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Urheberrecht an Gebäuden: Reden statt streiten

Gefährdet das Urheberrecht den Umbau von Bestand? Wohl kaum, erfüllen doch nur wenige Bauwerke die strengen Kriterien für ein Urheberrecht. Und es könnten noch weniger werden, denn die Justizminister wollen das Urheberrecht für Gebäude mit „Gebrauchszweck“ abschaffen

29.06.20234 Min. Kommentar schreiben
BAK-Geschäftsführer Dr. Tillman Prinz
Dr. Tillman Prinz, Bundesgeschäftsführer der Bundesarchitektenkammer

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Reden statt streiten“ im Deutschen Architektenblatt 07.2023 erschienen.

Während uns in Zeiten von künstlicher Intelligenz wie ChatGPT die Frage nach einer von Menschen gemachten geistig-schöpferischen Leistung umtreibt, erreicht uns auf einem wesentlich weniger komplexen Niveau eine Entwicklung, die (auch) Sorge macht.

Konflikt zwischen Nachhaltigkeit und Urheberrecht?

Wir fordern seit Jahren, Umbau gegenüber Neubau zu privilegieren, um Ressourcen, Flächenverbrauch und CO2-Ausstoß einzusparen. Damit steigt aber zwangsläufig das Risiko urheberrechtlicher Konflikte.

Denn während die Bauwerkseigentümer zum Beispiel im Sinne der Nachhaltigkeit die Gestalt verändern wollen, pochen die Urheberinnen oder ihre Erben oftmals auf den unveränderten Erhalt eines Gebäudes. Hiervon sind regelmäßig auch die vom Eigentümer mit der Umplanung beauftragten Architektinnen und Architekten betroffen.

Kein Urheberrecht bei Gebrauchszweck?

Nunmehr soll nach den Vorstellungen einer von der Justizministerkonferenz der Länder eingerichteten Arbeitsgruppe das aus ihrer Sicht „zu starke Urheberrecht“ der Architektinnen und Architekten eingeschränkt werden. Danach sollen Bauwerke, die einen sogenannten Gebrauchszweck haben, nicht mehr als Werke der Baukunst im Sinne des Urheberrechtsgesetzes anerkannt werden und folglich deren Urheber sich auch nicht mehr gegen Änderungen ihrer Werke schützen können.

Werke der Baukunst im Sinne des Urhebergesetzes sind nach anerkannter Rechtsprechung Bauwerke, „die sich von der Masse des alltäglichen Bauschaffens abheben“.

Bauwende kaum im Konflikt mit Urheberrecht

Ganz gleich, ob es sich um eine Trafostation oder ein Ehrenmal handelt: Nur besonders herausragende Gestaltungen werden als Werke der Baukunst anerkannt. Dieses Kriterium betrifft wahrscheinlich nur einen einstelligen Prozentbereich unserer Gebäude. Die auch vom Berufsstand geforderte Bauwende – weniger Neubau, mehr Umbau – gerät also kaum mit dem Urheberrecht in Konflikt.

Der Konflikt liegt vielmehr zwischen der umbaufreudigen Auftraggeberin und dem ursprünglichen Entwurfsarchitekten, den sie bei den geplanten Umbaumaßnahmen ignoriert – ganz gleich, ob es sich um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt oder nicht. Das Urheberrecht wird also auch missbräuchlich ins Feld geführt und stört so den Planungsablauf.

Würdigung der architektonischen Leistung

Tatsächlich geht es aber um ganz andere Interessen: um die Würdigung der architektonischen Leistung, indem vor einer geplanten Veränderung Aspekte des geistigen Eigentums thematisiert werden. Dem Werk des Architekten oder der Architektin wird Respekt entgegengebracht, indem zunächst Kontakt hinsichtlich der Änderungsplanungen aufgenommen wird.

Anstatt also die ohnehin wenigen Rechte, die Urheber haben, weiter zu begrenzen, würde es dem störungsfreien Planungsablauf – und darum sollte es auch den Justizministerinnen und -ministern der Länder gehen – wesentlich wirkungsvoller helfen, wenn der ursprüngliche Architekt oder dessen Erben vor der Umbaumaßnahme informiert werden. Sollten diese nicht sofort ausfindig gemacht werden können, stehen die Architektenkammern der Länder zur Seite, um die Suche über ihr Netzwerk zu unterstützen.

Wettbewerb oder Ausstellung können zu Einigung beitragen

Weitere Lösungen im Konfliktfall wären beispielsweise eine Entschuldigung der Auftraggeber gegenüber der Architektin oder dem Architekten für die versäumte Kommunikation und die Einrichtung eines „runden Tisches“ unter Hinzuziehung der Architekten zur Auffindung der besten architektonischen Lösung. Auch die Durchführung eines Architektenwettbewerbs unter Jury-Beteiligung des Urhebers oder eine Ausstellung, die den architektonischen Werdegang des Bauwerkes dokumentiert, können zu einer Einigung beitragen.

Der Vorschlag der Arbeitsgruppe der Justizministerkonferenz geht also vollständig am Ziel vorbei. Er wird kaum zur Lösung der potenziellen Konflikte beitragen. Wir sind im Gespräch und hoffen, im Interesse von Auftraggebern und Architektinnen (sowohl den ursprünglichen als auch den umplanenden) hinsichtlich einer zielführenderen Kommunikation zu überzeugen.

Dr. Tillman Prinz, Bundesgeschäftsführer der Bundesarchitektenkammer.

 

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