Fred Wagner
Sie sind mal selbstständig und mal angestellt und die Einkommen schwanken oft: Gerade für Architekten und Planer ist es oft nicht leicht, die richtige Krankenkasse zu finden. Es wird noch schwerer dadurch, dass das deutsche Gesundheitssystem eine politische Dauerbaustelle ist. Das erzeugt viel Verwirrung, bringt aber auch Positives: Bald soll jeder wieder krankenversichert sein. Noch vor zwei Jahren lebten in Deutschland rund 200 000 Menschen ohne diesen Schutz. Mit der schrittweisen Einführung der Versicherungspflicht sind es schon jetzt deutlich weniger. Im Zuge der Gesundheitsreform müssen sich alle Bürger versichern, ob in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) oder einer privaten Krankenversicherung (PKV). Und in beiden Systemen gibt es zahlreiche Neuerungen.
Erhalten bleibt ein Privileg vieler Architekten und Planer: die Gruppenversicherung, die ihre Kammer mit einer privaten Krankenkasse abgeschlossen hat. Sie bietet Vorteile wie ermäßigte Beiträge und gleiche Bedingungen für Familienangehörige; Einzelverträge können jedoch nur mit ausgewählten Krankenkassen abgeschlossen werden (siehe Kasten Seite 36).
Neues in der gesetzlichen Krankenkasse
Die wichtigste Änderung ist die Einführung des Gesundheitsfonds, über den der Einzug und die Verteilung der Beiträge erfolgt. Der einheitliche Beitragssatz zum Start des Fonds beträgt 15,5 Prozent. Davon zahlt der Versicherte 8,2 Prozent, die vom Bruttogehalt abgezogen werden. Der Arbeitgeber überweist darüber hinaus weitere 7,3 Prozent des Bruttoeinkommens. Für Einkommensteile über 3 675 Euro pro Monat, die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze, ist kein Beitrag fällig. Die Kassen können einen Zusatzbeitrag von bis zu einem Prozent verlangen und eventuelle Überschüsse an die Versicherten auszahlen. Welche Kasse zusätzliche Beiträge erhebt oder zurückerstattet, ist derzeit nicht bekannt. Zudem können Kassen ab 2009 insolvent gehen. Die Schulden einer insolventen Kasse werden dann auf die anderen Kassen der gleichen Kassenart verteilt.
Bei Selbstständigen erfolgt die Beitragsberechnung auf Basis des letzten vorliegenden Einkommenssteuerbescheids, der der Kasse vorgelegt wird. Der Mindestbeitrag richtet sich nach der sogenannten Mindestbeitragsbemessungsgrundlage. Diese beträgt derzeit 1 890 Euro pro Monat in den alten und neuen Bundesländern. Wer rund 282 Euro im Monat nicht aufbringen kann (14,9 Prozent von 1 890 Euro), kann mit seiner Kasse über eine individuelle Ausnahmeregelung im Härtefall verhandeln.
Viele Freiberufler und Unternehmer sind von einer weiteren Änderung betroffen: dem Wegfall des Krankentagegeldanspruchs für Selbstständige. Bisher konnten sich diese über einen erhöhten Beitragssatz ein vorgezogenes Krankengeld vor Ablauf der siebten Krankheitswoche sichern.
Mit Inkrafttreten des Gesundheitsfonds dürfen die Kassen jedoch keinen erhöhten Beitragssatz mehr anbieten. Die Beiträge für Selbstständige werden dann grundsätzlich mit dem ermäßigten Beitragssatz von 14,9 Prozent berechnet. Der Hintergrund: Die Bundesregierung möchte die Wettbewerbsfähigkeit der gesetzlichen Kassen stärken und lässt aus diesem Grund sogenannte Wahltarife in der GKV zu. Damit einher geht der Wegfall des Krankengeldanspruchs für Selbstständige ab 1. Januar 2009. Im Gegenzug dürfen die gesetzlichen Kassen den Betroffenen einen Wahltarif mit Krankentagegeld anbieten.
