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Daten-Modelle

Building Information Modelling bündelt die Planungsdaten. Die Anschaffung ist teuer, bringt aber neue Chancen.

01.01.20096 Min. Kommentar schreiben
Das Rendering zum Projekt Marina Ataköy/Istanbul.

Nils Hille
Alle Projektinformationen in einer Datei – vom „Building Information Modelling“ (BIM) versprechen sich Softwareexperten große Vorteile. BIM meint zunächst ein digitales Gebäudemodell, das mit den physikalischen Eigenschaften einzelner Bauteile verknüpft ist. Es umfasst aber noch viel mehr: den Prozess des integrierten Planens, Berechnens, Bauens und Bewirtschaftens eines Gebäudes aufgrund von Plänen und Modellen. „Das bedeutet eine andere Herangehensweise des Architekten an ein Projekt“, sagt Thomas Liebich. Er ist technischer Koordinator in der IAI, der Industrieallianz für Interoperabilität e.V., die sich für die Optimierung von Prozessen im Bauwesen einsetzt.

„Durch die Zusammenführung in einer Datei können zum Beispiel Zeiten und Kosten eines Projekts besser gesteuert werden“, erklärt Liebich. Sogar der zeitliche Ablauf auf der Baustelle könne simuliert werden, wenn die Bauteile Informationen zu Lieferterminen und Einbauzeiten enthalten. Jederzeit soll das Programm dem Architekten einen aktuellen Zeitplan erstellen können. So konsequent nutzt aber bisher kaum einer das Angebot. „Für kleine Architekturbüros sind die Anschaffungskosten der Programme erst einmal hoch, aber dann auch die Möglichkeiten“, meint Liebich.

Ausgezeichnet

Dass BIM für die Softwareindustrie ein wichtiges Thema ist, wird immer deutlicher. Autodesk Deutschland verlieh nun zum ersten Mal den BIM Experience Award an Architekten, die erfolgreich die neuen Möglichkeiten nutzen. Das Nürnberger Büro Loebermann und Partner hat den Preis für seinen Einsatz des Programms „Revit“ gewonnen.

Bei den Planungen zum Fünfsternehotel in Adana mit 245 Zimmern nutzten Loebermann und Partner die Möglichkeiten von BIM.

„BIM bedeutet für uns vor allem, dass mehrere Kollegen parallel in einem Modell ohne Probleme arbeiten können“, erklärt Mitarbeiter Bernd Schmidt. Seit zehn Jahren setzt das Büro 3-D-Planungen im Wohnungsbau ein. Zunächst nutzten die Architekten die mehrdimensionale Veranschaulichung vor allem, um den Kunden ihr zukünftiges Eigenheim besser präsentieren zu können. „Danach haben wir die Visualisierungen einfach weggeschmissen“, erinnert sich Schmidt. Mit der Weiterentwicklung der Software stiegen auch die Einsatzmöglichkeiten bei Projekten.

Immer mehr Daten finden bei den Nürnbergern nun den Weg ins Modell und können so ausgewertet werden. Zu Beginn pflegen sie aber weiterhin nicht alle Informationen ein, erklärt Partner Volker Bernsdorf: „Das würde zu viel Zeit kosten. Am Anfang brauchen wir schnell etwas Visuelles, um präsentieren zu können. Dabei ist ja noch gar nicht klar, ob der Auftrag zustande kommt.“

Auch wenn der Zuschlag zu ihren Gunsten erteilt wurde, empfiehlt sich eine gründliche Abwägung, wie konsequent BIM angewendet wird, sagt sogar Liebich: „Für ein individuelles Einfamilienhaus lohnt sich BIM sicher nicht. Bei größeren Aufträgen ist es sinnvoll, wenn man den Auftrag für viele Planungsphasen bekommen hat.“

Ausschließlich?

