Nils Hille
„Eine Millionen als Haftungssumme ist gar nichts“, warnt Jura-Professor Axel Wirth von der TU Darmstadt. Auch wenn dies auf den ersten Blick viel Geld ist, reicht der Standardbetrag der Haftpflichtversicherung bei größeren Sachschäden schnell nicht aus. Doch wer weiß schon, was er wann und wie zusätzlich versichern sollte? „Der Architekt muss neben seiner eigentlichen Tätigkeit auch wichtige Rechtskenntnisse aufweisen, zur eigenen Sicherheit. Nicht nur das öffentliche Baurecht bezüglich Baugenehmigungen, sondern auch das private Baurecht sollte er kennen“, so Wirth.
Dazu verpflichten zahlreiche Urteile. Der Bundesgerichtshof gab zum Beispiel 2003 einem Bauherrn Recht, der nach Wassereinbrüchen in seinen Keller wegen nicht vorhandenere Abdichtung des Mauerwerks geklagt hatte. Der Architekt hätte das vom Generalunternehmer (GU) erstellte Leistungsverzeichnis prüfen müssen, so die Richter. Der GU war mittlerweile insolvent, der Architekt musste zahlen. Seinen Verweis auf eine unzureichende Ausbildung in der Hochschule, da er dort in Bodengeologie und Bodenkunde nicht geprüft worden sei, ließen die Richter nicht gelten.
Ein Jahr später verurteilte das Oberlandesgericht Celle einen Architekten zur Zahlung zusätzlich anfallender Kosten, die durch Verzögerungen auf einer Baustelle entstanden waren. Er hätte im Rahmen seiner Koordinierungspflichten eine umfassende Terminplanung erbringen müssen.
Neben Planungsfehlern können gerade solche Überwachungsmängel den Architekten haften lassen. „Es sind oft Dinge, die man leicht vergessen kann, wie Nachfrage- oder Hinweispflichten“, sagt Wirth.
Gefühl fürs Thema
Kein Wunder, dass das Interesse nach Weiterbildungen zu dem Thema steigt. Mit ihrem Zertifikatskurs Baurecht bietet die TU Darmstadt eine kompakte Zusatzqualifikation, die nach Angabe der Hochschule immer stark nachgefragt ist. Hier treffen Interessierte und Betroffene aufeinander.
„Vor allem junge Architekten haben die Situation erkannt und wollen sich frühzeitig absichern. Ältere verweisen dagegen leider of darauf, dass ja bisher auch alles gut gegangen sei“, beobachtet Wirth und ergänzt: „Aber ein Jurist würde ja keine Brücke konstruieren, wenn er nichts von Statik versteht.“
Bei dem Kurs geht es nicht darum, dass Architekten die perfekten Juristen werden, sondern dass sie nach Abschluss wissen, in welchen Situationen sie aufpassen müssen. „Sie sollen Bauverträge nicht entwerfen, aber verstehen können“, so Wirth. Dafür haben sie drei Wochen Zeit, die je unter einem Oberthema stehen.
Im ersten Modul geht es um das Bauvertragsrecht, unter anderem mit Vergütungsfragen und Sicherheitenrecht. Außerdem werden hier Bauablaufstörungen wie vorzeitige Vertragsbeendigung, Abnahmeproblematik und Mangelrecht besprochen.
Das zweite Modul hat das Architekten- und Ingenieurrecht als Schwerpunkt, worunter zum Beispiel das Berufs-, Urheber-, Haftungs- und Vergütungsrecht fallen. Zusätzlich werden in dieser Woche das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen, das Insolvenzrecht am Bau und die oben genannte Gestaltung von Bauverträgen wie Architektenverträgen erläutert. „Außerdem geben wir Hinweise zu grenzüberschreitenden Verträge, die durch immer häufigere internationale Aufträge für deutsche Architekten ein großes Thema sind“, sagt Wirth. Das dritte Modul ist in Vergaberecht, öffentliches Recht und Streitschlichtungsmodelle aufgeteilt.
Flexibel aufgebaut
Alle Bausteine werden von Wirth und juristischen Fachleuten aus der baurechtlichen Praxis erläutert. Gelernt wird, neben der bei diesen Themen unumgängliche Theorie, meist über konkrete Fälle, die besprochen werden. Auch in der Klausur am Ende jedes Wochenmoduls muss ein juristischer Streit analysiert werden. „Da brauchen wir keine perfekte juristische Lösung. Die Architekten sollen nur das Fettnäpfchen erkennen“, beruhigt Wirth. Durch diese in sich abgeschlossene Form können bei Bedarf auch nur einzelne Module gebucht werden. Wer alle absolviert, der bekommt das Zertifikat. „Viele wählen zunächst einzelne Kurse und machen später die anderen noch nach“, so Wirths Erfahrung.
Unter den maximal 25 Teilnehmern sitzen auch Betriebs- und Volkswirte in den Kursen. Durch die „enorme Nachfrage“ plant die TU Darmstadt nun einen eigenen Master Bau- und Wirtschaftsrecht. Doch niemand müsse von dann an zwei Jahre Recht lang lernen, versichert Wirth: „Das ist eher für Mitarbeiter von Behörden und großen Konzernen interessant. Die Architekten können die drei Module auch weiter einzeln besuchen.“
Zertifikatskurs Baurecht
Abschluss: Zertifikat
Ort: TU Darmstadt
Dauer: 3 x 1 Woche, auch einzeln buchbar
Kosten: 990 Euro pro Modul
Internet: www.tu-darmstadt.de/weiterbildung
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