Axel Plankemann
Auch die Planung und Durchführung von Baumaßnahmen wird nicht selten arbeitsteilig durchgeführt. Der nur mit der Objektüberwachung beauftragte Architekt muss dabei zwangsläufig auf den Plänen eines anderen aufbauen. Diese Pläne, insbesondere Ausführungspläne, muss ihm der Bauherr zur Verfügung stellen. Sind diese Pläne mangelhaft und führen zu einem Bauwerksmangel, so kann nach einem neuen Urteil des BGH (VII ZR 206/06 vom 27.11.2008) nunmehr der bauüberwachende Architekt dem Bauherrn die Mangelhaftigkeit der von ihm zur Verfügung gestellten Pläne als Mitverschulden entgegenhalten.
Die Konstellation einer separaten Beauftragung von planendem und bauüberwachendem Architekten hat zunächst einmal für den Bauherrn den Vorteil, dass er sich bei einem auf Planungsfehler beruhenden Bauwerksmangel grundsätzlich aussuchen kann, welchen der beiden (gesamtschuldnerisch haftenden) Architekten er in Anspruch nehmen will. Eher zurückhaltend war die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bei der Frage, ob der bauüberwachende Architekt seine Haftungssituation dadurch erleichtern konnte, dass er dem Bauherrn die Lieferung der falschen Pläne als Mitverschulden entgegenhielt.
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall war diese Fragestellung für den bauüberwachenden Architekten auch von großer Bedeutung. Weil der planende Architekt inzwischen insolvent geworden war und der Schaden nicht (vollständig) durch dessen Berufshaftpflichtversicherung abgedeckt wurde, sollte der bauüberwachende Architekt mit dem vollen Schadensrisiko gleich auch das Insolvenzrisiko seines planenden Berufskollegen mitübernehmen. Während das zuständige Oberlandesgericht den bauüberwachenden Architekten zur Zahlung in voller Höhe verurteilte, gelangte der BGH zu einer anderen Beurteilung.
Zwar hatte er bislang diese Fallgestaltung noch nicht entschieden, aber bereits in einer früheren Entscheidung im Jahr 2002 festgestellt, dass der Bauherr verpflichtet sei, dem Bauunternehmer mangelfreie Pläne zur Verfügung zu stellen. Diese Übergabe ist eine Obliegenheit des Bauherrn, für welche dieser auch im Hinblick auf seinen „Erfüllungsgehilfen“, den planenden Architekten, in der Verantwortung steht. Nach Meinung des BGH gilt für das Verhältnis zum bauüberwachenden Architekten nichts anderes: Wie der ausführende Unternehmer kann auch der Bauleiter seine Aufgaben nur mit mangelfreien Plänen erfüllen, zu deren Übergabe der Bauherr verpflichtet ist.
In gleicher Weise kann sich mit dieser Entscheidung nun auch der bauüberwachende Architekt haftungsrechtlich auf ein Mitverschulden des Bauherrn berufen, wenn dieser mangelhafte Pläne zur Verfügung stellt und diese bei der Entstehung eines Schadens mit ursächlich sind: Im Schadensfall kann damit der bauüberwachende Architekt seine eigene Haftungsquote reduzieren, was nicht nur bei Zahlungsunfähigkeit des planenden Architekten die Risikosituation für den Bauleiter verbessert.
Unberührt bleibt allerdings auch die Verpflichtung des bauüberwachenden Architekten, die ihm vorgelegten Pläne in den durch die Aufgabe vorgegebenen Grenzen daraufhin zu überprüfen, ob sie geeignet sind, das Bauwerk mangelfrei entstehen zu lassen. Gleichwohl ist die Zurechnung des Mitverschuldens beim Bauherrn sachgerecht. Sie führt insbesondere dazu, dass die Rückgriffs- und Insolvenzrisiken unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen unter den Beteiligten verteilt werden.
Im selben Urteil befasste sich der BGH auch mit Aspekten des Organisationsverschuldens und stellte fest, dass die Schwere eines Baumangels für sich genommen nicht ohne Weiteres den Rückschluss auf einen Organisationsmangel in der Bauüberwachung zulässt (vgl. DAB 4/09, S. 38).
Axel Plankemann ist Rechtsanwalt in Hannover.
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