Nils Hille
„Wir wollten selber bauen!“ Das war der größte Wunsch der Berliner Architekten Nanni Grau und Frank Schönert, als sie vor vier Jahren ihr Büro Hütten und Paläste gründeten. Nur zu entwerfen, das konnten die beiden sich nicht vorstellen. Sie wollten „alles machen“, also eigene Projekte von Anfang bis Ende durchziehen. Viele andere junge Büros setzen auf die Teilnahme an Wettbewerben, Grau und Schönert fingen im wahrsten Sinne des Wortes einfach im Kleinen an – bei Hütten für Menschen, die vorher wohl kein Architekt als Zielgruppe gesehen hatte.
Die „fixe Idee“ von Nanni Grau, Architektengartenhäuser zu planen und zu bauen, führte zu ihrer spontanen Rundmail an Kleingärtner. Die zeigten sich weltoffener, als ihr Klischeebild mit Gartenzwergen und perfekt geschnittenen Rasenkanten hätte vermuten lassen. Der damalige Berliner Kleingartenpräsident lud sie und ihren Kollegen Schönert ein: erst zu einem Ideenaustausch, bei dem sie gemeinsam mit den Laubenpiepern einen ersten Prototyp entwickelten. Dann auf die „Grüne Woche“, um ihre Idee der Öffentlichkeit zu präsentieren. „Wir haben ein komplettes Gartenhaus auf der Messe aufgebaut und die Reaktionen der Leute gesammelt. Zu so einem
direkten Feedback hat man als Architekt sonst keine Möglichkeit“, sagt Frank Schönert. Von „grandios“ bis zum „größten Mist“ haben sich die beiden alle Reaktionen der Besucher anhören dürfen – und die ersten Aufträge eingesammelt. Die anfangs noch individuelle Gartenlaubenarchitektur führte bald zur Planung von drei festen Haustypen, die in verschiedenen Ausführungen bestellt werden können. Pro Jahr bekommen die beiden nun rund 30 Aufträge zum Laubenbau. Gegen Aufpreis planen sie auch weiterhin spezielle Wünsche mit ein.
Für den Nachwuchs
„Wir bauen eigentlich für unsere eigenen Bedürfnisse“, sagt Grau. Denn ihre Zielgruppe ist die neue Generation der Kleingärtner. Dazu gehören junge, eher urbane Familien mit Erwachsenen im Alter um die 40. „Die wohnen beispielsweise in Berlin-Mitte im Altbau und nutzen ein Stück Grün einer Siedlung für ihre Freizeitgestaltung“, erklärt Grau.
Die speziellen Anforderungen dieser Gruppe spiegeln sich in der Architektur der Lauben wider. Anstatt der sonst üblichen zwei oder drei beengten Räume soll hier Großzügigkeit erlebbar sein. Es gibt immer nur einen Raum, der „mehrfach programmierbar“ ist. Hier kann also gewohnt, gefeiert und geschlafen werden. Trotzdem halten sich die Architekten dabei an die maximal 24 Quadratmeter Grundfläche, ganz wie es das Bundeskleingartengesetz will.
Durch große Glastüren auf beiden Seiten der Laube sowie eine empfohlene sparsame, nutzorientierte Möblierung entfällt der muffige Eindruck eines vollgestellten Häuschens. Grau: „Die Leute sitzen eh die meiste Zeit draußen. Da brauchen sie keine zweite Wohnung, sondern nur unsere ‚Dächer mit was drunter‘, die aber eine hohe Qualität haben.“ Und die gut durchdacht sind. Im Typ CaLa, abgekürzt von Chamäleon-Laube, sind in einem schrankartigen Element alle Nutzfunktionen konzentriert. Hier finden eine Küchenzeile genauso wie zwei Abstellräume Platz. Eine der beiden Kammern kann auch als Bad oder WC genutzt werden. Und über dem Raum steht ein großer Stauboden zur Verfügung, der auch als Ruheplatz dienen kann.
Eine Holzständerkonstruktion gibt der Laube ihre Gestalt. Kleine steckbare Elemente sind nötig, da die meisten Grundstücke der Kleingartensiedlung nicht mit großen Fahrzeugen angefahren werden können. Das Dach ist immer aus Wellblech, die Fassade dagegen variabel buchbar von nur lackiert bis hin zu verputzt oder gar mit Schindeln aus Zedernholz versehen.
Wer möchte, kann sich sein Gartenhaus auch selbst zusammenschrauben. Die „Generation Ikea“, wie die beiden Architekten ihre Zielgruppe bezeichnen, verzichtet aber in den meisten Fällen gerne auf dieses Erlebnis. Das liegt sicher auch daran, dass von der Bestellung bis zum fertigen Haus nur rund acht Wochen vergehen. Der Zimmereibetrieb braucht anderthalb Wochen für die Produktion der Einzelteile, aufgebaut ist es in drei bis vier Tagen.
Architektur hat ihren Preis
Die Kosten für die Gartenlaube sind dagegen nicht so gering. Mit mindestens 15 000 Euro muss der Bauherr rechnen – keine Preiskonkurrenz zu den Angeboten der Baumärkte. „Klar schreckt das Leute ab. Wir können aber vom Betrag her nicht weiter runtergehen, da wir unseren Qualitätsstandard sicherstellen wollen“, so Schönert.
Außerdem müssen die beiden davon leben. „Das können wir, aber nicht gut“, geben sie offen zu. Trotzdem sehen sie positiv in die Zukunft von Hütten und Paläste. Passend zu ihrem Büronamen bekommen sie immer größere Aufträge, die über die Heckengrenze der Kleingartensiedlung längst hinausgehen. Aktuell planen sie Wochenend- und Golfhäuser, ein Hausboot sowie ein Einfamilienhaus. Sind sie also auf dem Weg zum Palast? „Die kleinen Häuser sind doch auch Paläste für die Bewohner“, gibt sich Grau gelassen.
Die ersten Schritte haben die beiden geschafft. Nun sind schon zwei Mitarbeiter im Büro beschäftigt. Die Begeisterung für ihre Arbeit schöpfen Grau und Schönert aus ihrem Kontakt mit den Kunden. „Unsere Arbeit ist nicht so abstrakt. Wir lernen die Leute kennen, die zum Beispiel in der Laube ihre Freizeit verbringen werden“, sagt Schönert. Respekt vor dem Bauherrn gehört für seine Kollegin und ihn immer dazu. So begegnen sie allen mit ihrer uneitlen, fröhlichen Art, wie sie es mit den alteingesessenen Kleingärtnern getan haben – und das auch, wenn die ihr Haus selber kurios-kreativ weitergestalten oder doch mit Möbeln vollstellen. Grau: „Das muss die Architektur aushalten. Wir halten das ja auch aus.“