Teamarbeit über die interne Arbeit im Architekturbüro hinaus ist bei konsequenter Nutzung von BIM ein weiterer Aspekt. Alle, die mit einem Gebäude von der Planung bis zur Fertigstellung beschäftigt sind – oder gar bis zum Abriss – greifen auf das zentrale Modell zu (siehe Grafik). Jeder zieht sich seine benötigten Informationen heraus und kann diese für seine Arbeit individuell verwenden. Jegliche Veränderungen werden wiederum dort eingegeben. Dafür ist ein einheitlicher Dateistandard nötig. Dieses Ziel verfolgen die Softwarekonzerne intensiv. Sie wollen erreichen, dass auch Büros, die mit Programmen unterschiedlicher Hersteller arbeiten, die Daten lesen und weiterbearbeiten können. Doch viele Architekten und Fachplaner nutzen die Technik gar nicht, wie auch Loebermann und Partner erfahren mussten: „Sie planen nur in 2-D und besitzen nicht einmal ein entsprechendes Programm“, so Schmidt.

Die Verantwortlichen im Nürnberger Büro sind auch selbst bei der Anwendung vorsichtig, vor allem bei der Mengenberechnung. „Die ziehen wir nicht direkt aus dem Programm – nicht weil wir der Software misstrauen, sondern weil hier die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass ein Mitarbeiter bei der Planung etwas Falsches eingegeben hat“, erklärt Bernsdorf. So setzt sich ein Mitarbeiter ans AVA-Programm und gibt zur Sicherheit alles noch einmal ein. Die Softwarehersteller werben aber gerade hierbei für BIM. Wer dies konsequent betreibe, der bekomme bei Material- oder Planungsänderungen auch automatisch angepasste Mengen ausgegeben.

In Zukunft wollen Loebermann und Partner vor allem die Möglichkeit der Flächenberechnung verstärkt verwenden. Bei ihrem Großauftrag, einem Fünfseternehotel in der türkischen Stadt Adana, haben sie das schon erfolgreich getan: „Eine sehr hilfreiche Möglichkeit bei einem Gebäude mit 245 Zimmern“, sagt Bernsdorf. Dafür gab es dann auch den BIM-Award.

Bei BIM arbeiten alle in einem digitalen Modell, das jegliche Informationen zu dem Gebäude enthält.

Ausschließlich!

Einen viel rigideren Ansatz verfolgt das Berliner Büro Léon Wohlhage Wernik. Die mehr als 30 Mitarbeiter haben die Aufgabe, sämtliche Informationen in dem jeweiligen Modell zu hinterlegen. Zusätzliche Datenbanken, Listen und Tabellen außerhalb ihres Systems ArchiCAD von Graphisoft zu führen, ist ihnen nicht mehr erlaubt. Alles muss aus einer Datei auslesbar sein, so die Vorgabe von Siegfried Wernik: „Wenn wir eine Tür einplanen, setzen wir nicht einen Textblock daran, in den wir ‚T30‘ schreiben. Stattdessen wird die Information direkt in das Objekt als Attribut eingetragen, damit diese Information auch im Datenmodell als Teil des Türobjektes enthalten ist.“ Dadurch taucht die Tür mit ihren Eigenschaften zum Beispiel in Material- und Bestelllisten sowie in Kostenaufstellungen mit ihren Werten auf.

Durch die konsequente Umsetzung vom BIM im Büroalltag ändert sich nach Wernik auch Grundsätzliches für den Architekten. Er spricht nicht mehr vom „Zeichnen“, sondern vom „Bauen im Gebäudemodell“. Aufbau und Pflege dieses Modells kämen dabei als neue Aufgaben hinzu, erklärt Wernik.

„Dadurch entstehen neue Kompetenzen und neue Rollen im Architekturbüro. Auch im gesamten Projektteam ändert sich die Aufgabenverteilung. Das Unternehmen, das das Gebäudemodell für die anderen Disziplinen zur Verfügung stellt, hat einen deutlich höheren Aufwand, wogegen die anderen entlastet werden. Das hat zur Folge, dass auch Vergütungsmodelle neu entwickelt werden müssen.“ Die ­konsequente Umstellung auf diese Arbeitsweise hält er für unausweichlich: „Wir müssen dies tun, wenn wir bei Bauprozessen eine entscheidende Rolle spielen wollen. Entweder sind wir die zentrale Institution im Planungsprozess oder nur noch ein teilnehmender Designer.“ Liebich von der IAI unterstützt diese Meinung: „Für mich bedeutet BIM für Architekten die Chance, mehr Kompetenz und schließlich die Gesamtverantwortung an sich zu ziehen. Daher sollten Planer sich nicht direkt in eine Abwehrhaltung begeben.“

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