Wenn wir die Klimakrise nicht abbremsen, werden die Folgen verheerend. In der Bauwelt stehen entscheidende Werkzeuge für einen Kurswechsel bereit. Wir müssen nur beherzt danach greifen
Von: Lorenz Hahnheiser Lorenz Hahnheiser schreibt über die Architekturlehre an den Unis, architekturpolitische...
„We are on a fast track to climate disaster. (…) This is not fiction or exaggeration. It is what science tells us will result from our current energy policies“, hält UN-Generalsekretär Guterres in Bezug auf den aktuellen Bericht des Zwischenstaatlichen Sachverständigenrates für Klimaänderungen (IPCC) fest. Der IPCC ist ein wissenschaftliches Gremium, das umfassend Studien zur Klimakrise sammelt, sie bewertet und zusammenfasst. Geballte Wissenschaft, begleitet von politischen Verantwortungsträger:innen, um aus tausenden Forschungsberichten und endlosen Datenmengen effektive Forderungen zu erarbeiten.
Der aktuelle Synthesebericht hebt hervor, dass wir die 1,5 Grad nicht schaffen und dass der Mensch verantwortlich ist – woraus resultiert: Wir haben die Fäden in der Hand. Wir können durch unser Handeln beeinflussen, wohin die Reise geht. Die Zunahme von Naturkatastrophen ist zwar nicht mehr zu vermeiden, in Europa sind das zum Beispiel Dürren, Trinkwassermangel, oder Krankheiten.
Bleiben wir unter zwei Grad, eskaliert die Klimakrise aber immerhin nicht noch drastischer. Obwohl wir in Deutschland überproportional für den Temperaturanstieg verantwortlich sind, bleiben die Auswirkungen bei uns, im weltweiten Vergleich, noch recht erträglich. Umso mehr sind wir darum in der Verantwortung unser Handeln umzuschwenken. Wie der IPCC Bericht festhält, steigen die Emissionen im Moment nach wie vor, statt zu sinken. Das Zeitfenster für einen Handlungswandel schließt sich.
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Die Werkzeuge der Baubranche liegen auf der Hand
Der Bericht zeigt auf, dass es effektive, wissenschaftlich bestätigte Maßnahmen gegen die Eskalation der Klimakrise gibt. Wir könnten aufhören Treibhausgase zu emittieren. Doch noch ist die Baubranche auf den Nutzen fossiler Energien und Rohstoffe ausgelegt und noch immer wird ungebremst gebaut. Der Flächenbedarf pro Person in Deutschland wächst nach wie vor.
Aufbauend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen hat der Architekt:innen-Zusammenschluss Countdown 2030 einen Katalog erstellt, der zukunftsfähiges Bauen im städtischen Gebäude- und Detailmaßstab aufzeigt. Die Architects for Future (A4F) haben vor kurzem ihre Forderungen aktualisiert. Mit einer Petition haben sie die Bauwende in den Bundestag gebracht.
Die Handlungsempfehlungen der A4F lauten: Um so wenig zu Bauen wie möglich, muss der Bestand effizient und klimaneutral genutzt werden. Es gilt darum, Bedarfe zu überdenken, Abriss zu hinterfragen, die Energiewende zu beschleunigen und Gebäude fossilfrei zu betreiben. Erst wenn Neubau unvermeidbar ist, darf gebaut werden. Und wenn, dann mit langfristigen Qualitäten, kreislauffähig und klimapositiv.
Die Qualitäten von Gebäuden, Stadt und Land betreffen Menschen direkt und über den Gesundheitszustand der Natur auch indirekt. Deshalb kennzeichnen laut A4F schadstofffreies Bauen und architekturpsychologische Faktoren eine gesunde Architektur. Vor allem durch passive und natürliche Strategien, wie Verschattung und Entsiegelung können wir Resilienz angesichts der Klimakrise stärken. Das Ziel der Architektur, soziale Verantwortung zu übernehmen, bedeutet auch, Biodiversität zu erhalten und zu fördern.
All das bringt eine hohe Komplexität mit sich, die wir schon in den Grundlagen der Planungen berücksichtigen müssen. Voraussetzung dafür ist, dass Entwurf und Bau von umfänglichem Wissen begleitet werden. Die abschließende Forderung der A4F lautet darum: Plant integral!
Der Nachwuchs will sofort mit der Bauwende loslegen
Nicht nur auf der Straße kämpft der Nachwuchs der Baubranche mit Blick auf die Klimakrise für einen Wandel. Beim letzten Vernetzungstreffen der Nachwuchsorganisation nexture+ waren Bauwende und Nachhaltigkeit in der Lehre große Themen. Die junge Generation möchte in den Hochschulen und Universitäten handlungsfähig gemacht werden, um mit dem Abschluss in der Tasche sofort ihren Teil zum Wandel beizutragen. Die Studierendengruppe less:on beispielsweise nimmt das in Kassel selbst in die Hand. Mit einer Vortragsreihe und Forderungen an die Lehre kämpfen sie für den Wandel.
Und es muss gekämpft werden, denn die Notwendigkeit des Umschwunges ist weder in der Baupraxis noch an unseren Unis und Hochschulen überall durchgedrungen. Weil es gegen die Klimakrise nicht schnell genug vorangeht, vernetzt eine offene Gruppe sich nun universitätsübergreifend, um kollektiv nachhaltige Lehre einzufordern und sie im Zweifel selbst zu gestalten. Alle zusammen müssen wir unser Handeln umstellen, es ist klar, wie wir das anstellen können. Oder wie Guterres schließt: „We have never been better equipped to solve the climate challenge, but we must move into warp speed climate action now. We don’t have a moment to lose.“
Lorenz Hahnheiser hat sein Bachelor-Architektur Studium an der Leibniz Universität Hannover abgeschlossen, nutzt die Zeit vor dem Master für erste Bauerfahrungen und engagiert sich bei der Nachwuchsorganisation nexture+.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten und Luisa Richter.
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