Allerdings ist der Versicherte bei diesem Tarif drei Jahre an seine Kasse gebunden. Ein Wechsel der gesetzlichen Kasse, zum Beispiel bei Beitragserhöhungen, oder in die PKV ist dann für drei Jahre ausgeschlossen. Eine Alternative zum Wahltarif ist die Zusatzversicherung bei einer privaten Krankenkasse.
Neues in der privaten Krankenversicherung
Ab diesem Jahr müssen die privaten Krankenversicherer einen Basistarif anbieten, der den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Der Beitrag dafür darf den Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht überschreiten. Dieser Basistarif steht auch Kunden ohne Gesundheitsprüfung offen. Damit sollen alle wieder krankenversichert werden, die momentan keine Krankenversicherung haben, denen aus irgendwelchen Umständen -gekündigt worden ist und die der privaten Krankenversicherung zugeordnet sind.
Eine Kündigung wegen nicht gezahlter Beiträge und ein Rücktritt des Versicherers sind im Basistarif ausgeschlossen. Kann ein Kunde seinen Beitrag für den Basistarif nachweislich nicht aufbringen, zahlt er nur die Hälfte des Höchstbeitrags, im schlimmsten Fall sogar nur ein Viertel. Der Rest wird über eine Umlage durch die anderen PKV-Versicherten gezahlt. Der Höchstbeitrag für den Basistarif beträgt 569,63 Euro.
Wer mit der Beitragszahlung zwei Monate in Rückstand gerät, erhält von der PKV eine Mahnung. Der Leistungsanspruch ruht bis zur Nachzahlung der Beiträge, für die der Versicherer einen Säumniszuschlag verlangen kann. Aufwendungen für akute Erkrankungen und Schmerzzustände sowie für Schwangerschaft und Mutterschaft sind von der Kasse zu erstatten. Sind die geschuldeten Beiträge nicht innerhalb eines Jahres nach Beginn des Ruhens gezahlt, kommt der Versicherte in den Basistarif. Auch dann werden nur die oben genannten Leistungen erstattet.
Neuversicherte (Verträge mit Wirkung ab 1. Januar 2009) in der privaten Krankenversicherung können jetzt bei einem Wechsel der privaten Krankenversicherung ihre Altersrückstellungen mitnehmen. Damit haben auch Ältere erstmals realistische Wechselchancen. Bestandskunden können dagegen nur bis zum 30. Juni 2009 die private Krankenversicherung wechseln und einen Teil ihrer Altersrückstellungen mitnehmen. Nach diesen sechs Monaten ist die Mitnahme der Altersrückstellungen für diese Gruppe nicht mehr möglich. Das heißt: Im Alter können die Beiträge enorm steigen, weil weniger Rücklagen zur Verfügung stehen.
Das Wechselprozedere: Der Kunde muss beim neuen Versicherer in den Basistarif wechseln und dort 18 Monate verbleiben. Erst dann kann er in einen herkömmlichen PKV-Tarif wechseln und seinen Übertragungswert, also Altersrückstellungen aus der bisherigen Kasse, mitnehmen.
Höhere Beiträge bei den Privaten zu erwarten
Die neuen Änderungen in der privaten Krankenversicherung, so vermuten Experten, werden die Beiträge der PKV in die Höhe treiben. Zum einen rechnet sich der Basistarif nicht, da auch Menschen mit Krankheiten aufgenommen werden müssen. Zum anderen werden Junge und Gesunde wohl vermehrt die Wechselmöglichkeiten innerhalb der Sechsmonatsfrist nutzen und sich unter Mitnahme der Altersrückstellungen einen besseren oder günstigeren Versicherer suchen. Das könnte sich dann für alle negativ auswirken, die aufgrund von Krankheiten nicht mehr wechseln können: Sie bleiben in ihrem Tarifwerk zurück, während die Gesunden und Jungen es verlassen.
Auch die Mitnahme der Altersrückstellungen bei einem Wechsel wird die Kosten und damit die Beiträge einiger Privatversicherer erhöhen. Bisher sind diese Altersrückstellungen bei einem Wechsel des Privatversicherten in der alten Krankenversicherung zurückgeblieben und kamen somit allen Privatversicherten zugute.
