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Die Finanzmarktkrise und wir

01.12.20083 Min. Kommentar schreiben

Die Planungs- und Baubranche ist sehr stark konjunkturabhängig. Ohne wirtschaftspolitische Begleitung kann die Finanzmarktkrise für Planer undbauausführende Wirtschaft fatale Folgen haben. DieErklärung der Ursachen der Finanzmarktkrise ist weitestgehend unumstritten: Banken haben freizügig undohne entsprechende Risikoprüfung Kredite für einen überhitzten Immobilienmarkt – insbesondere in den USA – vergeben. Viele Investoren und Bauherren haben dieRisiken, die sie eingingen, nicht erkannt oder wollten sie nicht ernst nehmen.

Dabei trifft die Schuld auch den Staat. Die Notenbanken – insbesondere dieamerikanische – haben mit einer Politik des billigen Geldes die Krise mit ausgelöst. Niedrige Zinsen haben einen Investitions- und Konsumboom befeuert und die Aktienkurse steigen lassen. Der Staat und viele private Haushalte haben aufgrund der Illusion dauerhaft steigender Immobilienpreise und Aktienkurse, also der Illusion steigender Vermögen, über ihre Verhältnisse gelebt und über das Einkommen hinaus Konsumausgaben getätigt. Die Finanzmarktkrise hat also durchaus einen realwirtschaftlichen Hintergrund und ist nicht nur das Ergebnis einer aus dem Ruder gelaufenen Finanzwirtschaft.

Hinzu kamen Finanzmarktinnovationen, deren Wirkungen dieMarktteilnehmer selbst nicht richtig einschätzen konnten: dieinternationale Verbriefung und Strukturierung von Krediten und mit ihr dieVerschleierung der Risiken. Aus diesem Grund trifft das Platzen der amerikanischen Immobilienblase die gesamte Weltwirtschaft. Banken nehmen nun fast keine Risiken mehr an, der realen Weltwirtschaft fehlen Kredite für Investitionen und Konsumenten reduzieren ihre Ausgaben. DieReaktionen der Politik – Stabilisierung des Finanzmarktes durch Vergesellschaftung der Verluste und Stützung der Konjunktur – sind durchaus geeignet, die realwirtschaftlichen Folgen der Finanzmarktkriseabzumildern. Doch gegen die weltweite Überschuldung von Staaten undPrivathaushalten und einen weltweiten Vermögensverlust können sie nur begrenzt etwas ausrichten.

Die Planungs- und Bauwirtschaft ist doppelt betroffen: von einem Finanzsektor, der Immobilieninvestitionen nur noch eingeschränkt finanziert, und von einem Nachfragerückgang privater Haushalte. Das Programm der Bundesregierung „Beschäftigungssicherung durch Wachstums stärkung“ mit einem bunten Strauß an Finanzhilfen undSteueranreizen wird zwar die Konjunktur stützen, aber den Abschwung nicht voll kompensieren können. Die Bundesarchitektenkammer appelliert an die öffentliche Hand, Bauinvestitionen weiter zu forcieren oder möglichst vorzuziehen. Die Privatwirtschaft verschiebt derzeit Investitionsvorhaben. Hierzu muss eine Gegenentwicklung geschaffen werden.

Wie lange der Anpassungsprozess der Märkte dauern wird, kann kein Ökonom sicher vorhersagen. Doch eins ist leider gewiss: Die Planungs-und Bauwirtschaft wird im Zentrum der kommenden Rezession stehen.

Welche Anpassungsstrategien für Architekten und Stadtplaner gibt es? Zum einem gilt es, die staatlich geförderten Baubereiche, das heißt dieenergetische Gebäudesanierung, zu besetzen. Zum anderen müssen Tätigkeiten außerhalb der Neubauplanung gefunden werden, die von der ­Rezession besonders betroffen ist. In der Krise gilt noch mehr als zuvor: Mit einer klar durchdachten Bürostrategie müssen neue Märkte erschlossen, durch Kalkulation und Controlling muss die Büroeffizienz erhöht und durch Spezialisierung und Netzwerke muss das Leistungsprofil geschärft werden.

Dr. Thomas Welter, Referent für Wirtschaft und Gesellschaft der ­Bundesarchitektenkammer.

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