues“) erstellt. Dabei wird für jedes festgestellte Problem ein eigener BCF-Eintrag erzeugt (zum Beispiel. „Konflikt zwischen RLT-Kanal und Unterzug in Raum 205“). Jeder Eintrag besteht aus einem eigenen Ordner, der in komprimierter Form als gezippte BCF-Datei mit der Dateierweiterung „BCFZIP“ gespeichert und per E-Mail an die betroffenen Projektpartner versandt wird. Diese öffnen die Datei im eigenen Programm und können die Konfliktpunkte dank automatischer Zoom-Funktion und dazugehörigem Kommentar sofort erkennen und verstehen.
Im nächsten Schritt lösen die Fachplaner die Probleme direkt in ihrem Fachmodell und senden die korrigierte IFC-Version, parallel zur BCF-Datei mit einem entsprechenden Kommentar und geändertem Status (Bearbeitungsstatus, Autor, Änderungsdatum), dem BIM-Koordinator zurück. Dieser prüft die Fachmodelle erneut und setzt – sofern die Probleme gelöst wurden – den BCF-Status auf „geschlossen“. Ist er mit dem Ergebnis nicht zufrieden, setzt er ihn auf „offen“ und der Korrekturkreislauf beginnt erneut.
Der Versand von Dateien zur Korrektur und Koordination ist zwar besser als der Versand von Excel-Listen und korrespondierenden Screenshots, setzt aber Disziplin von allen Beteiligten und klare Regeln für das Management in Bezug auf die Nomenklatur, Ablage, Priorisierung, Verlaufsverfolgung etc. voraus. Das kann bei großen Projekten mit mehreren hundert oder tausend manuell oder automatisch generierten Konfliktpunkten schnell zu einer Herausforderung werden. Deshalb wurden spezielle BCF-Managementprogramme geschaffen.
Was können BCF-Manager?
Digitale BCF-Manager machen den manuellen Versand und die manuelle Verwaltung von BCF-Nachrichten überflüssig. Werden entsprechende Lösungen als Plug-Ins in die jeweilige BIM-Software (zum Beispiel Architektur-CAD, TGA-CAD, Statik-CAD, BIM-Modellprüfprogramm etc.) implementiert, lassen sich BCF-Nachrichten einfacher und bequemer erstellen, filtern, abrufen und austauschen. Planer können damit aus ihrem individuellen BIM-Programm eine BCF-Nachricht schreiben, die praktisch simultan in einem Info-Fenster des betreffenden Projektpartners erscheint und per Mausklick automatisch auf den jeweiligen Problempunkt zoomt, worauf dieser auf die Anfrage oder den Hinweis sofort reagieren kann. Damit lassen sich Probleme und Kollisionen im BIM-Modell nahezu in Echtzeit und gegebenenfalls in Verbindung mit einem Video-Konferenzsystem relativ bequem besprechen.
Webbasierte Kollaborationsplattformen, wie BIMCollab Cloud, Bimsync, BIMTrack oder Revizto bieten noch mehr. Damit können Nachrichten mit mehreren externen Projektpartnern synchron ausgetauscht und auch mit jenen Projektpartnern geteilt werden, die über keine BIM-Software und entsprechende Kenntnisse verfügen, also etwa Handwerker oder Bauherren. Dazu bieten BCF-Manager eine entsprechende Zugangs- und Rechteverwaltung. Dokumentationen und Auswertungen der Aktivitäten aller Cloud-Nutzer machen Abläufe transparent und ermöglichen Prozess-Optimierungen.
Fazit: BCF beschleunigt Abstimmungsprozesse
BCF ist im Rahmen der BIM-Planungsmethode ein wichtiger Baustein, der den Koordinationsworkflow gegenüber herkömmlichen Arbeitsweisen erheblich rationalisiert. Er kann dazu beitragen, Fehler, Kollisionen und Problempunkte einfacher zu lokalisieren, Zuständigen zu delegieren, mit diesen gemeinsam zu besprechen und den Bearbeitungsstand zu verfolgen. Eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Architekt, Fachplanern und ausführenden Firmen setzt insbesondere bei größeren Projekten allerdings den Einsatz cloudbasierter BCF-Manager voraus, sonst wird es schnell unübersichtlich.
Marian Behaneck ist freier Fachjournalist in Jockgrim (Pfalz)
Produkte und Anbieter
Links, Literaturhinweise und Quellen
- buildingSmart Deutschland
- buildingSmart International
- Autodesk (Hrsg.): Revit IFC Handbuch. Ausführliche Anleitung für den Umgang mit IFC-Dateien, Eigenverlag, München 2018
- Döring, T.: BCF – Endlich verständlich, aus: Build-Ing 1/2019, Huss-Medien, Berlin
- Esser, S.: Kommunikation in BIM-Projekten auf Grundlage von BCF-Daten (zum Download), Technische Universität München, Eigenverlag, München 2018
- Hausknecht, K., Liebich, T.: BIM-Kompendium. Building Information Modeling als neue Planungsmethode, Fraunhofer IRB Verlag, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart 2021
- Trimble (Hrsg.): BIM Collaboration Format. Für den verbesserten Informationsaustausch zwischen den Gewerken (als E-Book)
- In Teil 1 geht es einführend um gemeinsame Projekträume für Architektur und Fachplanung.
- In Teil 3 geht es um Aussparungen und Durchbrüche als Anwendungsfall für BIM-Projekträume.