Fazit: Wer eine neue Krankenversicherung sucht, sollte nicht nur Leistung und Beitrag vergleichen. Es gibt auch andere Kriterien, die wichtig sind, um mit der eigenen Krankenversicherung dauerhaft zufrieden zu sein.
Gruppenversicherung über die Kammern
Alle Architektenkammern bis auf Thüringen haben sogenannte Gruppenversicherungen mit privaten Krankenkassen abgeschlossen. Vertragspartner sind die DKV, die Barmenia sowie die Inter Krankenversicherungs AG (Architektenkammer Sachsen) und die Victoria (Architektenkammer Berlin).
Durch einen Gruppenversicherungsvertrag können Architekten sich und ihre Familien oder Lebenspartner (in häuslicher Gemeinschaft) zu besseren Konditionen versichern. Die Tarife liegen nach Auskunft der Versicherer circa vier bis acht Prozent unter den -regulären Beiträgen. Wählbar ist das gesamte Angebot von der Vollversicherung bis zu einzelnen Ergänzungstarifen. Mit der DKV haben zurzeit rund 21 000 Architekten einen Vertrag geschlossen, bei der Victoria in Berlin sind es rund 500 Berliner Kollegen.
Eine Gruppenversicherung für Architekten bietet
folgende Vorteile:
- Mitversicherung der Familienangehörigen zu gleichen Konditionen
- Keine Wartezeiten: Die Versicherung tritt sofort in Kraft
- Annahmegarantie: Die Kasse verzichtet in der Regel auf ihr Recht, einzelne Beitrittserklärungen abzulehnen
- Absicherung der laufenden Bürokosten im Krankentagegeld
- Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Beitragsrückerstattung möglich
- Betreuung vor Ort durch regionale Mitarbeiter
Diese Vorteile bleiben – auf Anfrage bei den Kassen – den Versicherten auch bei einem Wohnort- und Kammerwechsel erhalten. Es reicht aus, sich bei der Kammer umzumelden und der Kasse den Umzug anzuzeigen.
Vor- und Nachteile der privaten Krankenversicherung gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung.
Vorteile
- Rückstellungen für das Alter: Einen Teil der Beiträge legt der Versicherer für das Alter zurück, damit der Versicherte geringere Beitrags-steigerungen hat.
- Leistung bleibt erhalten: Was im Vertrag vereinbart wurde, gilt ein Leben lang. Bei den gesetzlichen Krankenversicherungen können Leistungen gekürzt oder gestrichen werden.
- Bevorzugte Behandlung: Ein schnellerer Arzttermin, ein eigenes Wartezimmer, die freie Wahl der Therapie oder ein Originalmedikament statt eines Generikums – ein Privatpatient genießt viele Privilegien.
- Tarifauswahl: Der Versicherte kann sich einzelne Leistungen nach Wunsch zusammenstellen – solange es der Geldbeutel zulässt.
Nachteile
- Kaum Wechselmöglichkeit im Alter: Wer alt ist oder schon einmal ernsthaft krank war, hat kaum eine Chance, eine bezahlbare Police zu finden, in der nicht alle Krankheitsrisiken der Vergangenheit ausgeschlossen sind.
- Kosten: Die Versicherten zahlen nicht nur für die gesamte Verwaltung, sondern auch für die teure Vertriebsmannschaft der Versicherer.
- Ausschlüsse und Risikozuschläge: Wer wechseln will, muss Vor-erkrankungen genau angeben. Der Versicherer kann dann ausschließen, bestimmte Behandlungskosten zu übernehmen – es sei denn, es wird ein Risikozuschlag gezahlt.
- Kinder: Kinder brauchen eine eigene Police, was die Mitgliedschaft in der PKV erheblich verteuern kann.
- Vermittlerprovisionen: Auch das müssen die Versicherer mit ihren Beiträgen finanzieren: Der Versicherungsvermittler bekommt für jeden Neukunden eine Provision, die zwischen sechs und zehn Monats-beiträgen beträgt.
Quelle: WirtschaftsWoche